1823 - Totenland
Mann.
Er verließ die Nische, wobei er einen gurgelnden Laut von sich gab, bevor er seine Richtung ein wenig veränderte und direkt auf Karina Grischin zukam.
Sie sah, dass es sich um einen Mann handelte.
Sie sah aber noch mehr.
Er bewegte sich mit seltsam steifen Schritten auf die wartende Karina Grischin zu. Durch deren Kopf zuckten die Gedanken wie Blitze, die sich dann in einem trafen und zur Wahrheit führten.
Sie wusste, was mit der Gestalt los war.
Das war kein Mensch mehr, sondern ein Zombie …
***
Ja, etwas anderes konnte diese Gestalt nicht sein. Was sie tat, war typisch für einen Zombie. Dieser Mann bewegte sich mit kleinen, steifen Schritten, hielt sich zwar aufrecht, aber er sah auch aus, als würde es ihn jeden Moment umhauen.
Karina nahm das Erscheinen des Zombies hin. Sie wusste nur noch nicht, wie sie es in Zusammenhang mit Chandras Anruf bringen sollte. Da hatte sie schon ihre Probleme.
Aber erst wollte sie den lebenden Toten kommen lassen, und der ging weiter auf sie zu. Es ging ihm um seine Beute. Zombies mochten Menschen, sie mochten sie nur nicht gern am Leben lassen, das war der große Unterschied.
Da machte auch der Zombie hier keine Ausnahme. Er wollte die Frau.
Er wollte sie töten. Er wollte sie zerreißen, zerstückeln, alles mit ihr machen.
Karina blieb eiskalt trotz der Gefahr, in der sie schwebte, denn sie wusste, wie sie einen Zombie vernichten konnte. Eine Kugel in den Kopf würde seine widerliche Existenz vernichten.
Er kam.
Er öffnete dabei seinen Mund, und es sah so aus, als würde er beißen wollen. Es war dunkel in dieser Gegend. Karina dachte auch nicht daran, ihn mit ihrer Lampe anzuleuchten, sie sah ihn gut genug, und sie konnte nur den Kopf schütteln.
Er stank.
Ihr wehte ein bestimmter Geruch entgegen, aber es war nicht der nach Leichengestank, sondern ein Geruch, der sie an feuchte Erde erinnerte, aber komischerweise nicht an einen Friedhof.
Er ging noch einen Schritt vor.
»Halt!«, flüsterte Karina.
Der Zombie, an dessen Körper die Klamotten wie Säcke hingen, schüttelte den Kopf. Er dachte gar nicht daran, zu gehorchen. Er wollte den Menschen, er wollte die Frau, er wollte ihren Körper, um ihn zu vernichten.
Und so griff er zu.
Es war für Karina ein Leichtes, dem Griff auszuweichen. Sie musste nur einen Schritt nach hinten gehen und sich etwas zur Seite drehen. So fasste er ins Leere.
So leicht kriegst du mich nicht, dachte sie und ging zum Gegenangriff über. Ein Zombie sieht zwar aus wie ein Mensch, aber er war keiner mehr, und das zählte für die Agentin. Sie hatte etwas Bestimmtes vor, und das setzte sie auch durch.
Ihr rechtes Bein wurde zur Sense. Und die jagte gegen die Kniekehlen der lebenden Leiche.
Gegen diesen Tritt wäre auch ein normaler Mensch machtlos gewesen, und der Zombie war es ebenfalls. Er kippte nach hinten, riss seine Arme in die Höhe, was ihm aber auch nichts brachte. Er landete hart auf dem Boden, und wiederum hätte sich ein normaler Mensch sehr wehgetan. Nicht aber dieser Zombie. Er kippte noch nach hinten, aber das war auch kein Problem für ihn.
Augenblicklich schwang er seinen Oberkörper wieder nach vorn. Darauf hatte Karina gewartet. Er wollte nach ihren Beinen fassen, doch so weit ließ sie es nicht kommen. Sie wich einen Schritt zurück. Inzwischen hatte sie ihre Pistole gezogen.
Ein kurzes Hinschauen, ein knappes Zielen, dann drückte sie ab. Die Stille war tief, der Schuss klang überlaut, und dann hieb die Kugel in das Gesicht des Zombies. Etwas spitzte irgendwo hin. Der Körper landete auf dem Rücken. Wie ein großer toter Käfer blieb er liegen, und Karina, die es genau wissen wollte, schaute nach, ob er auch wirklich vernichtet war.
Ja, das war der Fall.
Er hatte seinen endgültigen Tod gefunden. Wie eine schmutzige Puppe in Menschengröße lag er auf der Erde, und da wollte ihn Karina auch liegen lassen.
Der Schuss konnte zwar keine Toten aufwecken, aber er war bestimmt gehört worden, und so musste Karina damit rechnen, dass sie Zuschauer bekommen würde.
Das wollte sie nicht unbedingt, deshalb sah sie zu, so schnell wie möglich von hier zu verschwinden.
Das tat sie auch.
Und sie war davon überzeugt, dass niemand sie gesehen hatte. Ihren Volvo hatte sie auf einem Platz geparkt, der bewacht wurde. Dafür sorgte ein privates Unternehmen. Bei den zwei Wachleuten an der Einfahrt zahlte sie die nicht eben geringe Summe, aber ihr Wagen war unversehrt. Nur das war für sie wichtig.
Es war
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