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18 - Orangen und Datteln

18 - Orangen und Datteln

Titel: 18 - Orangen und Datteln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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du, was ein Hadschi, ein Mekkapilger, ist? Ich war zweimal in Mekka, der Stadt des Propheten, einmal in Medina, der ruhmbedeckten, und habe zur Dschidda gebetet, wo Eva, die Mutter der Menschheit, begraben liegt, fünfhundert Fuß lang und zwölf Fuß breit. Was aber hast du getan, und an welchem gottgefälligen Ort bist du gewesen? Du bist ein Franke, der Schweinefleisch ißt und in das Land der Gläubigen muß, wenn er das Land seines Propheten sehen will. Du hättest klüger getan, wenn du in Kah-el-brunn geblieben wärest; drum klappe deinen Mund zu, und schweig still.“
    „Maschallah, tausend Schwerebrett, is dos aan Ärger für den Kerl, daß er nit auch Rauchfleisch und Schwartenwurst essen darf wie ich! Dafür aber trinkt er Ma-el-Zat, zu deutsch Kröten- und Eidechsensaft, und tut dick wie aan Hippopotamus. In Mekka und Medina war ich nit, dos is wahr, aber wenn du deshalb etwa denkst, daß du besser bist als aan Christ aus Kaltenbrunn, so lange ich dir aane ins Gesicht, daß es noch dreimal länger und breiter wird als deine fünfhundertige Menschenmutter in Dschidda!“
    Der tapfere Kubaschi zog es jetzt vor, zu schweigen.
    Ein kurzer Meinungsaustausch zwischen Emery und mir brachte uns zu dem Entschluß, die Räuber zwischen zwei Feuer zu nehmen. Wir trennten uns daher. Die Anwesenheit des Behluwan-Bei mußte die Männer der Kaffilah ermutigen; aus diesem Grunde blieb er bei ihnen, während ich mit seinen Begleitern, dem Tebu und dem Staffelsteiner, also mit mir fünf Mann stark, mich hinaus zwischen die Dünen zog, um dort die Gum zu erwarten und im Rücken anzugreifen.
    Unsere Schüsse mußten den Hedjahn-Bei außerordentlich eingeschüchtert haben, denn es dauerte sehr lange, bis wir das erste Geräusch der anrückenden Räuber vernahmen.
    Zwei von ihnen schlichen sich rekognoszierend voraus; die andern folgten in einiger Entfernung. Sie huschten an uns vorüber, ohne uns zu bemerken, obwohl wir uns nun hart hinter ihnen hielten. Die beiden Vorausgehenden umschritten das Lager der Kaffilah. Es herrschte dort eine solche Ruhe und Bewegungslosigkeit, daß alles im tiefsten Schlaf zu liegen schien. Die Räuber traten zusammen, um die Befehle des Anführers zu vernehmen. Jetzt war es jedenfalls die beste Zeit, loszubrechen. Ihre zusammengedrängte Masse bot selbst einen schlechten Schützen ein sicheres Ziel, und wenn wir sie einmal in das Lager kommen ließen, so war der Sieg, an dem ich allerdings auch dann nicht zweifelte, für uns mit größeren Opfern verbunden. Emery mußte ganz dieselbe Ansicht hegen, denn kaum hatte ich den Gedanken ausgedacht, so erklang zwischen den Zelten seine befehlende Stimme:
    „Rrree! Halt, Mörder! Die Rache und der Behluwan-Bei sind über euch. Gebt Feuer, ihr Männer!“
    Im nächsten Augenblick krachte von hüben und drüben eine Salve mitten unter die Räuber hinein; drei Doppelbüchsen versandten ihre zweite Kugel, und dann riß ich den Henrystutzen empor. Ich konnte nur zweimal abdrücken, denn dann war der Platz gesäubert. Emery, der Staffelsteiner und der Tebu hatten sich auf die überraschten Angreifer gestürzt, aber keine Arbeit gefunden; sobald nämlich der erste Schreck vorüber war und der Hedjahn-Bei die Anzahl derer bemerkte, welche tot oder verwundet am Boden lagen, ertönte sein Ruf:
    „Allah inhal, Gott verderbe sie! Flieht, flieht von dannen!“
    Der Räuber der Wüste überfällt den Wanderer nur der Beute wegen; steht diese in keinem Verhältnis zu der Gefahr, welche ihm dabei droht, so gibt er sein Vorhaben wieder auf. Es entgeht ihm jener Mut, welcher aus sich selbst heraus und nicht um des Gewinnes willen handelt. Bei der außerordentlichen Angst, welche man allgemein vor der Gum empfand, war diese noch nie auf einen nennenswerten Widerstand gestoßen; jetzt aber war eine einzige Minute genügend gewesen, sie in die Flucht zu schlagen. Die gefürchteten Männer des Hedjahn-Bei verschwanden zwischen den Dünen, ohne einem einzigen von unsern Leuten auch nur ein Haar gekrümmt zu haben.
    Wir ließen sie fliehen, ohne an ihre Verfolgung zu denken, da wir ja sicher waren, sie wieder zu treffen.
    Die Männer der Kaffilah erhoben ein wahrhaft betäubendes Triumphgeschrei, während der Tebu sich im lautlosen Grimm auf die Verwundeten warf, um sie seiner Rache zu opfern.
    „Maschallah, tausend Schwerebrett, war dos aan Gefecht!“ zankte der Staffelsteiner. „Was woll'n die sein? Räuber woll'n sie sein? Ja, prosit die Mahlzeit! Taugenichtse sind's,

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