1813 - Kriegsfeuer: Roman (German Edition)
macht die Straße einen Bogen und führt auch noch den Berg hinauf. Das machen wir uns zunutze. Wir werden sozusagen die Enden der Bogensehne sein. Leutnant Katte, Sie gehen mit vierunddreißig Reitern voraus, legen sich in einen Hinterhalt und warten auf die Avantgarde . Wenn die nicht übermäßig stark ist, greifen Sie an und geben Signal, dann attackiere ich von hinten mit den übrigen Männern den Haupttrupp. Ist die Avantgarde zu stark, machen wir es umgekehrt. Dann beginne ich den Angriff und gebe Ihnen mit ein paar Schüssen das Zeichen für Ihren Einsatz. Wir treiben sie von beiden Enden der Kolonne in den Hohlweg. So können sie nicht aneinander vorbei, und es wird ein großes Durcheinander geben. Und Sie« – nun rief er ein paar besonders waghalsige seiner Husaren auf – »reiten auf die Trainsoldaten in der Mitte zu und sorgen dort für noch mehr Verwirrung. Haben das alle verstanden?«
Ein vielfaches »Jawohl, Herr Rittmeister!« erscholl.
»Diesmal wird’s wohl blutig zugehen«, flüsterte Richard Felix zu und zog probehalber seinen Säbel schon ein Stück aus der Scheide. Ein bisschen sorgte er sich, ob sein Freund der Sache gewachsen war. Doch der verzog keine Miene. Richard hatte keine Ahnung, was in ihm vorgehen mochte. Dabei hatte er gedacht, ihn gut zu kennen.
Einer der Späher führte inzwischen einen Ochsenkarren zu Colomb.
»Wollen Sie nach Zwickau?«, fragte der Rittmeister den Fuhrmann, welcher mit heiserer Stimme bejahte und die Uniformen der Bewaffneten um sich herum neugierig musterte.
»Dann muss ich Sie auffordern umzukehren. Sie können jetzt nicht dorthin.«
Der Fuhrmann fing an, sich aufzuregen, er müsse seine Lieferung pünktlich abgeben, sonst bekomme er Ärger. Und er müsse auch unbedingt heute noch zurück.
Der Rittmeister hörte sich das Lamento zwei Sätze lang an, dann zog er seine Pistole und richtete sie auf den Kutscher. »Kehren Sie um! Sonst muss ich Sie erschießen, so leid es mir tut.«
Der Mann erstarrte zur Salzsäule, der Mund blieb ihm offen stehen, bis er nach einigen Momenten der Sammlung hervorbrachte: »Selbstverständlich kehre ich um, Herr General … Wenn Sie die Güte hätten …«
Gelassen steckte Colomb seine Pistole wieder ein. Natürlich hätte er den Zivilisten nicht erschossen. Aber sie durften jetzt niemanden mehr die Straße passieren lassen, der sie gesehen hatte.
»Volontärjäger Zeidler, Jäger Hellbig!«
Felix zuckte leicht zusammen und nahm Haltung an.
»Es ist Ihre Aufgabe, jeden aufzuhalten, der diese Straße entlangkommt. Sie bewachen die Passanten und den Fuhrmann, bis Sie Nachricht erhalten, dass die Leute wieder frei gehen können, wohin sie wollen.«
Felix bestätigte den Befehl und wusste nicht, ob er erleichtert darüber sein sollte. Offensichtlich wollte ihn der Rittmeister aus dem Kampfgetümmel heraushalten. Weil er ihm nicht viel zutraute? Dabei hatte er das beste, schnellste Pferd! Und jeder konnte sehen, wie gut er und Joséphine miteinander zurechtkamen, auch ohne Kandare. Der Jäger Hellbig war verletzt und taugte in Colombs Augen wohl gerade noch dazu, einen verängstigten Kutscher und ein paar harmlose Passanten aufzuhalten. Schätzte der Rittmeister ihn auch so ein?
Oder sollte er am Ende froh darüber sein, nicht den Säbel schwingen oder auf Menschen schießen zu müssen?
»Führen Sie diese Leute an den Waldrand und sorgen Sie dort für ein bisschen Bewegung, damit der Feind denkt, der Wald sei von uns besetzt«, instruierte der Kommandeur sie.
Hellbig und Felix bestätigten erneut und ritten zum Kutscher, der nun keinerlei Widerspruch mehr erhob und sein Gespann umlenkte, um ihnen zu folgen.
Richard dagegen wurde der Gruppe zugeteilt, die unter Führung des Rittmeisters den hinteren Teil der Kolonne angreifen sollte.
Wieder einmal lagen sie versteckt im Wald. Es mochte sieben Uhr in der Frühe sein, als sich die Avantgarde näherte und direkt vor ihnen hielt.
Siebenundvierzig Reiter. Das sind zu viele für Katte, dachte Richard besorgt. Müssen wir also den ersten Angriff führen? Er spürte, wie ihm trotz der morgendlichen Kühle der Rücken schweißnass wurde.
Und warum standen die da unten auf der Straße herum, statt weiterzureiten? Das konnte doch kein Zufall sein!
»Denkst du, sie wissen, dass wir hier sind?«, fragte er leise den Jäger neben sich, einen jungen Mann namens Neuendorf, der – wie sich herausgestellt hatte – aus der gleichen Gegend wie Felix kam. Er und der fröhliche
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