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1813 - Kriegsfeuer: Roman (German Edition)

1813 - Kriegsfeuer: Roman (German Edition)

Titel: 1813 - Kriegsfeuer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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größten Leichtigkeit und Selbstverständlichkeit.
    »Auf Wiedersehen, Henriette«, sagte er, trat an sie heran und küsste ihr erst die linke, dann die rechte Wange. Aus dem Augenwinkel sah Jette, dass sein Vater überrascht wirkte, dann aber mit einem anerkennend-zynischen Lächeln auf seinen Sohn blickte, unverkennbar stolz.
    Ihr wurde glühend heiß im Gesicht, sie glaubte, im Erdboden versinken zu müssen, dennoch brachte sie ein heiseres »Gott schütze Sie!« heraus.
    Étienne stieg in den Sattel, gab seinen Männern das Kommando zum Abmarsch und warf ihr noch einmal einen Blick zu. Er winkte sogar kurz in ihre Richtung und lächelte, bevor er dem Schimmel die Sporen gab.
    Und mit einer winzigen, kaum wahrnehmbaren Geste erwiderte Jette sein Winken.
    Die kleine Gruppe vor dem Gerlachschen Haus schien einen Moment lang wie versteinert. Franz starrte seine Schwester mit offenem Mund an. Eduard, der sich im Hintergrund gehalten hatte, sah Étienne mit hasserfülltem Blick nach.
    Sichtlich vergnügt gab dagegen der Major Karl ein Zeichen, ihn zu seinem Pferd zu begleiten.
    Kaum waren beide außer Hörweite, fauchte Johanna ihrer Nichte eisig zu: »In die Bibliothek! Sofort!«
     
    In Erwartung heftiger Vorwürfe – aber natürlich nicht hier auf dem Markt, vor allen Leuten – lief Jette mit gesenktem Kopf voraus. Schon das energische Fußstampfen der Tante die Treppe hinauf ließ erahnen, welcher Zorn gleich über sie hereinbrechen würde.
    Sie wusste nicht, ob sie erleichtert oder doppelt beschämt darüber sein sollte, dass der Oheim seiner Frau in die Bibliothek folgte, bevor diese die Tür schließen konnte. Friedrich Gerlach blickte so streng und fassungslos, wie sie ihn noch nie erlebt hatte – und sehr enttäuscht.
    »Was hatte das eben zu bedeuten?«, platzte die Tante sofort heraus, als sie zu dritt in dem Lesezimmer waren. »Vor aller Augen! Wie weit bist du mit ihm gegangen, dass er sich so etwas herausnehmen kann?«
    »Es ist nichts zwischen uns passiert, ich schwöre es«, verteidigte sich Jette.
    »Wie soll ich das glauben, wenn du ihm vor aller Welt erlaubst, dich zu küssen? Auf dem Marktplatz! Das wird jetzt schon die Runde durch die ganze Stadt machen. Die Leute werden dich Soldatenliebchen nennen, und das wird noch die freundlichste Bezeichnung sein. Kein anständiger Mann wird jemals um dich anhalten. Wie konntest du nur!«
    Johanna schluchzte auf, weil sie all ihre Bemühungen gescheitert sah, Jette gut unter die Haube zu bringen, und weil sie die Auswirkungen dieses Skandals auf das Geschäft fürchtete. Sie hätte in diesem Moment nicht sagen können, was davon sie schlimmer fand.
    Es ging um die Existenz der Familie, die nun noch um zwei Häupter angewachsen war!
    »Tante, Onkel, ich schwöre es … Ich habe ihm keinerlei Vertraulichkeiten erlaubt«, wiederholte Jette mit allem Nachdruck. »Bis auf diese eine eben in aller Öffentlichkeit.«
    »Es macht es nicht besser, wenn ihr euer Techtelmechtel nicht heimlich, sondern vor der ganzen Stadt treibt!«, fuhr ihr die Tante wütend dazwischen. »Was um alles in der Welt hat dich dazu gebracht, das zuzulassen?«
    Johanna schneuzte kräftig in ein Taschentuch, das ihr Mann ihr wortlos gereicht hatte.
    Hilfesuchend sah Jette zu ihrem Oheim. »Er wollte seinen Vater glauben machen, mich erobert zu haben, damit der Major mich in Ruhe lässt.«
    »Wie wunderbar, und jetzt glaubt das die ganze Stadt!«, rief Johanna schrill.
    »Ist dir der Major etwa zu nahe getreten?«, fragte der Onkel bestürzt.
    Und da stieg wieder diese große Wut in Jette auf, so wie damals, als sie den Plünderer niedergeschlagen hatte.
    »Ihr habt es doch selbst gesehen!«, platzte sie heraus. »Ihr habt dabeigesessen und zugeschaut, wie er mir mit seinem Walzer auf den Leib rückte und in den Ausschnitt starrte. Herausgeputzt habt ihr mich noch dafür! Ich kam mir vor … wie zum Fraß vorgeworfen.«
    Erst der Blick auf den bleich gewordenen Oheim ließ sie verstummen. Friedrich Gerlach ließ sich nur selten aus der Ruhe bringen, aber dieser Vorwurf schien ihn bis ins Mark getroffen zu haben. Seine Augen hinter den ovalen Brillengläsern wirkten riesengroß und starr.
    »Entschuldigt, das wollte ich nicht sagen«, schluchzte Jette. »Aber ich fühle mich so schrecklich ausgeliefert …«
    Durchdringend blickte der Oheim sie an. »Wir haben dich nicht herausgeputzt, um dich diesen Männern feilzubieten! Wie kannst du nur so etwas von uns denken? Deine Tante tat es, damit

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