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181 - Der ewige Turm

181 - Der ewige Turm

Titel: 181 - Der ewige Turm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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Fledermaus! Sie flog hinauf zum Loch in der Decke und flatterte in die Nacht hinaus. Die Lichter der Flughütte stiegen höher und verschwanden aus Ballayas Blickfeld. Sie blieb allein zurück.
    ***
    Das Himmelsboot war verschwunden. Reezar, Karzyan und einige seiner älteren Krieger saßen um ein Feuer, aßen gebratenen Wildhund, tranken vergärten Früchtesaft und redeten sich die Köpfe heiß. Keiner konnte sich erklären, warum der Götterbote eine Leiter aus seinem Himmelsboot auf die Brücke zwischen den Türmen herabgelassen hatte. »Er kreiste über der Brücke«, ereiferte sich Karzyan. »Immer und immer wieder berührte seine Strickleiter die Brücke! Habt ihr das nicht gesehen?«
    Die Krieger nickten. »Vielleicht wollte er aussteigen und hat sich nicht getraut«, sagte einer von ihnen.
    »Hohlkopf! Wovor sollte ein Götterbote sich denn fürchten?« Karzyan winkte ab. »Nein, nein. Er hat darauf gewartet, dass einer von uns zu ihm hinauf klettert!«
    Vorwurfsvoll sah er seinen Bruder, den Kometenfürsten, an. »Ja, er wollte, dass einer von uns zur Brücke kommt und zu ihm in das Himmelsboot steigt! Und wir haben es nicht getan!«
    Er sprach nicht aus, was alle dachten: Reezar, der Erste Turmherr, wäre verpflichtet gewesen, hinauf zu gehen und zum Götterboten in dessen Himmelsboot zu steigen.
    Reezar selbst schwieg. Seinen Trinkbecher mit beiden Händen umklammert, starrte er ins Feuer. Die Erscheinung am Himmel hatte ihm Angst gemacht. Allen hatte sie Angst gemacht, doch keiner gab das zu. Er am allerwenigsten.
    »Ihr Narren«, fauchte er schließlich. »Habt ihr je gehört, dass der Gott Boten ausschickt? Oder dass er Himmelsboote baut? Mir scheint, Belzary wird am Ende Recht behalten, und ein ganz normaler Mensch fliegt in diesem Himmelsboot.«
    »Wie merkwürdig, Reezar!« Karzyan feixte spöttisch.
    »Vor ein paar Stunden hast du noch behauptet, dass kein Mensch tun kann, was die Alten tun konnten: fliegen.«
    »Es erschien mir ausgeschlossen, ja.« Reezar fiel auf, wie Karzyan die Brauen zusammenzog und sein Gewand musterte. »Jetzt aber habe ich gründlich nachgedacht und bin zu einem anderen Urteil gelangt. Ein schwarzhäutiger Mann flog in dem Himmelsboot. Hat man nicht schon von Schwarzen gehört, die tief im Westen leben?«
    »Sie kommen!«, rief einer der Männer an der Balustrade, die das nächtliche Todesdreieck beobachteten. »Der Schein ihrer Fackeln ist deutlich zu erkennen! Sie bringen die Jungfrau!«
    Die Mienen der Krieger am Feuer hellten sich auf. Die Frauen, die sie bedienten oder sie massierten, senkten die Blicke. »Wenn ihr jetzt den Fackelschein erkannt habt, brauchen sie noch etwa drei Stunden, bis sie die Lichtung erreichen«, sagte Karzyan. Und dann an Reezar gewandt:
    »Da hängt etwas in der Falte deines Umhangs!« Er deutete auf den linken Ärmel seines Bruders. »Was ist das?«
    Reezar hob den Arm und straffte den Stoff. Ein großer brauner Nachtfalter hing am Ärmel seines Gewandes. Er hob die Rechte, um ihn totzuschlagen. Der Falter schwang sich in die Luft und flatterte zur Decke. »Eine Fledermaus!«, rief jemand. »Eine winzige Fledermaus!«
    Die Augen der Krieger verfolgten erstaunt den Flug des kleinen Tieres. Es hängte sich an die Decke und blickte aus schwarzen Knopfaugen auf sie herab. Reezar griff nach einem Holzscheit, um ihn nach der Fledermaus zu werfen.
    »Er wollte nicht aussteigen«, sagte plötzlich eine der Frauen.
    Alle sahen sie verblüfft an. Reezar beugte sich zu ihr, fasste ihr Kinn und hob ihren Kopf. »Was willst du damit sagen, Weib?«
    »Der Götterbote. Er hat etwas entdeckt in der Brücke«, flüsterte die Frau scheu. »Etwas, das zu ihm ins Himmelsboot steigen sollte.«
    »Unsinn!«, blaffte Karzyan. »Wir haben nichts und niemanden die Leiter hinauf ins Himmelsboot steigen sehen!«
    Reezars Blick wanderte zwischen der Frau und seinem Bruder hin und her. »Vielleicht hat sie Recht«, sagte er schließlich. »Vielleicht hat sich dort oben jemand versteckt, jemand, der sich nicht getraut hat, ins Himmelsboot zu klettern.« Und in Gedanken fügte er hinzu: Weil er genauso viel Angst vor diesem Schwarzen und seinem Fluggerät hatte wie wir. »Nimm dir neun Krieger!«
    Er deutete auf einen erfahrenen Kämpfer. »Geht hinauf zur Brücke und schaut nach, ob jemand in der Brücke ist!«
    Die Krieger standen auf, nahmen ihre Waffen und verließen den Raum. Reezar erhob sich, holte aus und schleuderte das Holzscheit zur Decke hinauf. Es prallte

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