1822 - Ich jagte die böse Äbtissin
Ort nicht so klein war. Es dauerte schon seine Zeit, bis die Grenze erreicht worden war. Von dort aus musste sie noch einen Kilometer laufen, um zum Kloster zu gelangen. Sie hätte auch ihr Fahrrad nehmen können, damit war sie gekommen, aber das hatte sie in der Eile vergessen. So eilte sie zu Fuß dem Kloster entgegen und fragte sich, was mit der alten Nonne passiert war. Pia hatte noch gesehen, wie sie zu Boden gestürzt war, und sie hoffte, dass ihr jemand geholfen hatte.
Dann gab es da noch die beiden Fremden.
Mit ihnen hatte sie ihre Probleme. Sie wusste nicht, wer sie waren, aber unsympathisch waren sie ihr auch nicht, denn sie hatten etwas an sich, das Pia faszinierte.
Sie wollte nicht weiter über die Fremden nachdenken und zusehen, dass sie so schnell wie möglich ins Kloster kam. Sollte Clarissa die Entscheidung treffen, Pia fühlte sich zu schwach dafür.
Endlich lag der Ort hinter ihr. Das heißt, sie kam nicht mehr an Wohnhäusern vorbei. Dafür an einer Getreidemühle, die tatsächlich noch existierte, und auch eine Tankstelle gab es.
Die allerdings war nicht mehr in Betrieb. Seit zwei Jahren fand sich kein Pächter mehr, und jetzt hofften alle, dass die unterirdischen Lager dicht waren und kein Sprit in den Boden lief.
An der Tankstelle musste sie vorbei, und sie merkte, dass sie schon leicht ausgepumpt war. Sie hatte ja keine kurze Strecke zurückgelegt, sondern eine längere und die recht flott. Auch wenn sie nicht mehr lange zu gehen hatte, brauchte sie eine Pause, und die legte sie an der Tankstelle ein. Sie betrat das Gelände, auf dem die Natur dabei war, sich auszubreiten. Sie holte sich das Gebiet zurück, das man ihr genommen hatte.
Mit dem Rücken lehnte sich Pia gegen eine alte Zapfsäule. Jetzt fiel ihr ein, dass sie den Korb mit den Einkäufen hatte stehen lassen. Das würde Ärger geben, doch das war ihr egal.
Mit ihrem Kopf stimmte etwas nicht. Sie hatte das Gefühl, jemand würde von innen gegen ihre Stirn klopfen. Es war ein heftiges Pochen, verbunden mit leichten Schmerzen.
Sie musste weiter.
Bis zum Kloster würde sie es schaffen. Auch weiterhin blieb die Stille bestehen, die dann allerdings von einem bestimmten Geräusch durchbrochen wurde.
Pia war noch so stark mit sich selbst beschäftigt, dass sie dem Geräusch keine weitere Aufmerksamkeit schenkte. Erst als es lauter wurde, blieb sie stehen und drehte sich um.
Es war nicht die Hauptstraße, an deren Rand sie sich aufhielt, sondern eine Nebenstrecke, die meistens von landwirtschaftlichen Fahrzeugen benutzt wurde.
Das traf in diesem Fall nicht zu. Pia hatte einen Blick zurückgeworfen und erkannte einen schwarzen, recht flachen Wagen, der sie verfolgte oder das gleiche Ziel hatte wie sie. Er holte auf.
Und plötzlich kam es über sie wie ein Schwall Wasser. Jetzt wusste sie, wer in dem Auto saß und die gleiche Strecke fuhr, die auch sie vor sich hatte.
Es waren die beiden Männer vom Saftstand …
***
Die alte Nonne war tot. Davon hatte sich der Konstabler überzeugt. Danach stand er recht ratlos neben uns und überlegte, was er tun sollte, denn auf so etwas war er nicht vorbereitet. Hier in Denton wurde eines natürlichen Todes gestorben.
Kreidebleich stand er neben uns. Der Bürgermeister war auch gekommen, und so konnten wir gemeinsam beraten.
Suko und ich hatten die Erfahrungen, die wir jetzt an die Männer weitergaben.
Wir sorgten dafür, dass die Leiche weggebracht wurde. Es gab zwar keinen Sargtischler, aber einen Schreiner. Dort sollte sie erst mal bleiben.
Wir wurden gefragt, was wir vorhatten.
»Zum Kloster«, sagte Suko.
Der Konstabler winkte ab. »O je, das würde ich Ihnen nicht raten, ehrlich nicht.«
»Warum nicht?«
»Mit den Nonnen ist nicht gut Kirschen essen. Es käme einem kleinen Wunder gleich, wenn man Sie reinlassen würde.«
»Das werden sie in diesem Fall wohl müssen«, sagte der Bürgermeister.
Ich nickte. »Ja, das glaube ich auch.«
Er trat noch näher an uns heran, sodass wir sein billiges Rasierwasser riechen konnten. »Kann man den Nonnen denn nicht mehr trauen?«
»So ist es.«
»Und was haben sie angestellt?«
»Das wissen wir noch nicht«, sagte Suko. »Aber so wie sie verhalten sich keine normalen Nonnen.«
»Meinen Sie?«
»Sonst würde ich es nicht sagen.«
Jetzt bekam der Bürgermeister einen roten Kopf. »Welchen Verdacht haben Sie denn gegen die Nonnen?«
»Keinen.«
»Dann ist es gut.«
»Aber es könnte einen geben«, sagte Suko, »und dann wollen
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