Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
18 - Orangen und Datteln

18 - Orangen und Datteln

Titel: 18 - Orangen und Datteln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
hatte die bewundernden Blicke bemerkt, welche er kaum von dem Tier wenden konnte. Es war eigentlich gefährlich, diese notorischen Pferdediebe noch extra auf dasselbe aufmerksam zu machen.
    „Hast du den Rappen selbst gezogen?“ fragt er.
    „Nein. Es ist ein Geschenk.“
    „Herr, ein solches Pferd verschenkt kein Mensch!“
    „Glaube, was dir beliebt!“
    „Von wem hast du es?“
    „Von Mohammed Emin, dem Scheich der Haddedihn, vom Stamm der Schammar.“
    Er fuhr im Sattel empor.
    „Heißt der Hengst Rih (arabisch: Wind)?“ fragte er.
    „Ja.“
    „Herr, so bist du der Fremdling, der die Wüstenschlacht im Tal Deradsch mitgemacht hat und dafür das beste Pferd jenseits des Flusses zum Geschenk erhielt?“
    „Ja.“
    „Und dieser Mann ist der Chismikar (Diener), den du bei dir hattest?“
    „Er ist es.“
    „So erlaube, daß ich mit meinen Leuten spreche!“
    „Tu es!“
    Jetzt begann eine ebenso leise wie eifrige Unterredung zwischen den Kurden. Ich konnte keine Silbe verstehen, beobachtete aber die Mienen scharf. Der Anführer schien seine unfreundliche Gesinnung gegen uns geändert zu haben; er sprach seinen Männern eifrig zu und mochte sie endlich zu seiner Ansicht bekehrt haben, denn er wandte sich an mich:
    „Chodih, wir haben viel davon gehört, daß die Haddedihn drei Stämme ihrer Feinde in das Tal Deradsch gelockt und darin gefangengenommen haben. Niemand wollte es glauben; du aber sollst zu uns kommen und es uns erzählen.“
    „Dürfen wir als eure Freunde mit euch gehen?“
    „Als unsere Freunde. Ser sere men at – ihr seid mir willkommen!“
    „Und diese Schirwan-Kurden da drüben, die mich verraten wollten?“
    „Wir haben keine Gemeinschaft mit ihnen.“
    „Wo sind ihre beiden Boten?“
    „Sie sind weiter unten über den Tschai (Fluß) zurückgegangen.“
    „Sie haben nicht klug gehandelt. Hätten sie sich des Floßes wieder bedient, so wäre es uns unbekannt geblieben, daß sie zu euch gegangen waren. Reicht uns zum Zeichen der Freundschaft eure Hände, dann wollen wir mit euch reiten.“
    Die Hände wurden im Kreis herumgereicht; den Dschesiden aber übersah man dabei.
    „Herr“, meinte der Anführer, „dieser Mann kehrt doch wieder zu den Schirwani zurück?“
    „Er ist mir zur Begleitung gegeben und wird bei mir bleiben, so lange es ihm gefällt.“
    „Aber er ist kein Gläubiger. Er betet den Scheïtan an und wird in der Hölle braten!“
    „Be Chodera dschen'et u dschehen eine tschebuhn – Paradies und Hölle sind durch Gott geworden; er allein kann bestimmen, wer in die Seligkeit oder in die Verdammnis geht. Dieser Mann ist jetzt mein Gefährte, und bin ich euer Freund, so ist auch er es. Reicht ihm die Hände, wenn ihr nicht wollt, daß ich von euch bleibe!“
    Ich verlangte viel, sehr viel von ihnen; ich tat es, um dem braven Dschesiden zu beweisen, daß ich ihm freundlich gesinnt sei, und sie gehorchten meiner Forderung, wenn auch mit finsteren Mienen. Dann setzten wir uns in Bewegung. Der Anführer ritt an meiner Seite voran, dann folgten Hadschi Halef Omar mit dem Dschesiden, und hierauf kamen die Kurden, die einen ordnungslosen Schwarm bildeten. Natürlich hatte ich während des ganzen Rittes die Hand am Revolver, und auch Halef hielt sein Pferd in stets schrägem Gang, um ein wachsames Auge rückwärts auf den Zibari haben zu können.
    Einen gebahnten Weg gab es natürlich nicht. Wir ritten über Steingeröll dem westlichen Höhenkamm zu. Auf demselben angekommen, hielt ich mein Pferd unwillkürlich an, um die mir hier gebotene Rundschau zu genießen. Im Osten und Südosten erhoben sich die Berge von Sidaka und Sar Hasan, zwischen denen Rowandiz liegt, im Süden das Ghara Surgh. Im Norden ragten die Höhen von Baz und Tkhoma, im Westen das Tura Ghara und der Dschebel Hair empor. Dort lag auch Akra, nach dem ich wollte. War vor mir wohl einem europäischen Auge dieser Rundblick ermöglicht gewesen? Ich glaube es nicht, sollte mich aber sehr bald von dem Gegenteil überzeugen.
    Wir ritten über eine kleine Hochebene hin und lenkten dann talabwärts ein. Bisher hatten wir nur niedriges Gesträuch getroffen, bald aber wuchsen die einzelnen Büsche zu hohen Baumscharen empor. Da gab es wilde Hezschir-, Eruk- und Jadschazbäume (Feigen-, Pflaumen- und Pomeranzenbäume), Guiz-, Tschinar- und Tu-Bäume (Nuß-, Ahorn- und Maulbeerbäume), um die sich fruchtbare Tri- oder Kundureben (Wein- und Melonenreben) rankten, Dari zeitun-, Dari beru- und Dari benk-Bäume

Weitere Kostenlose Bücher