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1812 - Ein historischer Roman (German Edition)

1812 - Ein historischer Roman (German Edition)

Titel: 1812 - Ein historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ludwig Rellstab
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Weisung, euch aufzugreifen; auf dem ganzen Kontinent befindet sich kein einziger Punkt, wohin die Macht der französischen Polizei – denn diese ist es, die euch verfolgt – nicht reichte; ausgenommen die Armee, wo man euch erstlich nicht sucht, und wo sich zweitens durch die unmittelbare Einwirkung des Chefs alle Nachforschungen der Art vereiteln lassen, wenn er sie vereiteln will.«
    »Ich werde mich in das, was unvermeidlich ist, zu fügen wissen«, sprach Ludwig Mit Fassung. »Doch – meine Mutter, meine Schwester werden untröstlich sein! In ihrer Seele leide ich unaussprechlich! Und in deiner, mein Bernhard! daß ich dich in diesen Abgrund ziehe – –« Hier wandte er das Haupt und legte die Hand schwermütig gegen die Stirn. – Bernhard hielt das Auge finster schweigend auf den Boden geheftet; nach einigen Augenblicken begann er: »Soldat oder Galeerensklave zu sein, ist nach meinem Gefühl dasselbe. Ich meinesteils ließe mich mit Vergnügen statt dessen hängen. Doch wenn mich auch das Schicksal nicht jetzt mit dir zusammenkuppelte, wenn ich frei wie ein Vogel von hier nach England zurückfliegen könnte – hier meine Hand darauf, ich zöge doch die Uniform an und würde dein Kamerad. Ich verlange nichts weiter, als daß du mir dies glaubst.« Ludwig reichte ihm stumm die Hand, blieb aber abgewendet in tiefster Erschütterung stehen.
    »Ihr werdet euer Los liebgewinnen lernen, meine Freunde,« sprach Rasinski; »denn ich hoffe, ihr sollt nur die schöne, die rühmliche Seite unsers Standes kennen lernen. Ihr tretet als Volontärs ein; ich werde euch durch irgendein Dienstverhältnis zunächst an meine Person knüpfen. Wir wollen dann als Freunde und Zeltkameraden leben. Es stände in meiner Gewalt, euch sogleich zu Offizieren zu ernennen; aber es wäre wider mein Gewissen und wider euer eigenes Wohl. Denn als Befehlshaber, wenngleich einer geringen Mannschaft, würdet ihr eine Verantwortlichkeit haben, von der euch selbst der Kaiser nicht entbinden könnte. Um aber dabei nicht Gefahr zu laufen, müßtet ihr den Dienst verstehen, den Krieg kennen. Der Ehrgeiz des Soldaten kann euch nicht treiben; daher ist das Verhältnis, das ich euch bestimme, ein ungleich besseres für euch. Euere Bildung sichert euch die Gemeinschaft mit den Offizieren; meine Freundschaft für euch wird euch die andern Vorteile schaffen, die dem Gebildeten wert scheinen. Wenn nur wenige Monden vergangen sind, so läßt sich indessen vielleicht ein Ausweg finden, der alles ins gleiche bringt. Betrachtet euern neuen Stand als eine Verkleidung, die ihr einstweilen gewählt habt; in irgendeiner Verkappung müßtet ihr dennoch das spähende Auge euerer Feinde zu täuschen suchen. Diejenige, welche ich euch vorschlage, scheint mir wenigstens die ehrenvollste, die am leichtesten zu ertragende und, was am meisten in Betracht kommt, die einzig sichere.« Rasinskis vernünftige, wohlwollende Rede flößte selbst dem starrsinnigen Bernhard Vertrauen ein und brach seinen heftigen Widerwillen in etwas. Ludwig erkannte, daß ihm keine Wahl blieb; mit geläuterter Kraft seines Willens wußte er das Notwendige frei zu tragen. Doch Freund, Schwester und Mutter in dieses Unglück zu verflechten, das schmerzte ihn in tiefster Brust.
    »Weiß meine Mutter schon,« fragte er mit zitternder Stimme, »um das Geschehene?« – »Sie ist hinlänglich vorbereitet,« antwortete Rasinski, »und hat sich mit einer Festigkeit dem Notwendigen unterworfen, die ich bewundern muß. Ihre Schwester ist ungleich tiefer erschüttert.« – »Marie!« rief Ludwig schmerzvoll aus. »O, ich weiß auch, was sie dabei am bittersten kränkt! Das deutsche treue Herz!« Über Bernhards Stirn flogen finstere Wolkenschatten.
    »Wird man aber,« fragte Ludwig, »meine Flucht nicht meiner Mutter zur Schuld anrechnen? Wird sie nicht die Rache der Gewalthaber zu fürchten haben? Erfahre ich, daß man ihr nur die leiseste Kränkung zufügt, so kehre ich zurück!« – »Beruhigen Sie sich,« antwortete Rasinski; »bereits habe ich alles so eingeleitet, daß die Ihrigen nichts zu fürchten haben. Sie sind in diesem Augenblicke schon nicht mehr in Dresden, sondern auf dem Gute Ihrer Tante« – »Wie?« rief Ludwig; »so sollte ich sie vielleicht nicht wiedersehen?« – »Ich denke doch,« antwortete Rasinski, »obwohl ich's Ihnen nicht gewiß versprechen kann.« –»Das wäre das Härteste von allem«, seufzte Ludwig. »Sollte aber der Aufenthalt auf dem Gute hinreichend sicher

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