1812 - Der wandelnde Tod
Außerdem hatte sie sich schon zum zweiten Mal gezeigt.
Ich war ihr wichtig, und ich war gespannt darauf, wie wichtig ich ihr war.
Ich wartete noch einige Sekunden, dann drehte ich mich zur Seite und öffnete die Tür. Jetzt sollte der Kerl mir nicht wieder entwischen. Es musste mir gelingen, Kontakt mit ihm aufzunehmen.
Meine Füße standen im Matsch, als ich die Tür wieder hinter mir zugedrückt hatte. Zwischen uns befand sich jetzt keine Scheibe mehr, und ich sah die Gestalt noch genauer.
Sie fror nicht.
Sie war auch nicht nass.
Okay, das nahm ich hin. Sie trug den Hut leicht schief auf dem Kopf. Der Anzug war recht eng geschnitten, saß aber gut. Wäre er hell gewesen, hätte ich mich an den berühmten amerikanischen Schriftsteller Tom Wolfe erinnert, den Dandy unter den Autoren.
Aber diese Gestalt hier trug einen schwarzen Anzug, und sie schien auch nicht von dieser Welt zu sein. Sie war einfach anders, so nah und trotzdem irgendwie fern.
Komisch …
Ich fragte mich, ob ich es hier mit einer lebenden Gestalt zu tun hatte oder mit einem Geist. Es konnte auch ein Untoter sein, ein Zombie oder ein anderer Dämon dieser Sorte.
Ich wollte nicht zu voreilig agieren. Es war wichtig, einen Kontakt mit ihm zu bekommen. Ich wollte erfahren, was er hier wollte und auf wen er wartete.
Nur auf mich?
Oder war ich nur Mittel zum Zweck?
Die Distanz zwischen uns blieb gleich. Der Fremde machte nicht den Eindruck, als wollte er den ersten Stein werfen und anfangen. Das tat ich für ihn.
Meine erste Frage klang auf. »Was wollen Sie hier?«
Er blieb stumm.
Die nächste Frage. »Warum verfolgen Sie mich?«
Wieder wurde nichts gesagt, und in mir stieg allmählich Ärger hoch. Dieser Typ ließ alle Höflichkeit vermissen. Trotzdem beschloss ich, ihm noch eine Chance zu geben.
»Haben Sie auf mich gewartet?«
Er sprach nicht, aber er zuckte zusammen, und ich hatte für einen winzigen Moment das Gefühl, bei ihm eine bestimmte Seite zum Klingen gebracht zu haben.
Er bewegte sich. Es war zwar nur das Zucken der Schultern, aber immerhin etwas.
»Wir können uns auch im Auto unterhalten«, schlug ich vor, »dort ist es wärmer.«
Auch jetzt sagte er nichts. Er schien nicht eben ein Freund von mir zu sein.
Aber warum war er dann gekommen?
Es gab einen Grund, da war ich mir sicher. Ich musste ihn nur noch herausfinden. Anscheinend wollte er auf meine Fragerei nicht antworten. Dann musste ich ihn anders aus der Reserve locken.
Normal war der Typ nicht. Auf welcher Schiene er genau fuhr, das war mir nicht bekannt, und ich schob ihn zunächst in die Schublade Geister oder feinstoffliche Erscheinungen. Damit kam ich am besten zurecht.
Und ich wollte wissen, ob er tatsächlich körperlich war, weil er so aussah. Dazu musste ich ihn anfassen, und darauf war ich gespannt. Ich wollte ihm auch nichts erklären und einfach auf ihn zugehen. Mal schauen, wie er darauf reagierte.
Alles kam anders. Alles war plötzlich auf den Kopf gestellt, denn nicht ich machte den Anfang, sondern die in Schwarz gekleidete Gestalt. Sie wollte offenbar nicht mehr abwarten und stehen bleiben.
Sie hatte sich leicht gedreht, weil sie direkt auf mich zukommen wollte. Ich erwartete sie mit ziemlicher Spannung und überlegte auch, was ich tun sollte.
Eine Waffe ziehen? Ihr zeigen, wozu ich fähig war?
Das war eine Möglichkeit, die die Lage aber unter Umständen nur kompliziert hätte. Deshalb ließ ich es bleiben. Die Waffe blieb stecken. Ebenso wie das Kreuz.
Und der Fremde kam.
Schritt für Schritt.
Sein Blick war auf mich gerichtet, aber ich konnte kaum in seine Augen schauen, weil die Hutkrempe zu tief in das Gesicht gezogen war. Ich ging aber davon aus, dass er mich anstarrte.
Es wurde spannend.
Er kam näher.
Ich hatte das Gefühl, ihn sogar riechen zu können. Das war bestimmt eine Einbildung, aber die Luft in meiner unmittelbaren Umgebung hatte sich schon verändert.
Ich wollte zurück, konnte es aber nicht. Ich kam mir plötzlich wie gefesselt oder auch nur steif vor. Irgendetwas war mit mir, und dieses Etwas ging von dieser Gestalt aus.
Sie war höchstens noch drei Schritte von mir entfernt. Ich hätte jetzt zur Seite gehen können, aber das war nicht drin, ich kam einfach nicht weg.
Dafür ging der andere.
Sehr nahe sah ich ihn vor mir.
Und jetzt auch sein Gesicht. Diese bleiche Haut, die leicht aufgedunsen wirkte. Ich sah ein bleiches Lippenpaar und zum ersten Mal auch die Augen.
Schwarz waren sie. Sie hatten sich der
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