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18 - Orangen und Datteln

18 - Orangen und Datteln

Titel: 18 - Orangen und Datteln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Schirwani bereits das jenseitige Ufer des Flusses erreicht hatten.
    „Sind die beiden Boten deines Scheich bei den Zibari?“ fragte ich den Teufelsanbeter.
    „Nein, Herr. Sie haben sich wohl zurückgehalten, um sich nicht zu verraten.“
    Jetzt hatten wir uns dem Halbkreis bis auf zwölf Pferdelängen genähert, und ich hielt an.
    „Sabah 'l kher – guten Morgen!“ grüßte ich den Anführer.
    „Chodeh t'avezschkeht – Gott bewahre dich!“ antwortete er sehr zweideutig. „Wer bist du?“
    „Wer ich bin, hast du bereits von den zwei Männern gehört, welche dir Scheich Melef gesandt hat; wer aber bist du?“
    Er schien ein wenig verlegen zu werden, faßte sich aber schnell und antwortete:
    „Wer hat hier das Recht, zu sagen ‚tu ki-e – wer bist du?‘ – du oder ich?“
    „Nur ich allein, denn du kennst wohl mich, nicht aber ich dich!“
    Ich sprach diese Worte mit fester Stimme und spielte dabei mit meinem Henrystutzen. Ich hatte den Schirwan-Kurden bewiesen, daß dieses Repetiergewehr eine sehr gefährliche Waffe sei, und war überzeugt, daß die Boten des Scheich die Zibar ganz besonders auf unsere Schießgewehre aufmerksam gemacht und sie vor denselben gewarnt hatten. Das kleine Experiment machte wirklich den gewünschten Eindruck, denn der Mann antwortete:
    „Ich bin der Malko-e gund (Anführer) des Lagers, welches dort hinter den Bergen liegt und werde Scheri Schir (Held, Löwe) genannt.“
    „So hast du einen schönen, herrlichen Namen, denn ein Held ist gastfrei und der Löwe stark und ohne Falsch. Scheich Melef wird dich benachrichtigt haben, daß ich als Gast in dein Jilack (Sommerwohnung) einzutreten wünsche. Ich werde dir alles bezahlen, was ich brauche, und morgen in Frieden weiterreiten.“
    „Du irrst. Scheich Melef läßt mir sagen, daß du ein Giaur bist, der die Wohnung eines wahren Gläubigen verunreinigt. Du wirst unser Lager sehen, aber nur als Gefangener.“
    „So erlaube mir, vorher mit dem Scheich zu sprechen!“
    Ich sah nämlich, daß die Schirwan-Kurden in das Wasser gegangen waren, und beschloß, diesen Umstand schleunig zu benutzen, um den Zibari zu zeigen, wie gefährlich unsere Waffen seien. Im Nu hatte ich mein Pferd herumgeworfen und jagte nach dem Fluß zurück. Halef folgte mir, hinter ihm der Dscheside und dann die Zibari. Scheich Melef war der vorderste im Wasser.
    „Zurück, Gamssi (Verräter)“, rief ich ihm zu, „sonst wirst du Wasser schlucken.“
    Er hörte nicht auf diese Worte. Ich legte den Stutzen an. Menschenblut wollte ich nicht vergießen, aber meine erste Kugel traf sein Pferd in oder neben das Auge. Es verschwand und er mit ihm. Zwei-, drei-, sechsmal schoß ich, und zwar mit demselben Erfolg. Die sattellosen Reiter schwammen erschrocken nach dem gegenüberliegenden Ufer zurück und die anderen besannen sich nicht lange, ihnen zu folgen. Das war in Zeit von kaum einer Minute geschehen, während welcher auch Halef sein Doppelgewehr aufgenommen hatte, um mir den Rücken gegen die Zibari zu decken. Diese hielten sich jedoch in vorsichtiger Entfernung. Ich wandte mich jetzt wieder zu ihnen und an ihren Anführer:
    „Sechs Pferde, ohne zu laden. Hast du es gesehen? Ich könnte alle erschießen, wenn ich gewollt hätte, die Pferde und auch die Männer. Ich brauche nur mein Tüfenk (Flinte) zu erheben, um jeden von euch von seinem Hasp (Pferd) zu werfen. Merkt euch das! Eure Waffen fürchten wir nicht, denn wer uns zuerst bedroht, der stirbt auch zuerst. Aber ich bin nicht als Duschmehn (Feind) zu euch gekommen, und darum habt ihr nichts von uns zu befürchten. Ich wollte von eurem Brot essen und von eurem Wasser trinken; da ihr aber den Hungernden und Dürstenden dieses Merhameht (Barmherzigkeit), welches der Prophet allen Gläubigen geboten hat, verweigert, so sollen die Hufe unserer Pferde sich von euch wenden. Allah bessere euch und eure Kinder!“
    Ich war bedacht gewesen, während dieser Worte meinen Stutzen wieder vollschüssig zu machen, ein Vorgang, dessen Bedeutung sie gar nicht kannten. Jetzt drehte ich mein Pferd nach rechts herum; schnell aber verlegten sie mir den Weg, und der Anführer meinte:
    „Chodih, du bist ein großer Held; du wirst mit uns kommen!“
    „Nein. Ein Gefangener der Zibari werde ich nicht sein.“
    „Wir werden euch nicht fortlassen!“
    „Glaubst du, daß wir uns vor Kehleschan (Räubern) fürchten? Unsere Pferde werden uns über euch hinwegtragen. Sieh meinen Hengst an, und du wirst es glauben!“
    Ich

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