1810 - Der Weg nach Camelot
einschließlich den modernen Raumern der Akonen.
Sein erster Kommentar beim Anblick eines Igelschiffes war gewesen: „Die sind nicht von hier." Er hatte Recht behalten.
„Warte ein paar Augenblicke", bat Petroll. „Wir sind gleich mit dem Fixing fertig."
„In Ordnung."
Myles drosselte die Geschwindigkeit seines SERUNS und ließ das Wrack nicht aus den Augen. Das Licht des Riesensterns Zustra tauchte es in gespenstisches Rot und erweckte den Eindruck, als klebe Blut auf der Außenhaut und den unzähligen Stacheln.
„Illumination einschalten", hörte Myles jemanden sagen.
Im gleichen Augenblick leuchteten überall die Scheinwerfer des Vermessungssystems auf. Das fremde Schiff schien mit vielen hundert steifen Griffeln nach der GILGAMESCH zu fassen. Es war nur ein flüchtiger Eindruck, der durch die plötzliche Helle entstand. Das Licht-Schatten-Spiel hob die Auswüchse an dem bohnenförmigen Grundkörper in bizarrer Klarheit hervor.
In unregelmäßigen Abständen gähnten Krater in der Oberfläche, hingen Außenwandung, Kämme und Stacheln in Fetzen - Auswirkungen der Breitseite durch Atlans RICO. Eine Serie von Explosionen hatte ein übriges getan.
„Die energetische Vermessung der Oberfläche läuft", verkündete Petroll. „Uns entgeht nicht das kleinste Quentchen eines möglicherweise vorhandenen Potentials."
Myles legte die letzten zweihundert Meter zurück. Überall bewegten sich kleine Forschergruppen an dem Igel entlang, meist sechs bis zehn Personen. Insgesamt beteiligten sich über dreihundert Wissenschaftler beiderlei Geschlechts an der Aktion.
Ab und zu ragten zwischen den ohne Ausnahme olivfarbenen Trümmern aus zerfetzten und zerschmolzenen Anlagen Kleinode technischer Perfektion empor, erhaltene Monolithe von fremdartiger Nüchternheit und Unversehrtheit.
Myles Kantor setzte umgehend mehrere Gruppen auf die Aggregate an. Das Ergebnis ihrer Untersuchungen war niederschmetternd. Alles, was intakt wirkte, führte keine Energie. Nicht einmal Restwerte ließen sich messen, als habe jemand die Potentiale bewußt entfernt. Vermutlich entsprach dies der Wahrheit.
Die Vermessung der Gesamtoberfläche ergab ein identisches Bild.
„Alles ist tot", kommentierte Petroll. „Wir haben es mit einem einzigen Friedhof zu tun."
Kantor erreichte Rot-Grün-Drei, den sogenannten Haupteingang am von den Wissenschaftlern installierten Untersuchungssystem. Dort gähnte ein Explosionsloch von gut zwanzig Metern Durchmesser.
Ursprünglich hatte sich an dieser Stelle eine große Schleuse befunden. Reste eines Schotts hingen an den ausgefransten Rändern der Öffnung.
Myles setzte zwischen zwei scharfkantigen Metallfetzen auf. Mitglieder einer Gruppe nahmen ihn in Empfang und geleiteten ihn in das Wrack.
An vierzig verschiedenen Stellen zerpflückten die Männer und Frauen das Igelschiff, wie man bestimmte Blumen aus einer bunt bewachsenen Wiese pflückte. Mit botanischer Genauigkeit stellten sie ihre Untersuchungen an. Zwischen den Pikosyns ihrer SERUNS und den Syntrons der GILGAMESCH eilten pausenlos umfangreiche Datenpakete hin und her. Teilweise schnitten die Forscher Wand- oder Bodenteile mitsamt den Anlagen aus ihrer Umgebung heraus und suchten nach Energiezuleitungen und Kommunikationspfaden.
Langsam, aber sicher ergab sich ein deutliches Bild über das Wrack. Dicke Metallblöcke führten durch alle Etagen und folgten der Krümmung des bohnenförmigen Schiffes und den verzogen wirkenden Seitenkorridoren. Abseits der angeschrägten Gänge, die der Fortbewegung von Lebewesen dienen mochten, besaßen Böden und Decken teilweise unmögliche Neigungen.
Überall zwischen den Räumen dieser Architektur führten kompakte Stränge aus Metall und Konglomeraten verschiedener Aggregate entlang, alle mit einem verstummten Eigenleben. Die Vernetzung lief längs und quer, hoch und tief durch das Schiff und endete überall dort, wo sich die zerstörte Kernzelle befand, mit der sich die Insassen selbst in die Luft gesprengt hatten.
Die Kopplung mit der Kernzelle fand über leiterlose Verbindungen statt. Untersuchungen ergaben, daß es sich um einen fünfdimensionalen Transfer handelte.
Die organischen Spuren in der Kernzelle hatten Chemiker und Biologen der RICO bereits sichergestellt.
Der Rest war nicht mehr zu gebrauchen. Die Explosion hatte einen Schmelzprozeß in Gang gesetzt. Viel mehr als unhandliche Klumpen des olivgrünen Metalls gab es nicht zu bestaunen.
Myles verließ das Zentrum des Schiffes und
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