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18

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Titel: 18 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Luengen
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so sanft es ging. Sie klebten voller Sand.
    „Alle jungen Leute sind seltsam“, sagte ich. „Sonst wären sie ja nicht mehr jung.“
    Die Musik aus dem Radio erstarb. Das wurde Onkel Hank zumindest bewusst. „Heh, das Radio ist alle“, rief er uns zu. Ich setzte mich auf, murmelte: „Die Batterie ist leer.“ Ich blieb sitzen.
    „Bleib sitzen“, sagte Onkel Hank. Er stand auf und warf seinen Zigarettenstummel ins Feuer, wo er nochmals aufglühte. Er ging hinüber zu seinem Wagen und kramte seine Gitarre hervor. Frank und Pat standen auch dort. Ich sah, wie Frank auf Timothy zeigte und er und Pat lachten. Mit Frank schien eine Verwandlung passiert zu sein. Zumindest schien seine äußerst schlechte Verfassung zu veschwinden. Sie schlugen sich auf die Schultern und machten sich davon in die Dunkelheit, jeder eine Bierflasche in der Hand. Anscheinend durfte ich mit Ann allein bleiben.

 
    Onkel Hank zog seine Gitarre hervor und setzte sich im Schneidersitz wieder ans Feuer. Alle rückten näher, auch Ann und ich. Ich legte meinen Arm um sie, erst vorsichtig und etwas steif. Dann, als sie nicht wegrückte, etwas entspannter. Ich atmete tief durch. Onkel Hank spielte ein paar Takte, dann sang er dazu. Erst sang er leise und für sich, seine Hand auf den Gitarrensaiten betrachtend. Dann schaute er auf ins Feuer und sang lauter und schließlich summten wir mit und sangen auch leise.
    Onkel Hank spielte die alten Lieder, die jeder kannte. ‚Sweet Home Alabama’. ‘West Virginia’. ‚Sounds of Silence’. Wenn jemand sie nicht kannte, dann kannte er sie nach fünf Sekunden. Ich sah einen Moment zu Ann hinüber. Sie sang wunderschön. Ich sang nicht mit.
    Onkel Hank spielte alles, was er kannte, dann noch ein paar Lieder, die er offenbar nicht kannte, dann noch einmal die Besten, dann spielte er wieder etwas Belangloses und schließlich legte er die Gitarre in seinen Schoß und packte eine Zigarette aus und rauchte.
    „Gehen wir ans Wasser?“, fragte Ann mich leise.
    Wir standen auf. Ich schüttelte den Sand von der Hose und ging neben ihr her zum Wasser. Sie nahm meine Hand in ihre und so gingen wir bis ans dunkle Ufer. Der Wind hatte sich vollständig gelegt. Ich hielt weiter ihre Hand und dachte darüber nach, dass ich also mit einem Mädchen nachts am See stand und ihre Hand hielt. Ich hatte das Problem, dass ich immer über das nachdachte, was soeben passierte und ich mich sehen konnte, wie mir etwas passierte. Das ist nicht hilfreich. Wir gingen ein Stück den Strand entlang, bis die anderen uns nicht mehr sehen konnten. Wir standen bis zu den Knöcheln im Wasser, sahen auf das gegenüberliegende Ufer, das sich als schwarze Fläche gegen den dunkelblauen Nachthimmel abhob. Langsam froren meine Zehen ab.
    Plötzlich fing sie wie verrückt an, auf der Stelle zu trampeln. Das Wasser spritzte hoch, ich sprang zur Seite und spritzte sie auch etwas nass und lief zurück auf den Sand. Sie kam hinterher. Sie hatte sich gut amüsiert und war fast vollständig nass.
    „Ich bin ganz nass“, sagte sie. Ich zog mein T-Shirt aus und reichte es ihr, und sie sagte: „Danke.“ Sie verschwand hinter einem Gesträuch. Sie kam bald um den Busch herum zurück, mein Shirt am Körper.
    „Lass uns noch woanders hinfahren“, sagte sie.
    „Die Batterie vom Auto ist leer.“
    „Wo ist mein Bruder eigentlich abgeblieben?“, fragte sie.
    „Er ist mit diesem Frank wieder weggegangen.“
    „Er passt nie richtig auf mich auf.“ Dann legte sie mir kurz einen Finger auf den Mund. Er schmeckte salzig.
    Ich murmelte: „Na schön. Du gehst hoch zur Straße, den Feldweg entlang. Ich lass mir von Onkel Hank Starthilfe geben. Ich sag ihnen, dass du bereits gegangen bist, und ich dir lieber hinterherfahren möchte.“
    „Warum komme ich nicht mit ans Feuer?“
    „Anscheinend hat mein T-Shirt nicht ausgereicht, um dich vollständig trocken zu bekommen.“
    „Also, bitte.“ Sie zog ihre Garderobe glatt, was bezaubernd aussah. Sie verdrehte die Augen, und ich trat auf sie zu und küsste sie auf den Mund, dann umarmte ich sie, und wir küssten uns beide, diesmal länger, und ich roch den Alkohol in ihrem Atem und spürte das nasse T-Shirt und ihr ging es wohl genauso.
    „Bis gleich also.“ Sie winkte kurz und stapfte in die Dünen.
    Ich ging hinüber zum Feuer und sagte: „Ann ist schon weg.“
    „Du bist praktisch nackt“, bemerkte Christoph, der immer noch neben Wiebke saß. Ich hielt ein fremdes T-Shirt in der Hand und trug

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