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18 - Orangen und Datteln

18 - Orangen und Datteln

Titel: 18 - Orangen und Datteln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Frage?“
    „Hast du nie gehört, wie schlimm die Leute von uns sprechen?“
    „Ich habe es oft gehört, aber ich vertraue mich dir dennoch an. Ich habe unter den Dschesidi mehr gute Menschen gefunden, als unter den Kindern Mohammeds, und viele ihrer Scheichs und Kawals sind meine Freunde geworden.“
    Er blickte überrascht auf.
    „Chodih (Herr, Gebieter), du kennst die Obersten und Prediger der Dschesidi?“
    „Ja. Ich war zum großen Fest in Baadri und Gast des Scheich Adi.“
    „Verzeihe, Herr; zum großen Fest wird kein Mohammedaner zugelassen.“
    „Ich bin kein Mohammedaner, sondern ein Christ. Aber dieser mein Diener Hadschi Halef ist ein Merd el Islam und wurde dennoch zugelassen.“
    Ich sah die ungläubige Miene des Dschesiden und zog meinen Melek Ta-us (wörtlich: König Pfauhahn) hervor, den ich unter dem Gewand an einer Schnur um den Hals hängen hatte. Kaum erblickte er die kleine Figur, so rief er unter den Zeichen des größten Erstaunens:
    „Der Melek Ta-us, den nur die besten Vertrauten des Mir Scheich Chan erhalten! Herr, wenn du wirklich ein Christ und kein Dscheside bist, so ist dein Name Kara Ben Nemsi!“
    „So hat man mich in diesem Land genannt.“
    „Du bist also der Fremdling, der mit den unserigen gegen die Soldaten des Mutessarif von Mossul gekämpft hat?“
    „Ja. Beim Abschied gab mir der Mir Scheich Chan diesen Melek Ta-us als Erkennungszeichen, wenn ich der Dienste eines Dschesiden bedarf.“
    „Chodih, ein jeder Dscheside wird bereit sein, sein Leben für dich zu lassen, wenn er dieses kostbare Zeichen erblickt. Befiehl, was ich für dich tun soll; ich tue alles!“
    „Ich wünschte von dir nur, daß du mich sicher zu den Zibar-Kurden bringst.“
    „Dies wird geschehen, Herr. Hier ist der Fluß, und dort liegt ein Kellek (Floß aus aufgeblasenen Ziegenhäuten) am Ufer, welches uns über das Wasser tragen wird.“
    „Wem gehört das Floß?“
    „Der Nezanum (Dorfälteste) hat es gebaut, doch jeder Bewohner kann es benutzen.“
    „Kein anderer?“
    „Keiner.“
    „So sind es also Dorfbewohner gewesen, welche bereits vor uns hier übergefahren sind.“
    „Heute?“
    „Ja. Sieh hier die frischen Spuren von zwei Pferden. Hier rechts hat das Kellek gelegen, und da sind die Reiter abgestiegen. Die feuchten Halme haben sich fast wieder aufgerichtet; sie wurden vor vielleicht einer Stunde niedergetreten. Was haben die zwei da drüben zu schaffen? Der Fluß bildet hier die Grenze; sie können also nur zu den Zibar-Kurden sein. Warum sind sie da nicht mit uns geritten?“
    „Herr, es werden Männer eines anderen Dorfes sein, oder Angehörige eines anderen Stammes, welche das Floß nur zufällig fanden und benutzten.“
    „Nein; es sind zwei Männer eures Dorfes. Mein Diener hat sie gesehen, als sie fortritten.“
    Er blickte nachdenklich vor sich hin und legte dabei unwillkürlich die Hand an den Griff des Messers, welches seine einzige Waffe bildete.
    „Her“, meinte er dann mit einem sehr aufrichtigen Aufschlag seiner Augen, „ich weiß nichts davon. Vertraust du mir wirklich?“
    „Ja, vollständig.“
    „Es ist möglich, daß du dich in Gefahr befindest, denn der Scheich liebt die Untreue mehr als die Treue. Ihr tragt bei Euch kostbare Waffen und auch andere Dinge, welche hier nie zu sehen und zu kaufen sind. So lange ihr seine Gäste waret, durfte er euch nichts nehmen; jetzt aber kann er tun, was ihm beliebt.“
    „Und was wird dies sein?“
    „Er wird den Scheich der Zibar benachrichtigt haben, euch die Gastfreundschaft zu versagen, und beide werden sich in das teilen, was ihr bei euch führt.“
    „In diesem Fall ist dein Scheich nicht in das Dorf zurückgekehrt, sondern er wird uns heimlich folgen.“
    „Ich glaube es. Was wirst du tun?“
    „Ich werde mich überzeugen, ob wir richtig vermuten, und, wenn dies der Fall ist, dich zurücksenden.“
    „Chodih, das wirst du nicht tun!“
    „Ich werde es dennoch tun. Der Scheich ist dein Herr; du darfst nichts unternehmen, was gegen seinen Willen ist.“
    „Er soll mein Herr nicht länger sein. Ich hasse diese Kurden. Ich wollte sie schon längst verlassen und nach dem Westen gehen, aber sie hätten mich nicht fortgelassen.“
    „Und die deinen?“
    „Herr, ich habe weder Vater und Mutter, noch Weib und Kind; ich besitze nichts außer dem, was du hier bei mir siehst; das Pferd gehört dem Scheich. Ich will nach Baadri zum Mir Scheich Chan. Nimm mich mit dir, Chodih, und ich werde es dir danken, so lange

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