1809 - Werwolf-Falle
Wolf ist anders, laut Zeugenaussagen auch größer. Bisher hat er noch keinen Menschen angefallen, aber wehret den Anfängen.«
Dagmar Hansen musste lachen. »Es ist schon okay. Ich weiß ja, welchen Job mein Partner hat.«
»Danke, dass Sie es so sehen. Und ich wollte Ihnen nur Bescheid geben.«
»Klar, sehr nett.« Den Spott in ihrer Stimme hatte sie nicht unterdrücken können.
»Ja, dann darf ich Ihnen trotz allem noch einen schönen Abend wünschen.«
»Danke, Ihnen auch.«
Dagmar biss nicht in den Hörer, obwohl sie sauer war. Sie stellte den Apparat wieder auf die Station. Über ihre Lippen huschte ein schwaches Lächeln, als sie daran dachte, wie vorsichtig dieser Becker reagiert hatte. Sie kannte andere Zeiten, als man den Job ihres Partners recht verächtlich ansah und ihn auch nur von der Seite her ansah. Aber Harry hatte durch einige spektakuläre Erfolge bewiesen, dass er doch nicht so überflüssig war, und nun schickte man ihn sogar los, um herauszufinden, ob sich in den Wäldern des Harzes ein Werwolf herumtrieb.
Er würde dem Job nachkommen, das stand fest, und Dagmar hoffte, dass er es nicht allein tun musste und John Sinclair seinen Einsatz auch verlängerte.
Zum Glück hatte sie das Essen schon hinter sich. Es hätte ihr jetzt nicht mehr geschmeckt. Dafür trank sie einen doppelten Schluck Wein.
Der tat ihr gut.
Und dann meldete sich erneut das Telefon. Sie wusste durch den ersten Anrufer, dass es durchaus Harry Stahl sein konnte, der sich mit ihr in Verbindung setzen wollte.
Auf dem Display stand keine Nummer. Aber schon das erste Räuspern ließ darauf schließen, wer es war.
»Hallo, Harry.«
»Hi, Dagmar.«
»Und?«
»Tja.« Harry legte eine kurze Pause ein. »Ich muss dir etwas sagen, Schatz, und …«
»Ich weiß. Du kommst nicht sofort. Du bleibst noch im Harz, weil du einen Werwolf jagen musst.«
»Ja, hat Becker dich schon informiert?«
»Hat er.«
»Dann weißt du ja Bescheid. Aber ich bin nicht allein. John hat sich entschlossen, bei mir zu bleiben.«
»Wenigstens etwas. Aber mal im Ernst, Harry, glaubst du wirklich, dass dort ein Werwolf sein Unwesen treibt?«
»Ich weiß es nicht. Es kann sein. Wir müssen uns dabei auf Aussagen von Zeugen verlassen. Und schließlich sind ja die blutigen Kadaver gefunden worden.«
»Die hätte wohl auch ein normaler Wolf hinterlassen können.«
»Nein.«
»Wieso nicht?«
»Die Schnauze eines normalen Wolfes hat nicht diese Ausmaße. Das haben Spezialisten festgestellt. Deshalb ist man auch ein wenig irritiert.«
»Okay. Und wie lange könnte es dauern?«
»Keine Ahnung. Wir haben uns zwei Tage vorgenommen. Wenn die herum sind, verschwinden wir auch wieder. Egal, ob wir auf einen Werwolf gestoßen sind oder nicht.«
»Gut, das ist eingeloggt.«
»Und sonst? Wie geht es dir?«
Dagmar erzählte davon, dass sie es sich bei einem Glas Weißwein gemütlich gemacht hatte.
»Da könnte ich auch einen Schluck trinken.«
»Gönn dir ein Bier. Oder hast du Angst, dass du dann den Werwolf nicht mehr erkennen kannst?«
Harry lachte. »Mal schauen, wie der Hase läuft. Von John auch beste Grüße.«
»Ja, grüß bitte zurück.«
»Mach ich. Und gib auf dich acht, Dagmar.«
»Immer, wenn du zwischendurch was von dir hören lässt.«
»Ich werde mich bemühen.«
Damit war das Gespräch zwischen ihnen beendet. Sie stellte das Telefon wieder in die Station und lächelte etwas verloren. Wieder einmal hatte der Job eine tiefe Kerbe in ihr Privatleben geschlagen, aber das würde wohl immer so bleiben, solange sie aktiv waren.
***
Helene Schneider fror. Man hatte ihr zwar zwei dicke Decken gegeben, und trotzdem war die Kälte nicht abzuschütteln. Sie kam nicht nur von außen, sondern auch von innen, und so wusste sie nicht, wie sie die Kälte vertreiben konnte. Sie saß in einem Sessel, der praktisch der Mittelpunkt des Käfigs war. Dort hockte sie wie auf dem Präsentierteller. Sie bekam ihre regelmäßige Nahrung, konnte sich auch im Haus waschen und dort zur Toilette gehen, aber dann wurde sie wieder in den Käfig gesperrt.
Was man von ihr wollte, hatte man ihr nicht gesagt. Sie war entführt worden, als sie ihre Arbeitsstelle verlassen hatte. An einem dunklen Abend hatte sie die Tourist-Information verlassen, war zu ihrem Fahrrad gegangen und nicht mehr dazu gekommen, sich in den Sattel zu schwingen, denn aus dem Dunkel war eine Gestalt erschienen, hatte sie gepackt und zu Boden gezwungen. Zugleich war ihr ein stinkender
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