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gefallen.“
„Ich muss bald nach Idaho, jemanden suchen.“
„Idaho. Nie gehört. Klingt anstrengend.“
„Mann. Ein Bundesstaat in Amerika.“
„Cowboyhüte.“
„Aber erst muss ich noch was erledigen.“
„Wie ist Pat so als Beschützer seiner Schwester?“, fragte ich und nahm noch einen kräftigen Schluck aus meiner Flasche. Weshalb erzählte er mir von seinen Plänen? Ich hatte ihm in einem schwaschen Moment meine Theorie erzählt und er hatte sich blöderweise das Ganze zu Herzen genommen und nun zog ihn das alles herunter.
„Er hat mir seine Schwester mal angeboten. Als Tausch gegen meine Freundin.“
Ich schaute ihn an, ob er einen Scherz machte. „Er ist keiner von den Boxern. Sondern einer von den Tauschern?“
„Ich wusste damals nicht mal, dass er eine Schwester hat. Aber er wusste, dass ich eine Freundin habe.“
„Keine Gefahr aus dieser Ecke. Keine Boxereien“, sagte ich.
„So ist es. Wer ist denn das dort vorne?“ Er zeigte mit dem Kopf Richtung Timothy.
„Das ist Timothy.“
„War er mal Schulsprecher oder so?“
„Würde ich ihm zutrauen.“
„Wo wohnt der denn?“
Ich nannte ihm die Adresse. Timothys Eltern wohnten in einem großen Haus auch oben in der neuen Siedlung mit einem Riesengarten drum herum.
„Danke. Hört sich nach großem Garten an“, sagte er bloß.
„Ja, in der Tat. Weshalb willst du das wissen?“
„Nur so.“
Ich ging zurück zu Ann. Ich legte mich im Sand auf die Seite, reichte ihr ein Stück Brot und streckte meine Füße zum Feuer. Meine Füße wirkten nicht sehr sauber.
„Meine Füße sind nicht sehr sauber“, sagte ich.
„Nein“, sagte sie.
„Na ja“, sagte ich.
Ich legte mich auf den Rücken und stützte mich mit den Ellbogen auf. Ich sah auf meinen Bauch, auf die Jeans an meinen Beinen, wieder auf meine Füße. Ich war wirklich nicht dick.
„Ich bin aber nicht dick“, sagte ich.
„Nein“, sagte sie wieder, kauend. „Dreckige Füße, aber nicht dick. Das gleicht sich wieder aus.“
Die anderen unterhielten sich lebhaft. Sie schienen uns vergessen zu haben oder sich zumindest nicht auffällig für uns zu interessieren. Wiebke hatte noch kein Mal zu uns hin gesehen.
„Du hast schöne Augenbrauen“, sagte ich zu Ann und drehte ihr meinen Kopf zu.
„Danke“, sagte sie in einem koketten Ton. Ich musste lächeln.
„Ich finde es toll, dass ihr hier diese Feten macht“, sagte sie.
„Ja“, sagte ich. Wieder ein ‚Ja‘ von mir. Was soll man zu so einem Satz anderes sagen?
„Ihr rettet die Welt damit“, sagte sie.
„Ist schon gut.“
„Nicht das Leben vor die Hunde gehen lassen und sich hier einfach treffen. Eine Idee haben und es machen und so die Welt retten.“ Sie war immer noch verdammt hübsch.
„Siehst du die Streifen dort oben am Himmel?“ Ich zeigte nach oben.
Sie lehnte ihren Kopf zurück. „Wo denn?“, fragte sie.
„Diese beiden hellen Streifen von dort nach dort. Man kann sie kaum sehen in der Dunkelheit. Man kann sie auch nur ganz selten sehen. Sie haben eine kosmische Bedeutung. Etwas Kosmisches. Ich habe mal eine Theorie darum herum aufgebaut, aber ich habe sie vergessen.“
Ich starrte in den schwarzen Himmel. Die Sterne waren aufgegangen. Unter meinen Fingern knirschte der Sand. Früher hatte ich diese Streifen tatsächlich manchmal sehen können. Ich schloss die Augen und nichts veränderte sich, nur die hellen Punkte der Sterne verschwanden, und die Sinne schärften sich. Ich spürte ihren Finger, wie er auf meinen Arm traf, an diesem hochfuhr, ganz leicht nur die Härchen berührend, langsam weiter. Es war unwirklich. Unwirklich, und ich wusste nicht, ob es mein Finger war oder ihr Finger, obwohl ich es natürlich ganz genau wusste und meine Augen öffnete, und sie dort sah, neben mir auf der Seite liegend. Ich konnte ihren Duft wahrnehmen. Sie war erschreckend nah und erschreckend wirklich, dann fuhr ihr Finger höher, und es wurde wieder unwirklich.
Ich drehte den Kopf im knirschenden Sand. Sie zog den Finger langsam zurück.
„Du bist seltsam, Semme“, sagte sie. Ich hoffte, dass sie seltsame Leute mochte. Außerdem war auch der richtige Zeitpunkt gekommen, um zu fühlen, ob ihre Augenbrauen tatsächlich aus Fell bestanden. Doch ich fühlte nicht. Ich sah sie nur an und bereute, soviel Bier getrunken zu haben. Zu viel, um noch ihre Augenbrauen berühren zu können.
„Ja. Du bist wirklich seltsam“ wiederholte sie, und wir nahmen unsere Hände und streichelten sie
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