1823 - Totenland
eine interessante Nacht bisher gewesen, und sie hatte das Gefühl, dass sie noch nicht beendet war …
***
Karina erreichte unbehelligt die Straße, in der sie wohnte.
Hier hatten die Häuser schon viele Jahre auf dem Buckel und alle sechs Stockwerke. Zufahrten zu Hinterhöfen gab es nicht. Diese Bauten stammten noch aus der Zarenzeit und waren gepflegt worden, sowohl innen als auch außen, denn hier hatten sich schon immer die Mächtigen aus der Partei einquartiert. Wer dann etwas Sonne haben wollte, der fuhr vor die Stadt in seine Datscha.
Karina fand eine Parklücke für ihr Auto, stellte es ab, blieb aber noch nachdenklich hinter dem Steuer sitzen.
Erst nach etwa fünf Minuten stieg sie aus und ging die paar Schritte auf die Tür ihres Hauses zu. Sie schloss auf und schob sich in den kalten Flur. Dort machte sie Licht. Den alten Fahrstuhl benutzte sie nicht. Sie ging die Treppe hoch bis zu ihrer Wohnung, die in der ersten Etage lag.
Es war eine dieser Altbauwohnungen mit einem langen Flur und verschiedenen Zimmern.
Wladimir und sie hatten sich in dieser Wohnung immer sehr wohl gefühlt, doch seit er nicht mehr da war, kam ihr die Wohnung so leer und kalt vor. Gern war sie dort nicht mehr, aber sie wollte sie auch nicht aufgeben, denn vielleicht kehrte Wladimir ja noch mal zurück.
Der erste Weg führte sie in die geräumige Küche. Sie brauchte erst mal einen Schluck zu trinken.
Sie leerte das Glas, dann griff sie zur Wasserflasche und ließ sich auf einen Stuhl fallen. Müde war sie nicht, sondern innerlich aufgedreht. Sie wusste, dass ihr etwas Neues bevorstand, und wollte sich darauf einstellen.
Warum war der Zombie erschienen?
Es gab eine klare Antwort für sie. Die Kugelfeste hatte ihn geschickt. Für Karina stand deshalb fest, dass sie sich in der Nähe aufhielt und womöglich alles beobachtet hatte.
Karina hatte kaum den ersten Schluck getrunken, da meldete sich wieder ihr Handy. Erneut sah sie nicht, welche Nummer der Anrufer hatte.
»Na, wieder zu Hause?«
Die Agentin hörte die Stimme und war nicht überrascht, wer sie da angerufen hatte.
»Was willst du, Chandra?«
»Ich mache mir Sorgen um dich.«
Karina lachte. »Ausgerechnet du machst dir Sorgen um mich. Soll ich mich jetzt bedanken oder lachen?«
»Ah, ich höre, dass es dir gut geht. Du scheinst zu Hause zu sein, meine Liebe.«
»Ja.«
»Dann gratuliere ich dir.«
»Wozu?«
»Dass du es geschafft hast.«
»War kein Problem.«
Die Anruferin lachte. »Wie schön.«
»Zombies waren noch nie ein Problem für mich.«
»He, du bist aber …« Ein Lachen folgte. »Du lehnst dich aber weit aus dem Fenster.«
»Das tue ich nicht.«
»Wir werden sehen.«
Karina wollte das Gespräch noch nicht beenden. Sie übernahm wieder das Wort.
»Hast du noch mehr dieser Lächerlichkeiten auf Lager, Chandra? Ich muss schon sagen, dass du tief gesunken bist.«
»Ach, du willst mich provozieren?«
»Nein, ich bin eine Realistin.«
»Wie schön. Dann wirst du auch hinnehmen, dass dein Wladimir sich in meiner Obhut befindet und sich dort recht wohl fühlt.«
»Meinst du damit das Totenland?«
»He, den Namen hast du gut behalten.«
»Das habe ich so an mir.«
»Ja, ja, kann sein, dass wir uns dort wiedersehen, Karina. Ich weiß, dass dir der Name ab jetzt keine Ruhe lassen wird. So gut kenne ich dich inzwischen. Du willst alles so haben wie früher und viel dafür tun, glaube ich.«
Karina unterbrach Chandra. »Und wo kann ich dieses Totenland finden?«
»Du musst es suchen.«
Karina ließ nicht locker. »Sag mir, wo ich es finden kann, verdammt noch mal!«
»Gut, ich sage es dir. Du kannst es zwischen Himmel und Hölle finden, meine Liebe …«
Es reichte. Sie musste nichts mehr sagen, und das tat sie auch nicht. Es war nichts mehr zu hören.
Ich werde mich nicht in die Defensive drängen lassen!, schwor sich Karina.
Totenland!
Das war der Begriff, der ihr nicht mehr aus dem Kopf ging.
Totenland – Rasputin – Wladimir Golenkow, das waren die drei Dinge, die in der Zukunft wichtig sein würden. Sofort stellte sie sich die große Frage, wo dieses Gebiet sein könnte.
Sie wusste es nicht, aber sie ging davon aus, dass es zumindest an einer sehr einsamen Stelle in diesem riesigen Land lag. Da konnte sie jahrelang herumfahren und suchen, ohne eine Spur zu entdecken. Aber das wollte Karina nicht, denn sie hatte etwas anderes vor. Es war zwar nur ein Hilfsmittel, aber der oder das hatte sie schon öfter weitergebracht.
Es ging
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