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1812 - Ein historischer Roman (German Edition)

1812 - Ein historischer Roman (German Edition)

Titel: 1812 - Ein historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ludwig Rellstab
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sein?«
    »Er ist es vorläufig für einige Tage, alsdann wird sich manches anders gestalten, denn aus sicherer Quelle weiß ich, daß St.-Luces nicht länger als höchstens noch zwei Tage hier bleiben kann. Ist er, den ich allein für fähig halte, ränkesüchtig zu verfahren, erst fort, so geht die Sache ihren gewöhnlichen Gang; und alsdann wird, nach den Einleitungen, die ich getroffen, nichts mehr zu besorgen sein. Nur müssen Sie beide mir Ihr festes Versprechen geben, ganz nach meiner Vorschrift zu handeln; sonst kann ich für nichts bürgen.« – »Unbedingt« rief Ludwig.
    Bernhard schwieg; in seiner, alle Verhältnisse spähend überschauenden Seele keimte der furchtbare Argwohn auf, daß Rasinski es nicht redlich meine. Fast war er entschlossen, sich mit einem kühnen Schritte Gewißheit zu verschaffen und zu erklären, er werde nicht gehorchen, werde nicht Soldat werden, sondern allein für seine Rettung sorgen. Nur der fest gefaßte Vorsatz, daß er Ludwigs Schicksale teilen wolle, mochten sie sich auch noch so rauh gestalten, hielt ihn von der Unbesonnenheit, die er zu begehen im Begriff war, zurück. »Ich teile in allem, was da kommen mag, Schicksal und Entschluß meines Freundes; mehr kann ich nicht versprechen«, sprach er nach einigen Sekunden und reichte dem Grafen die Hand dar. Rasinski ahnte etwas von dem, was in seiner Seele vorgegangen sein mochte; es machte ihn einen Augenblick unwillig, doch sein großmütiger Sinn verzieh das Unrecht, welches ihm durch den Verdacht angetan wurde, fast so schnell, als er es entdeckt hatte.
    »Nun denn,« antwortete Rasinski, »so hören Sie was geschehen ist, und was noch geschehen soll. Ich kenne die Frauen; ihre Gewissenhaftigkeit ist oft so groß, daß sie sich selbst gegen die teuflischste Arglist nicht durch irgendeine Unwahrheit zu waffnen vermögen. Mein ganzer Versuch, Sie zu retten, konnte an dem Unvermögen Ihrer Mutter oder Schwester scheitern, bei einer richterlichen Frage irgendeinen Umstand nur zu verschweigen, vollends aber ihn anders anzugeben. Diese schöne Reinheit weiblicher Gesinnungen, die sie in der Zurückgezogenheit von dem uns Männer so vielfach befleckenden Verkehr des Lebens bewahren, konnte hier unser aller Verderben werden. Darum wählte ich den sichersten Weg, nämlich den, die Ihrigen nur so weit zu unterrichten, wie sie aussagen dürfen, ohne uns schaden zu können. Mit dem Zettel von Ihrer Hand, der mir als Vollmacht dienen sollte, sandte ich einen mir durchaus ergebenen Kriegsgefährten, den ich gestern vormittag hier traf und auf dessen Treue ich Felsen bauen kann, zu Ihrer Mutter. Er mußte darauf dringen, daß sie sofort mit Ihrer Tante nach dem Gute abreisen solle, indem Sie gestern in Pillnitz in einen Ehrenhandel mit einem französischen Offizier geraten seien, der heute in aller Frühe entschieden würde und Sie nebst Ihrem Freunde und Sekundanten Bernhard vielleicht zwänge, Dresden auf das schleunigste zu verlassen. Alsdann bliebe Ihnen kein anderes Mittel, sie noch zu sprechen, als auf dem Gute der Tante. Diese Nachrichten, beglaubigt durch die Zeilen Ihrer Hand, reichten hin, die Ihrigen zu bestimmen. Und wenn man sie jetzt auf der Folter befragte, so würden sie nichts anderes auszusagen wissen, als was ich Ihnen soeben erzählt habe. Sie selbst werden nun dafür zu sorgen haben, Ihre Mutter zu einem Aufenthalte von einigen Tagen auf dem Gute zu bestimmen, unter dem Vorwande, daß alsdann die ersten unangenehmen Folgen, denen sie mit ausgesetzt wäre, vorüber sein würden.«
    Bernhard erkannte jetzt seinen Irrtum mit froher Reue. »Vortrefflich, schlauer Odysseus,« rief er aus, »ihr schafft uns wirklich aus der Höhle des Zyklopen heraus. Nehmt dafür hier meine Hand zum Pfande, daß euch mein Kopf jederzeit zu Diensten stehen soll.«
    »Ihr seht wohl ein, liebe Freunde,« begann Rasinski freudig, »daß ich euerer beiderseitigen Zustimmung gewiß sein mußte; denn wolltet ihr nicht durchaus nach meiner Vorschrift handeln, so könnte unser ganzes Spiel aus Mangel an Übereinstimmung der Maßregeln verloren gehen. Falls das Gut nicht so weit von der Straße nach Posen, die ihr noch heute einschlagen müßt, entfernt liegt, so ist bei dem Abschiede nichts zu besorgen. Einen großen Umweg aber dürfen wir wegen des Zeitverlustes nicht wagen.«
    »Gott sei Dank,« rief Ludwig und drückte dem Grafen froh bewegt die Hand; »das Gut liegt nicht eine Viertelstunde abseit der Straße.«
    »Jaromir und Boleslaw,«

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