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1813 - Kriegsfeuer: Roman (German Edition)

1813 - Kriegsfeuer: Roman (German Edition)

Titel: 1813 - Kriegsfeuer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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hierhergekommen? Und wo wohnst du?«
    »Bei den Reclams.« Das war die Familie eines Buchhändlers und Verlegers, der sein Geschäft in der Grimmaischen Straße hatte. »Da ist Franz gut aufgehoben, er kann bei dem kleinen Philipp bleiben, Reclam junior. Der ist etwa in seinem Alter.«
    Jettes Gesichtszüge erstarrten.
    »Du hast
Franz
mitgebracht? Hierher? Hast du denn vollkommen den Verstand verloren? Schlimm genug, dass du hier auftauchst! Dein Vater und deine Mutter werden sich zu Tode sorgen …«
    »Das musst du mir gerade vorwerfen!«, hielt er ihr hart vor. »Weißt du, was zu Hause los war, nachdem du plötzlich verschwunden warst? Mutter dachte, du seist ins Wasser gegangen, und wollte schon die Schlossteiche nach dir absuchen lassen. Und Vater grämt sich fast zu Tode! Er gibt sich die Schuld, dich nicht genug behütet zu haben, und wagt kaum zu hoffen, dass du noch lebst …
Das
hast
du
angerichtet! Denk einmal darüber nach!«
    Er zog Jette ein Stück weg von Brunnen und Kirche, damit niemand ihren Streit verfolgen konnte. »Und was Franz betrifft: Der ist mir nachgeschlichen. Als ich ihn entdeckte, konnte ich ihn nicht mehr fortschicken. Aber er ist ein schlaues Bürschchen und hat sich wacker mit mir durchgeschlagen, ohne auch nur einmal zu jammern. Du kannst stolz auf ihn sein!«
    »Stolz? Auf euch zwei Narren?«
    Jette wurde immer wütender. »Ich sage dir jetzt, was du tun wirst: Du gehst sofort zu Reclams in die Grimmaische Straße, von der hoffentlich die Toten inzwischen aufgelesen sind, nimmst meinen Bruder, und dann verlasst ihr auf der Stelle diese Stadt! Heute herrscht Waffenruhe, heute könnt ihr noch durchkommen. Morgen bricht hier die Hölle aus, und da will ich euch weit weg wissen. Hast du mich verstanden?«
    In ihrer Verzweiflung packte sie ihn mit beiden Händen am Revers.
    Gekränkt wehrte Eduard sie ab. »Du behandelst mich immer noch, als wäre ich ein Kind!«
    Gerade noch hielt er die gehässige Bemerkung zurück, die ihm auf der Zunge lag und sich auf sie und diesen Seconde-Lieutenant bezog. Oder Premier-Lieutenant.
    »Ihr seid hier einfach nicht sicher!«, sagte sie beinahe flehend.
    »Und du?«
    Jette zuckte mit den Schultern. »Ist doch egal, was mit mir geschieht.«
    Ein eisiger Windstoß fuhr ihr durchs Haar, durch die Kleider und ließ sie vor Kälte zittern.
    »Ist es nicht!«, widersprach Eduard heftig. »Mir nicht, Franz nicht, meinen Eltern nicht! Bei uns zu Hause ist die Stimmung wie auf einem Friedhof. Bei den Trögers auch. Kurz nachdem du fortgegangen bist, haben die Franzosen das Fuhrwerk und alle Pferde requiriert, sogar das Fohlen. Alle Kinder tot oder fort, der Broterwerb verloren … Lisbeth hat ja kaum noch was zu kochen. Um dich sorgt sie sich auch, das sieht jeder.«
    Bibbernd schlang Jette die Arme um den Körper. Nun fing es auch noch zu regnen an. Ihre Füße in den durchnässten Schuhen und Strümpfen schienen zu Eisklumpen zu erstarren.
    »Und jetzt sorgen sich
deine
Eltern noch um dich und Franz!«, hielt sie Eduard vor, während ihre Stimme vor Kälte zitterte. »Ihr habt hier nichts zu suchen. Überall ist es besser als hier. Also tu mir den Gefallen und bring meinen Bruder wieder heim, in Sicherheit. Und dich!«
    Ihr Cousin verschränkte störrisch die Arme und schwieg.
    »Außerdem: Verrate weder den Reclams noch deinen Eltern, wo du mich gefunden hast!«, forderte sie. »Das musst du mir schwören!«
    »Willst du sie denn nicht wenigstens wissen lassen, dass du noch lebst?«, fragte Eduard eindringlich. Jetzt klang seine Stimme flehend.
    »Wenn dir wirklich etwas an mir liegt, dann vergesst mich, so schnell ihr könnt! Streicht mich aus eurem Leben, als hätte es mich nie gegeben.«
    Als er schwieg, sagte sie leise und mit gesenktem Kopf: »Du weißt, was geschehen ist. Es würde euer Geschäft ruinieren.«
    »Wen kümmert das Geschäft!«, schrie Eduard. »Es ruiniert
sie:
Mutter, Vater und deinen Bruder. Mich!« Nun war es heraus.
    Henriette hielt den Kopf immer noch gesenkt. »Geh jetzt einfach.«
    Als er sich nicht rührte, stieß sie ihn vor die Brust. »Geh! Los, geh!«
    Aber Eduard ließ sich nicht von ihr wegschubsen. »Du kümmerst dich um all diese Fremden hier!«, rief er und schwenkte den Arm über den Platz. »Aber die, die dich lieben, deinen Nächsten, denen brichst du das Herz! Findest du das barmherzig? Dass deine Familie nicht wissen darf, ob du noch lebst?«
    … brichst du das Herz …
    Vielleicht waren es diese Worte, die die

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