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fragte ich sie. „Man muss sich nicht melden, wenn man nur wissen möchte, wie ...“ Ich stellte mir vor, wie sie als Vorsitzende von allen Seiten bedrängt würde, und sie tat mir leid. Sonst kamen keine Vorschläge.
„Wir brauchen noch einen zweiten Namen. Stichwahl. Der Stellvertreter“, sagte der Picklige. Alessandra sah mich an, meldete sich nochmals und nannte meinen Namen. Ich schaute sie an, der Picklige notierte meinen Namen, und rief eilig zur Abstimmung auf. Zettel wurden verteilt und ausgefüllt, und ich schaute sie immer noch an. „Das glaube ich jetzt nicht“, sagte ich.
„Ich aber“, erwiderte sie.
Ich erhielt die meisten Stimmen, noch vor Alessandra und wurde Vorsitzender der Planungskommission zur Vorbereitung des alljährlichen Herbstfestes oder wie auch immer. Alessandra wurde zu meiner Stellvertreterin ernannt und automatisch Kassenwärterin. Alle sahen mich an. „Wann ist die Feier?“, fragte ich.
„Du weißt es nicht?“, fragte der Picklige.
„Nein.“
„In exakt zehn Tagen. Ich habe alles hier in Aktenordnern. Timothy hat gute Vorarbeit geleistet. Und dieses Jahr ist noch etwas anders. Der Direktor möchte einige Vertreter des Schulamtes einladen, und ich könnte mir vorstellen, dass er sich dafür einen festlichen Rahmen wünscht, also festlicher als gewöhnlich. Du kannst dich bestimmt noch daran erinnern, dass es bei der letzten Abschlussfeier diesen Eklat gegeben hat. Ein Mofa auf der Bühne. Aufführungen, die nicht dem allgemeinen Geschmack entsprachen. Das wünscht der Direktor nicht mehr.“
„Meine Eltern haben davon berichtet. Ich schau mir alles in den Aktenordnern an“, versprach ich ihm.
„Du bist der Beste für den Posten“, sagte Alessandra, als wir draußen allein waren. Ich hatte zwölf Aktenordner zu meinem Auto getragen.
„Er hat zwölf Aktenordner angelegt. Alle beschriftet. Du weißt, dass ich niemals einen dieser Ordner nochmals anfassen werde“, sagte ich.
„Natürlich weiß ich das.“
„Du wusstest auch, dass ich Timothy hasse.“
„Ich habe davon gehört.“ Sie hatte unglaublich dunkle Haare und unglaublich hübsche Augen und sie lachte einfach und boxte mir kräftig auf den Oberarm, und ich lachte auch. „Wehr dich, du Schussel“, sagte sie und boxte mich noch fester.
Wir hatten am übernächsten Tag ein Gespräch beim Direktor.
Die Sekretärin führte uns in den Raum und schloss die Tür rasch hinter uns.
„Der Vorsitzende. Du bist der junge Semmberg, nicht wahr? Du organisierst also die Feier. Und du bist die fleißige Stellvertreterin.“ Der Direktor gab Alessandra auch die Hand und hatte keine Probleme mit dem Duzen.
„Ist alles soweit fortgeschritten, dass ich am Freitag eine reibungslose Veranstaltung erleben darf? Diesmal muss es besonders gut klappen. Das Schulamt, Sie verstehen?“ Wir nickten, ohne zu verstehen. Wenn es ernst wurde, sprang er zum Siezen über.
„Also etwas festlicher, nicht so leger. Ich würde es begrüßen, wenn ihr alle in feierlicher Kleidung erscheinen könntet. Keine Jeans und Sweatshirts.“
„Krawatten und Anzüge“, sagte ich. „Shakespeare-Musik. Kein Kartoffelsalat aus Plastikkübeln.“ Alessandra stieß mich mit dem Fuß an. Der Direktor nickte verlegen und ich sah, wie er sich das Wort ‚Musikunterricht’ auf einem Zettel notierte. „Und dann möchte ich, ähem, eine Ansprache halten, wie das zu solchen Anlässen üblich ist. Meint ihr, dass sich das noch zu Beginn in das Programm einbauen lässt?“
„Timothy hat das Programm praktisch fertig gestellt. Ihre Rede hat er allerdings völlig vergessen“, sagte ich.
Alessandra trat mich wieder.
„Wird er wohl verschwitzt haben. Sagen wir am besten gleich zu Beginn. Dann habe ich es hinter mir. Und noch etwas.“ Kleine Kunstpause „Da Sie, Alessandra, schon mal in dem Komitee sind, könnten Sie da nicht vielleicht eine kleine Ansprache halten? Sie wissen schon, kulturelle Verständigung, Ihre Eltern sind doch aus Italien.“
„Also, genau genommen, ist nur mein Vater ...“
„Die Bedeutung, die unsere Schule auch der Integration der Kinder aus zweiter Generation beimisst. So etwas ist doch, gerade auch wo das Schulamt ...“ Er machte eine Pause.
„Und mein Vater ist auch schon seit mehreren Jahrzehnten in Deutschland“, murmelte Alessandra.
„Auch für Sie wäre das eine Chance“, endete er schließlich mit etwas zu fester Stimme.
Alessandra nickte nur, und ich sagte nach einer kleinen Pause: „Ja, das
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