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müsste noch gehen.“
„Dann ist ja alles in Ordnung“, sagte der Rektor erleichtert und erhob sich rasch.
„Das diesjährige Herbstfest wird ein Glanzstück unserer Schule werden“, sagte ich geradeheraus.
Onkel Hank sah ich nicht in den Tagen. Ich wollte nicht bei ihm vorbeischauen und auf Iris treffen. Ann sah ich auch nicht. Ich sah überhaupt niemanden. Meine Eltern machten sich Sorgen und schoben es auf ihre missglückte Ankündigung des bevorstehenden Auszugs Richtung Süden. Ich beruhigte sie, doch sie bekamen sich kaum ein und versprachen, dass sie zum Herbstfest kommen würden, was es auch nicht besser machte.
„Ihr macht Witze“, sagte ich.
„Wir wollen gute Eltern sein“, sagte meine Mutter.
„Du könntest wieder mit dem Finger auf Lehrer zeigen und sie quer durch den Raum ansprechen. Lehrer mögen den engen Kontakt zu den Eltern. Du solltest ein gutes Wort für mich einlegen.“
„Sei nicht so nachtragend“, entgegnete meine Mutter.
„Der Junge braucht eine Freundin. Dann wird das wieder. Diese Paprika-Geschichte war ein Schuss in den Ofen“, sagte mein Vater laut und deutlich hinter seiner Zeitung.
An dem Herbstfest-Freitag verspätete ich mich zu dem Vorbereitungstreffen mit Alessandra. Als ich eintraf, hatte sie den Partyservice bereits eingewiesen, Schüler der unteren Jahrgänge auf Botengänge geschickt und den Pickligen an die Kasse gesetzt. Die Stuhlreihen waren komplett aufgebaut. Die Aula füllte sich mit den ersten Gästen. Schüler und ihre Eltern schoben sich zum Ausschank und standen unschlüssig herum. Ich ließ mir ein Gratis-Bier geben und Alessandra gab mir den Generalschlüssel für die Schule. Sie trug einen netten Pullover. Ich trug Jeans und T-Shirt.
„Jetzt hast du die Verantwortung“, sagte sie.
„Es wird wundervoll. Keiner von uns wird Anzug oder Krawatte oder beides tragen“, erwiderte ich.
„Wehr dich“, sagte sie, und ich trat schnell einen Schritt zur Seite, doch sie boxte nicht.
Ich sah Onkel Hank mit Iris. Sie hing an seinem Arm und er fing meinen Blick auf und ich deutete mit dem Kopf zur Theke. Er nickte und ich schlenderte hinüber. Ich traf meine Eltern und sie fragten mich nach den besten Plätzen. Ich zeigte auf die vorderste Stuhlreihe. Dort fand meine Mutter den Direktor bereits in aufgeräumter Stimmung vor und sie spulte ihre Themen ab. Mein Vater stand daneben und zerrte unauffällig an seinem Krawattenknoten.
Onkel Hank kam allein zur Theke und sagte: „Du machst Sachen.“
„Ich brauche deine Hilfe“, sagte ich.
„Sie ist wirklich sauer auf dich“, erwiderte er. Ich wusste nicht, ob er Ann oder Iris meinte. “Da kommt sie übrigens gerade herein.“ Er zeigte auf Ann, die Hand in Hand mit Timothy hereinspazierte, daneben ein älteres Ehepaar wie aus einem Industriellenporträt. Das mussten Timothys Eltern sein. Ann trug ein überaus elegantes Kleid, und Timothy schien ein größeres Investment in einen hellen zerknitterten Leinenanzug getätigt zu haben.
„Was hat er denn für ein Küchenhandtuch am Körper?“, fragte Onkel Hank.
„Ich brauche deine Hilfe“, sagte ich.
„Den haust du auch alleine aus dem Hemd“, entgegnete Onkel Hank und schüttete sein Bier in sich hinein. Ich bestellte zwei neue. Ich erklärte ihm, was ich von ihm wollte, und er schaute an sich herunter. Er trug ein grell orangenes T-Shirt und grüne Jeans. „Jeder wird mich später wiedererkennen“, maulte er.
„Machst du es oder nicht?“, fragte ich.
“Nederland is eeuwigheid“, sagte er und nickte und wir prosteten uns zu.
„Die Herren schon wieder in Feierlaune.“ Wiebke blieb vor uns stehen. Baseballkappe, Pferdeschwanz, Sportshirt und Arbeiterhose. Sie hielt keinen Christoph an der Hand. Wir gaben ihr ein Bier, das sie dankend annahm. Sie lud uns zu ihrem Geburtstag ein.
„Achtzehn“, sagte ich.
„Alle Welt wird achtzehn“, murmelte Onkel Hank. „Ein endlose Serie von Großereignissen. Erst Timothy, jetzt dieses Sommerfest. Dann Wiebke. Mir wird ganz schwindelig.“
„Genau das“, sagte sie. „Tank deinen ollen Opel auf. Wir feiern in der Eifel.“
„Wir übernachten dort“, stellte Onkel Hank erfreut fest. „Wir können ganz viel trinken und es gibt abwaschbare Holzpaneele an allen Wänden.“
„Genau so wird es sein“, sagte sie und hielt uns beide an den Schultern fest, wie Eishockeyspieler vor dem Beginn des Spiels.
„Wir übernachten bei Wiebke“, sagte ich. Darauf tranken wir noch ein Bier.
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