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18 - Orangen und Datteln

18 - Orangen und Datteln

Titel: 18 - Orangen und Datteln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Unfruchtbarkeit des Bodens von neuem aufzunehmen hat.
    „Darf ich auch mal durch das Perspektiv schauen, Herr?“ fragte der Staffelsteiner.
    Ich gab ihm das Rohr.
    „Sihdi, gib auch mir dieses Ding“, bat Hassan. „Ich will auch einmal sehen, was darinnen ist!“
    Ich erfüllte lächelnd auch diesen Wunsch und hielt es ihm in der rechten Richtung vor das Auge.
    „Allah akbar, Gott ist groß, Sihdi; du aber bist der größte unter den Weisen der Erde, denn in deinem Rohr steckt ein Ksur (Festung), welches so groß ist, daß tausend Menschen darin stehen können!“
    Das Fernrohr ging von Hand zu Hand; ein Ausruf des Staunens folgte dem andern, und es war augenscheinlich, daß unser Kredit bei den Arabern in fortwährendem Steigen begriffen war.
    „Man wird uns auf El Kasr kommen sehen“, bemerkte Emery.
    „Jetzt erkennt man uns noch nicht. Wir müssen unsere Richtung ändern.“
    „Wie? Der Aufgang muß von dieser Seite sein.“
    „Der Khabir sprach von einer unterirdischen Treppe, die nach dem ‚Schott‘ führt. Nun aber sehe ich von hier aus weder einen Schott, noch ein sonstiges Wasser, folglich muß sich dasselbe an der andern Seite des Berges befinden.“
    „Richtig. Wir umreiten die Höhe!“
    Wir wandten uns rechts. Es war nicht mehr lange Tag, und wir mußten vor Anbruch der Nacht zu einem Resultat kommen. Daher strengten wir unsere Tiere so viel wie möglich an. Mit verdoppelter Schnelligkeit trugen sie uns rings an der äußern Seite der Höhe dahin, die nach hier vielfach zerklüftet und zerspalten war. Als wir ihre Mitte erreichten, bemerkten wir eine Schlucht, welcher wir jedenfalls zu folgen hatten. Wir bogen in dieselbe ein und gelangten nun in einen Felsenkessel, welcher mitten in den Bergen lag. Den größten Teil seiner Sohle nahm ein salziges Wasser ein, welches seine Ufer vollständig füllte, da die Sonne hier nur wenig Zutritt hatte und ein so schnelles Verdunsten wie auf offener Sahara also nicht stattfinden konnte. Die den Kessel bildenden Felsen stiegen rundum fast senkrecht zum Himmel empor, und auf ihnen, grad uns gegenüber, sahen wir El Kasr liegen.
    „Schwieriges Terrain!“ brummte Emery.
    „Wir können nicht hinüber, ohne von dort bemerkt zu werden.“
    „Höchstens einer oder zwei, die das Anschleichen verstehen.“
    „Bis zur Nacht können wir unmöglich hier warten. Ich werde es versuchen.“
    „Well – ich auch!“
    Wir stiegen vom Dromedar und geboten den andern, sich in die Schlucht zurückzuziehen, damit sie von El Kasr aus nicht bemerkt werden konnten. Korndörfer vermutete eine Gefahr für mich und wollte mich unbedingt begleiten; ich hatte Mühe, ihn zum Bleiben zu bewegen. Der brave, folgsame Hassan blieb ohne Weigern zurück; es fiel ihm gar nicht ein, mir seine Begleitung anzubieten, obgleich er mir versichert hatte, daß er mich für den größten Weisen der Erde halte.
    Die Felsenmauern des Kessels waren mit hinreichenden Vorsprüngen und Einschnitten versehen, um uns bei der nötigen Vorsicht eine Deckung zu gewähren. Wir bewegten uns, bald langsam schleichend, bald wieder in schnellen Sprüngen vorwärts und gelangten ungesehen in einen schmalen, tiefen Spalt, welcher grad unterhalb vom Kasr in den Felsen geschnitten war. Von diesem aus mußte die verborgene Treppe in die Höhe führen; eine andere Möglichkeit gab es nicht.
    Wir drangen in den Spalt ein und fanden unsere Vermutung bestätigt; denn noch waren wir ihm nicht weit gefolgt, so bemerkten wir eine niedrige, türähnliche Öffnung im Felsen, in welche eine Stufenreihe mündete, die nach aufwärts führte.
    „Hinauf!“ gebot Emery.
    „Noch nicht!“ widersprach ich ihm. „Wir müssen erst wissen, wohin der Spalt weiter führt.“
    „Well – also weiter!“
    Es ging wieder vorwärts, doch führte der Einschnitt nicht mehr sehr weit in den Felsen hinein. Da aber, wo er endete, bot sich uns ein unerwarteter Anblick dar. Mehrere Fuß hoch aufeinandergeschichtet lag hier nämlich ein Haufen menschlicher Schädel und Knochen, welche deutliche Spuren davon zeigten, daß sie von Tieren, entweder Hyänen oder Schakals, oder Aasgeiern, abgenagt worden waren. Zerrissene Kleiderfetzen mischten sich darunter, und einige derselben, die an den scharfen Felskanten über uns hingen, erklärten uns, wie die Knochen an diese Stelle gekommen waren. Wir befanden uns jedenfalls auf der Richtstätte des Hedjahn-Bei, der die von ihm zum Tode Verurteilten vom Felsen in den Spalt stürzen ließ, eine

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