18
fragte ich.
„Nein“, sagte sie.
Ich öffnete die Tür, ging hinaus und zog die Tür hinter mir zu. Am Auto stand Ann wieder hinter mir.
„Hast du eigentlich den Führerschein?“, fragte ich.
„Nein“, sagte sie. Ich hielt den Schlüssel hoch, sie schnappte ihn wütend, lief ums Auto, stieg ein und öffnete von innen die Beifahrertür. Ich ließ mich reinfallen und seufzte. Sie startete mit etwas viel Gas, ruppig legte sie den Wählhebel um und energisch schossen wir auf die Straße. „Nicht schlecht für ohne Führerschein“, sagte ich und kurbelte das Fenster runter. Ich stellte das Radio leise an und sah zur Seite aus dem Wagen.
„Wir passen nicht zusammen“, sagte ich Richtung Bürgersteig. „Ganz andere Sportarten. Hatte ich meinen Golfschläger erwähnt?“
„Du gehst von völlig falschen Annahmen aus“, erwiderte sie wütend.
„Der Abend wäre ein Erfolg geworden, sittsam an dem Tisch sitzend, gefüllte Paprika zerstochert, Blick in die Augen und ‚Herr der Ringe’. Ich habe es nachgelesen. Keiner badet“, sagte ich.
„Im Moment sehe ich nicht, dass es jetzt ein Erfolg wird.“
„Da hast du Recht. Sie baden einfach nicht, die Jungs“, sagte ich, nachdem sie haarscharf um eine Kurve gebogen war. „Und sie treiben keinen Sport.“ Sie fuhr zügig, um nicht zu sagen schnell.
„Woher kennst du Timothy?“, fragte ich Richtung Bürgersteig.
„Eifersüchtig bist du auch noch? Andere Probleme hast du aber nicht, oder? Du bist ein Idiot. Ein kindischer Idiot.“ Sie schwieg und fuhr weiter durch die Stadt. Sie kannte offenbar die Adresse von Timothy.
Timothy stellte in unserer Gruppe den Yuppie dar. Yuppies beginnen als Schulsprecher und gepflegte Redner. Er war kein Aufschneider und hatte einen nachvollziehbaren Berufswunsch. Er trug ständig Hosen mit Bundfalte und gestreifte Hemden aus feinem Stoff und besaß als einziger von uns allen einen Anzug und wahrscheinlich auch als einziger eine Krawatte, vielleicht auch zwei. Er wäre niemals in einem Nato-Parka aufgetaucht und hätte nie mit dem Edding seine Schultasche mit Anti-Atom-Sprüchen verziert. Zum Nato-Doppelbeschluss hatte er eine differenzierte Meinung. Er begrüßte die Wiederwahl von Reagan und konnte den Namen ‚Gromyko’ richtig schreiben. Er wollte einfach anders sein, und das war in Ordnung, denn das Einzige, was an ihm wirklich anders war, war sein Bestreben, anders zu sein. Timothy hatte immer ein erwachsen wirkendes Ziel vor Augen. Er organisierte die Abschlussparties, als wir anderen noch gar nicht daran zu denken wagten, jemals einen Abschluss zu machen. Er rannte mit Aktenordnern und Zetteln durch die Gegend. Seine Eltern verbreiteten den Anschein, dass sie Vermögen hätten, und im Grunde war das auch in Ordnung. Sie wohnten am besseren Ende des Viertels, wo die Rasenflächen größer wurden und die Mauern um die Grundstücke höher und die Bäume älter und wo mittwochs der Gärtner kam.
Ann hielt vor der Villa, die Reifen quietschten am Bordstein entlang. „Da wären wir. Ich glaube wirklich, wir passen nicht zueinander“, sagte sie, stieg aus, warf die Tür ins Schloss, überquerte die Straße und verschwand hinter einem Gartentor in der Dunkelheit. Ich stellte mit bedächtigen Bewegungen das Radio aus. Durch das offene Fenster hörte ich Gelächter und Musik und Gläserklirren. Ich zog den Zündschlüssel ab, nahm eine Flasche Wein und stieg aus, verriegelte mein Auto und folgte Ann.
Ich stieß das Gartentor auf und ging durch die Blumenbeete auf Menschengruppen zu. Timothy hatte eine kleine erhöhte Tanzfläche organisiert, um die eine lockere Menschentraube versammelt war. Es schien eine ziemlich aufwändige Fete zu sein, und Timothy schien alle Leute eingeladen zu haben, die es überhaupt nur gab. Nur mich hatte er vergessen.
Auf der Tanzfläche sang jemand sehr professionell ein Lied. Auf einem Tisch standen Batterien von Sektflaschen. Ich ging in den hinteren Teil des Gartens und in einem geschützten Eckchen vollbrachte ich ein kleines Geschäft. Ich wusch mir die Hände im Goldfischteich.
Ich schlenderte mit meiner Flasche Wein zurück zum belebteren Teil des Gartens, blickte mich nach Ann um, konnte sie aber nicht entdecken. Ich stellte die Flasche Wein auf den Tisch mit Geschenken. Es kamen immer mehr Leute an. Bestimmt würden es über hundert werden. Ich hatte keine Ahnung, warum er so eine Riesenparty veranstaltete. Ich versuchte nachzurechnen, ob er vielleicht gerade achtzehn werden
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