1802 - Stiefkinder der Sonne
ausreichende Mitschuld anlasten und ebenso der Leiterin des Liga-Dienstes, Gia de Moleon. Schließlich war es ihr bis dato nicht gelungen, Informationen über das Camelot-Projekt, über Perry Rhodan und die anderen Unsterblichen beizubringen.
Egal, ob in der GILGAMESCH fähige Wissenschaftler auf ihren Einsatz warteten oder nicht, Cistolo Khan durfte ihnen den Einflug erst genehmigen, wenn die anderen versagt hatten.
Oder sobald eine akute Gefahr offenbar wurde.
Im Solsystem herrschte seit dem Erlöschen des Zeitrafferfeldes über Trokan permanente Verteidigungsbereitschaft. Aber die schwerbewaffneten Raumforts richteten sich ebenso wie alle anderen Vorkehrungen gegen einen Feind von außen - selbst NATHAN hatte nicht hinreichend berücksichtigt, daß eines Tages eine Gefahr im Innern entstehen könnte. Niemand hatte mit einer solchen Situation gerechnet.
„Gib mir eine Funkverbindung zur GILGAMESCH", wandte sich Khan an Estel Marobar, die junge und ehrgeizige diensthabende Funkerin. „LFT-Kode, höchste Priorität."
Perry Rhodan schien den Anruf erwartet zu haben. Mit keiner Miene zeigte er Überraschung.
„Ich höre, Cistolo Khan", sagte er betont.
„Was ich zu sagen habe, wird dir nicht gefallen, Terraner."
Ein kurzes Aufleuchten stand in Rhodans Augen. Daß der Kommissar die Anrede „Terraner" verwendete, verriet Sympathie. Zugleich schien er sich damit für seine Handlungsweise entschuldigen zu wollen.
Das klang ungefähr so, als hätte er gesagt: „Ich ahne, daß du über die richtigen Spezialisten verfügst, aber ich darf ihre Hilfe nicht annehmen. In politischer Hinsicht sind mir die Hände gebunden, ich kann momentan keine internen Auseinandersetzungen gebrauchen."
„Du verweigerst der GILGAMESCH den Anflug auf Trokan", argwöhnte Rhodan. „Ich werde mich dem nicht widersetzen, aber ich werde hier, auf der ehemaligen Plutobahn, darauf warten, daß du unsere Hilfe noch annimmst."
„Du glaubst, daß wir Hilfe benötigen werden?"
In einer unmißverständlichen Geste zuckte der Unsterbliche mit den Achseln.
„Ich bin froh, daß du es so siehst", sagte Cistolo Khan. „Ich hätte es bedauert, gegen einen Freund etwas tun zu müssen."
Er schaute Rhodan in die Augen. Was er darin zu lesen glaubte; stimmte ihn zuversichtlich. Perry Rhodan ist nach wie vor ein Freund der Menschheit. Andernfalls wäre er nicht zu diesem Zeitpunkt im Solsystem erschienen.
*
Die PAPERMOON hatte Fahrt aufgenommen und war Minuten später in den Überlichtflug gegangen.
Ihr Kursvektor zielte auf die inneren Planeten - Cistolo Khan war nach Trokan aufgebrochen. Vielleicht wollte er der erste sein, der die Archivwelt betrat.
Seit siebzig Jahren umkreiste die fremde Welt Planet Sol, und bis heute war es unmöglich gewesen, sie zu betreten. Eigentlich unvorstellbar, aber eben doch Wirklichkeit - ein „Geschenk" der Ayindi, das mit einem lachenden und einem weinenden Auge angenommen worden war. Weil die Terraner gar nicht anders gekonnt hatten, als es anzunehmen.
Trokan stammte aus dem Arresum, von der „anderen Seite des Universums". Die ihm anhaftende Strangeness hatte jeden Versuch einer Erforschung unterbunden und ausschließlich Fernaufnahmen erlaubt, die eine dunkle und häßliche Kugel, atmosphärelos und mit rissig zernarbter Oberfläche zeigten. Eine verbrauchte Welt und ein denkbar schlechter Tausch gegen den vertrauten Mars.
Um Mitternacht des B. April 1218 NGZ, quasi in letzter Sekunde, bevor die Todesstrahlung des kristallisierten Mars auch die Erde erreicht hätte, hatte das Ayindi-Projekt „Adoption" Mars und Trokan ausgetauscht.
Trokan war etwas größer, besaß jedoch dieselbe Masse.
„Ich hab’s!" rief Sibyll Norden unvermittelt aus. „Ich habe den Wortlaut des letzten Hyperkoms zwischen Khan und Rhodan - und, du wirst es nicht glauben, Gloom, die beiden sind sich einig. Da läuft mehr, als wir ahnen konnten."
„Das wäre doch ein Aufhänger." Mirco Adasta hatte eben den Test einer Miniaturkamera mit eigenem Sendeteil beendet. Grinsend, blickte er Bechner an. „Das ist etwas, was die Konkurrenz bestimmt noch nicht hat."
„Welcher Kode?" wollte der Chefreporter wissen. „LFT, Prioritätsstufe?"
Die Frau nickte. Als Gloom Bechner abwinkte, zeichnete sich Enttäuschung in ihrem Gesicht „Vergiß die Sache, Sibyll!"
„Aber wieso?"
„Wieso?" äffte Bechner nach. „Weil wir preisgeben müßten, daß wir im Besitz des Kodes sind. Und das nur einer vagen Feststellung wegen.
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