Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
18 - Orangen und Datteln

18 - Orangen und Datteln

Titel: 18 - Orangen und Datteln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
Dialekte, sondern er war auch, ehe er nach Algier ging, in Stambul gewesen und hatte sich dort zur Genüge auch mit dem Türkischen bekannt gemacht. Aus allen diesen Gründen war er mir bisher ein wertvoller Begleiter gewesen, den ich mehr als Freund denn als Diener zu behandeln pflegte, und so tat es mir wirklich leid, ihn so bald verlieren zu müssen.
    Wir ritten längs des Baches den kurzen Abhang vollends hinab und hielten dann unten im Tal grad auf den Fluß zu. Das Wasser des Wadi Mellel ist nicht breit; wir gelangten sehr leicht an das andere Ufer und damit in eine nicht sehr große, vollständig ebene Lichtung, welche rings von einem wilden Olivengebüsch eingefaßt wurde.
    „Maschallah – Wunder Gottes, was ist das, Sihdi?“ fragte da plötzlich Achmed, indem er nach links deutete.
    Ich sah in der angegebenen Richtung, also oberhalb unsers Standpunktes, ein Rudel Gazellen aus den Büschen brechen. Meine Jagdlust erwachte sofort.
    „Sie kommen grad' auf uns zu, Achmed. Sie sind auf der Flucht!“
    „So ist es, Sihdi. Siehst du den Fahad (Gepard, Jagdleopard), der jetzt hinter ihnen aus dem Busch schnellt? Was tun wir?“
    „Wir jagen mit und verlegen den Antilopen den Weg. Mein Pferd ist noch schneller als das deinige, halte dich hier am Fluß; ich werde nach rechts hinübergehen.“
    „Aber, Sihdi, dürfen wir? Der Fahad gehört jedenfalls einem Scheik, oder gar dem Emir von Kasr el Bordsch!“
    „Pah, wir tun dennoch mit. Vorwärts!“
    Wie von der Sehne geschnellt, flog mein Pferd über die Ebene dahin. Die Gazellen mußten sich in größter Angst befinden, da sie uns nicht beachteten, obwohl die Entfernung keine bedeutende war. Sie hatten zweimal gebogene, schwarze, leierförmige Hörner und waren oben hellbraun, unten weiß gezeichnet; Schwanz und Seitenstreifen zeigten eine dunkelbraune Farbe; wir hatten es also mit Antilope dorcas L. zu tun. Ich zählte vierzehn Stück, ließ also die Doppelbüchse auf dem Rücken und langte nach dem Henrystutzen, aus dem ich meine Kugeln abgeben konnte, ohne zwischen jedem Schuß zu laden. Dieses Gewehr hatte mir in Amerika, Australien und Asien große Dienste getan und auch jetzt immer die Bewunderung meines wackeren Achmed auf sich gezogen.
    Jetzt hatte der Gepard die hinterste der Gazellen erreicht; mit einem weiten Sprung warf er sich auf sie und riß sie nieder. Ich hielt mein Pferd an und zeigte demselben das Gewehr. Sofort stand das kluge Tier vollständig bewegungslos, wie aus Erz gegossen. Ich hätte eine halbe Stunde lang im Sattel bleiben und schießen können, ohne daß es auch nur einmal den Kopf gehoben hätte. Es hatte in seiner fernen Heimat die beste arabische Dressur erhalten. Eben krachte mein erster Schuß, als ich es aus dem Gewehr Achmeds aufblitzen sah. Zwei Tiere stürzten zu Boden. Zu gleicher Zeit wurde das Buschwerk von neuem durchbrochen, und ich bemerkte sechs Reiter, fünf in arabischer Tracht und der sechste in der goldstrotzenden Uniform eines hohen, tunesischen Offiziers. Auf seiner linken Faust sah ich einen Schahihn (Jagdfalke. Von den Arabern wird nur Falco lanarius mit ‚Schahiha‘ bezeichnet) sitzen. Er stutzte einen Augenblick, als er uns sah, dann häubte er den Vogel und warf ihn empor. Sofort stieß der Falke auf eine der Gazellen, unglücklicherweise aber auf diejenige, die ich in ganz demselben Augenblick auf das Korn genommen hatte; es war zu spät, den Finger zurückzunehmen, denn ich war bereits im Abdrücken – beide Tiere wälzten sich am Boden. Ohne mich um sie zu kümmern, wandte ich mich den vorübergehenden Gazellen nach und gab noch zwei Schüsse ab. Da hörte ich den Hufschlag eines Pferdes hinter mir, und eine Hand faßte meinen Arm.
    „Chammar el kelb – Hund von einem Betrunkenen, wie darfst du wagten, hier zu jagen und meinen Schahihn zu erschießen!“ donnerte es mich an.
    Ich wandte mich um. Es war der Offizier. Seine Augen blitzten vor Zorn; die Spitzen seines Schnurrbartes zitterten heftig, und sein sonst wohl sehr gutmütiges Angesicht hatte sich dunkel gerötet. Ich war nicht gewillt, mir solche Reden bieten zu lassen, und schüttelte seine Hand von meinem Arm.
    „Hawuahsch – laß mich in Ruh!“ donnerte ich ebenso herzhaft zurück. „Sagst du noch ein einziges Wort, so schlage ich dich mit dieser meiner Faust vom Pferd!“
    „Allah aienak – Gott helfe dir!“ antwortete er, indem er nach dem Griff seines Dschambijeh (krummer Dolch) faßte. „Mensch, bist du verrückt? Weißt

Weitere Kostenlose Bücher