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18 - Orangen und Datteln

18 - Orangen und Datteln

Titel: 18 - Orangen und Datteln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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habe diese Stimme gehört.“
    „Kennst du sie?“
    „Du bist ein Freund des Bei und kennst sie nicht? Sage deiner Seele, daß sie das Surat yesin bete; es ist das Quelb el Koran, das Herz des heiligen Buches, und errettet den Gläubigen vom Tod.“
    „Wer will ihm den Tod bringen?“
    „Kennst du nicht Behluwan-Bei, den Würger der Gum? Sein Gewehr ist es, welches gesprochen hat.“
    „Wie soll ich ihn kennen, da ich aus weiter Ferne komme!“
    „So bitte Allah, daß er dich vor ihm behüte, sonst wird deine Seele ein Raub des Todes und dein Leib eine Speise der Tiere. El Thibb, der Wüstenwolf, wird dein Blut trinken, und el Büdj, der Bartgeier, deine Augen fressen; el Tabäa, die Hyäne, wird dein Fleisch kosten, und Abu Ssuf, der Fuchs, dein Herz verschlingen. Der Behluwan-Bei ist der Vater des Verderbens, und in seinen Spuren wandelt der Tod.“
    „Ich fürchte ihn nicht. Wenn der Tod in seinen Spuren wandelt, so wird er ihn ereilen.“
    „Der Behluwan-Bei stirbt nicht; sein Leib ist nicht von Fleisch gemacht, und keine Kugel, keine Lanze kann ihn töten. Er steht bei dir, und du siehst ihn nicht; er reitet an deiner Seite, und du hörst ihn nicht; er kommt zu dir, wenn du nicht an ihn denkst, und er ist verschwunden, ehe du daran denkst, ihn zu haben. Er ist kein Mensch; er ist der Oberste der Djinns, dem kein Sterblicher widerstehen kann, und seine Büchse hat der Scheïtan gefertigt, der in der Hölle wohnt. Sie sendet ihre Kugel über die ganze Sahara hinweg, und sie trifft dich, selbst wenn du dich in das Innere der Erde verbirgst. Hat dir die Wüste noch keinen Toten gezeigt, die Wunde grad über die Nase mitten in der Stirn?“
    „Ich sah mehrere.“
    „Sie sind von seiner Hand gefallen. Er ist allwissend; er kennt alle Männer der Gum und tötet nie einen andern.“
    Hätte er gewußt, daß sich diese Allwissenheit auf das verhängnisvolle Zeichen A.L. stützte, so wäre seine abenteuerliche Meinung über den braven Emery bald eine andere geworden.
    „Was hat ihm die Gum getan?“
    „Ich weiß es nicht, und niemand vermag es dir zu sagen. Frage ihn selbst.“
    „Das werde ich tun, sobald ich ihn treffe.“
    „Verbiete deiner Zunge diese Worte! Weißt du nicht, daß die Geister kommen, wenn man sie ruft? Horch! Er naht. Hast du ihn gehört?“
    Ein zweiter Schuß war gefallen, und zwar in größerer Nähe. Jetzt war es mir gewiß, daß Emery Bothwell der Schütze sei. Ein geübtes Ohr vermag recht gut den Knall eines Gewehres von dem eines andern zu unterscheiden, und ich hatte den Ton dieser untrüglichen Kentuckybüchse zu oft gehört, um ihn nicht sofort zu erkennen. Es war klar, daß der ‚Englishman‘ in seiner gewöhnlichen kalten Verwegenheit die Gum umschlich, um ein Ziel für seine Kugel zu finden, und die zwei, welche er getroffen hatte, gehörten jedenfalls zu den Posten, welche von dem Hedjahn-Bei ausgestellt worden waren. Behielt er die Richtung, welche er eingeschlagen zu haben schien, bei, so mußte er auch den Ort berühren, an welchem wir uns befanden, und in diesem Fall hatte ich mich ebenso vor ihm in acht zu nehmen wie der Araber, für dessen Gefährten er mich halten mußte.
    Da nahten Schritte. Zwei weiße Burnusse tauchten zwischen den Dünen auf; der Posten kehrte mit noch einem Araber zurück, der sofort auf mich zutrat und mich betrachtete, so gut es die Dunkelheit gestattete.
    „Sallam leilet, die Nacht sei dir glücklich“, grüßte er. „Du begehrst den Hedjahn-Bei?“
    „Ja. Bist du es?“
    „Nein. Der Bei wird die Gum nicht verlassen, bis der Würger fort ist, der sie umschleicht. Welche Botschaft hast du an ihn?“
    Der Anführer der Räuber fürchtete also den Behluwan-Bei und blieb unter dem Vorwand, die Seinen zu beschützen, in ihrem Schutz zurück. Es wäre mir erwünscht gewesen, mit ihm schon jetzt zusammenzutreffen; da ich aber nun Emery in der Nähe wußte, so zog ich es vor, mich zunächst mit diesem zu vereinen.
    „Ich habe nur mit ihm und nicht mit dir zu sprechen. Warum versteckt er sich? Hat ihm die Angst vor dem Würger die Füße gelähmt?“
    „Fessele deine Zunge! Der Hedjahn-Bei kennt weder Angst noch Furcht; er gebietet über alle Schilugh und Amazigh (freie Männer) der Wüste, und ich bin der Mudir (Oberst) dieser Gum. Zeige mir die Anaïa!“
    „Hier ist sie!“ antwortete ich, zurücktretend und die Büchse auf ihn anschlagend. „Bist du der Mudir dieser Gum, so gehe ihr voran in die Dschehennah!“
    Ich wollte abdrücken,

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