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1813 - Kriegsfeuer: Roman (German Edition)

1813 - Kriegsfeuer: Roman (German Edition)

Titel: 1813 - Kriegsfeuer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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Dutzend Schubkarren gerollt, auf denen uniformierte Verwundete mit blutigen Verbänden kreuz und quer lagen. Sie wirkten selbst aus dieser Entfernung ausgemergelt, fiebrig und fast verhungert. Manche lagen reglos in so unnatürlich verrenkten Stellungen, dass sie vielleicht schon tot waren. Man hätte die Gefährte für Totenkarren halten können, würde nicht das Stöhnen einiger Männer bis zu ihnen hinauf ins Obergeschoss hallen.
    Der Major räusperte sich dicht hinter ihr. »Das sind die Verwundeten von Bautzen.«
    »Und man karrt sie tagelang, ja wochenlang durchs ganze Land bis hierher?«, rief die Tante entgeistert. »Findet sich denn niemand, der sich dort um sie kümmert?«
    »Überall bis hierher sind die Lazarette überfüllt, oder das Nervenfieber ist in den Städten ausgebrochen. Deshalb fahren sie die Männer so weit, bis sie jemand aufnehmen kann.«
    Jette sah schon den schmächtigen Dr. Bursian auf die traurige Kolonne zueilen.
    »Das ist ja furchtbar!«, hauchte Johanna.
    »Das ist der Krieg«, antwortete der Major.

Gewagtes Manöver
    Nahe Zwickau, 29 . Mai 1813
    A n diesem Tag Ende Mai sollte dem Rittmeister von Colomb sein größter Siegeszug gelingen – ein derart tollkühnes und erfolgreiches Husarenstück, dass Napoleon bei der Nachricht darüber einen Wutanfall bekam und brüllte, was denn noch alles vonnöten sei, um dieser Colombschen Räuberbande endlich habhaft zu werden.
    Als der preußische König vom Ausgang der Unternehmung erfuhr, beförderte er Colomb zum Major und verlieh ihm das Eiserne Kreuz, das er erst im März als Auszeichnung für besondere Tapferkeit gestiftet hatte. Der Zar belohnte seinen Wagemut und den der Leutnants Katte und Eckardt mit dem St.-Annen-Orden.
    Viel wichtiger jedoch war, dass sich die Einzelheiten dieses Sieges schnell herumsprachen und bald halb Deutschland über die Blamage der Franzosen lachte. Eine Rheinbund-Fürstin lud sogar den preußischen – also eigentlich »feindlichen« – Husaren zum Tee ein, um ihm ihre Sympathie zu versichern.
    Doch es war auch der Tag, an dem Felix Zeidler, der sonst so Stille, der sich erstaunlich gut an sein neues Leben angepasst zu haben schien, vollkommen die Fassung verlor und seinen Kommandeur anbrüllte, wie er noch nie in seinem Leben jemanden angeschrien hatte.
     
    Die Verlockung war einfach zu groß: eine französische Artilleriekolonne von zweiundsiebzig Fahrzeugen – Kanonen, Haubitzen, Munitionswagen, Feldschmieden. Dazu kamen an die vierhundert Pferde. Aber leider auch der Umstand, dass dieser bedeutende Zug von sicherlich drei- bis fünfhundert Mann geschützt sein würde.
    Doch der Husarenrittmeister konnte gar nicht anders, als sich einen Plan zu überlegen, um an dieses Arsenal heranzukommen, das ganz in seiner Nähe durch die Gegend zog. So viele Waffen und so viel Ausrüstung durften einfach nicht in der Hand des Feindes bleiben! Es wurde für Colomb zu einer Frage der Ehre, das alles den Franzosen abzujagen.
    Er hatte den gewaltigen Train schon seit Tagen beobachten lassen und wusste, dass die Kolonne heute in Zwickau erwartet wurde und dort für einen Tag bleiben sollte. Er wusste auch, dass seine Männer ebenso mit dieser Beute liebäugelten wie er und es ihnen in den Fingern juckte, den Franzosen die Kanonen und die Munition zu entreißen.
    Weil es aussichtslos war, einen so starken Verband zu attackieren, wenn er in Gebäuden verschanzt war, entschied Peter von Colomb, während des Marsches anzugreifen; also diesmal am Tage, nicht bei Nacht. Das erschien ihm als das geringere Risiko.
    Sein Plan stand fest. Doch um seinen Männern die Lage und die damit verbundenen Gefahren in aller Eindringlichkeit klarzumachen, ließ er sie gleich bei Tagesanbruch antreten.
    »Heute steht uns eine sehr ernste und wichtige Unternehmung bevor. Wir werden den Artilleriepark erobern, bevor er Zwickau erreicht«, verkündete er und erntete dafür lauten Jubel. Mit einer Handbewegung brachte er seine Schar wieder zur Ruhe.
    »Jeder von Ihnen hat in den letzten Wochen Mut und Umsicht bewiesen. Wir waren bisher stets erfolgreich, und das ohne eigene Verluste. Doch heute haben wir es mit einer drei- bis vierfachen Übermacht zu tun. Also bewahren Sie Ruhe und befolgen Sie unbedingt jeden meiner Befehle! Mit Gott, für König und Vaterland!«
    »Mit Gott, für König und Vaterland!«, riefen die Männer wie aus einem Mund.
    »Wir greifen im Hohlweg auf der Straße nach Zwickau an«, erläuterte Colomb seinen Plan. »Dort

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