18
einem der teuren, rundbauchigen Gläser meiner Eltern. Die Uhr zeigte kurz vor sieben. Ich hatte vergessen, welche Zeit wir ausgemacht hatten. Ob wir überhaupt eine Zeit ausgemacht hatten. Ich setzte einen Topf mit Wasser auf. Ich schälte Zwiebeln und entkernte Paprika, und bald sprudelte es in drei Töpfen, und ich spurtete in der Küche herum. Zwischendurch trank ich noch einen Schluck aus dem bauchigen Glas. Ich zog mich um. Eine braune Hose und ein Baumwolloberhemd. Ich kämmte meine Haare feucht und grinste mich im Spiegel an. Ich deckte den Tisch und zündete zwei Kerzen an. Etwas unschlüssig stand ich herum, schraubte die helle Glühlampe aus der Fassung im Esszimmer und fand eine matte 25-Watt-Funzel. Ich ging in mein Zimmer, legte Musik auf und drehte sie auf eine angenehme Hintergrundlautstärke. Ich sah mich um, und alles kam mir lächerlich vor. Die braune Hose und das Hemd waren lächerlich, die Kerzen viel zu intim. Sie hatte wahrscheinlich wieder ihr T-Shirt an. Die Musik klang schwülstig. Ich setzte mich aufs Sofa und schloss die Augen.
Geweckt wurde ich durch das Klingeln des Telefons.
„Ja.“
„Semme?“
„Ja.“
„Hier ist Onkel Hank.“
„Ja.“
„Klingst so müde. Timothy macht heute eine Grillparty, vielleicht was Größeres. Mit Sicherheit was größeres. Wir sehen uns?“
„Eher nicht“, sagte ich.
„Schlaf dich mal aus.“
„Der netteste aller Schwiegersöhne.“
„Tut mir leid mit gestern.“
„Es waren keine Sessel frei. Ich habe drauf geachtet.“
„Alle knutschen zu viel. Oder vielmehr knutschen die Falschen zu lange. Gute Nacht.“
„Vielleicht gibt es einfach zu wenig Sessel auf dieser Welt. Zu wenig Sessel in dunklen Zimmern. Das würde manches Problem lösen. Gute Nacht.“ Wir legten auf. Ich ging ins Bad und wusch mir das Gesicht mit kaltem Wasser ab. Die Türglocke läutete. Ich trocknete mich ab, rubbelte an den Wasserflecken auf dem Oberhemd. Ann stand still in der Dämmerung, als ich die Tür öffnete. Sie trug ein luftiges helles Kleid aus Baumwolle, das ihr ausgezeichnet stand, und sie hatte eine Strickjacke über die Schultern gelegt. Ihre Haare waren hochgesteckt. Ich musste schlucken.
„Du bist da. Komm rein“, sagte ich.
„Was hast du gemacht? Hast du geschlafen?“, fragte sie, als sie an mir vorbeitrat. Ich roch Parfum.
„Hast du schon gekocht?“, fragte sie erstaunt und schnupperte in der Luft. „Ich dachte, wir kochen zusammen.“
„So schlecht bin ich gar nicht.“
„Ich hatte mir eigentlich vorgenommen, dich zu fragen ...“
„Was denn?“ Ich schloss endlich die Haustür. Wir standen im Flur. Ich spürte, dass wir uns gar nicht zu setzen brauchten, wahrscheinlich lohnte es nicht mal, die Strickjacke abzulegen.
„Was hast du gekocht?“
„Was wolltest du eben sagen?“
„Ich dachte, wenn du noch nicht gekocht hättest, hätten wir es verschoben und wären auf Timothys Fete gegangen. Er macht eine Grillfete. Was hast du denn gekocht?“ Sie zog ihre Jacke aus. Ich hielt sie in der Hand, die Jacke.
„Nichts.“
Sie ging in die Küche und sah nach.
„Oh, ich wusste nicht, dass du kochen kannst.“
„Ich auch nicht.“ Aber es war nicht lustig. Ich nahm die Töpfe und stellte sie in den Kühlschrank. Ann starrte mich an.
„Was machst du da?“
„Ich stelle es kalt.“
„Was soll das?“
„Lass uns auf Timothys Fete gehen.“
„Nein, ich habe dir doch gesagt, ich will nicht mehr hin. Ich möchte mit dir hier essen.“
„Und ich möchte auf die Fete.“
Wir sahen uns an, und sie war wütend. Sie war hübsch, wenn sie wütend war. Ich ging ins Esszimmer und blies die Kerzen aus.
„Ich warne dich“, sagte sie. „Ich habe gesagt, dass ich nicht auf diese Fete will. Du hast dir so viel Mühe gegeben.“ Wahrscheinlich spielte sie auf die braune Hose und das Hemd an. „Lass uns hier essen, bitte. Ich glaube, du machst einen großen Fehler.“
Das Gefühl hatte ich auch, doch ich konnte nicht mehr zurück, und im Nachhinein war es nur ein kleiner Mosaikstein in einem gigantischen, vielleicht noch 60 Jahre währenden Puzzle, voller Korrekturen einer bedauerlichen Fehleinschätzung meiner persönlichen Möglichkeiten und einer bedauerlicher Fehleinschätzungen der Person Anns, besser mit einigen verdorbenen Paprika aus der Welt zu schaffen, als mit vielen Komplikationen zu einem späteren Zeitpunkt. Ich stellte die Musik ab, nahm zwei Flaschen Wein und ging zur Tür. „Was ist? Kommst du mit?“,
Weitere Kostenlose Bücher