1824 - Wenn Satan seinen Henker schickt
zuhören können.
Sehr gut sogar. Ich hatte jedes Wort verstanden, und ich wusste jetzt, wie schlecht unsere Chancen standen.
Wirklich schlecht. Die Trümpfe hielt die andere Seite fest. Die sichtbaren und auch die theoretischen. Chandra hatte perfekt vorgearbeitet und uns in eine Falle laufen lassen.
Jetzt war ihre Zeit gekommen. Da konnte sie ihre Gegnerin verhöhnen.
Ich griff nicht ein. Ich schaute zu und sah, dass sich Karina nicht mehr bewegte. Sie war auf der Leiter stehen geblieben.
Auch ich war mit Wladimir Golenkow befreundet. Ich sah ihn jetzt in einem anderen Zustand. Zuletzt hatte ich ihn nur im Rollstuhl sitzend erlebt.
Doch jetzt …?
Er war wieder okay. Danach sah es zumindest aus. Das gab auch Chandra zu. Sie war stolz darauf, und sie war vor allen Dingen darauf stolz, dass der Mensch, Dämon und Magier Rasputin voll und ganz auf ihrer Seite stand.
Da hatte sich eine Einheit gebildet, die verdammt stark und auch gefährlich war. Die wir bekämpfen mussten und nicht wussten, ob das überhaupt zu schaffen war.
Was Chandra wollte, lag auf der Hand. Sie wollte ihre Gegnerin demütigen. Sie wollte ihr zeigen, wie mächtig sie war und wie lächerlich schwach die andere Seite.
Karina liebte Wladimir. Ich wusste nicht, wie ich ihr helfen konnte, aber ich musste jetzt mit ansehen, dass etwas passierte. Zuerst war es nur ein leichtes Zittern, dann sah ich, dass es sich verstärkte. Ich bekam davon nur optisch etwas mit.
Dann sah ich, was passierte.
Die Leiter hatte sich vom Flieger gelöst. Sie kippte nach vorn, und mit ihr auch Karina Grischin, die es nicht geschafft hatte, von ihrer Stufe wegzuspringen.
Sekunden später schlug die Leiter auf und mit ihr Karina Grischin, die diesen Teil des Spiels verloren hatte …
***
Es war schon mehr als ärgerlich, und mir waren Chandra und auch Wladimir im Moment egal. Ich musste mich um Karina kümmern, die reglos neben der Leiter lag.
Die Motoren liefen schon. Ich sah noch, dass die Tür geschlossen wurde, dann bewegte sich der Flieger langsam vorwärts. Er hatte es nicht leicht auf der Wiese, aber er kam voran und konnte sogar Fahrt aufnehmen.
Ich kniete mich neben die Leblose. Ja, sie war wirklich leblos. Denn es gab kein Zeichen dafür, dass sie noch am Leben war. Andererseits wies auch nichts auf ihren Tod hin, und als ich nach dem Puls fühlte, da war ich zufrieden, denn er schlug.
Einen schwachen Herzschlag spürte ich ebenfalls und war etwas beruhigter. Wenn auch nicht völlig beruhigt. Dafür schaute ich dem Flieger nach, der gedreht worden war und sich auf dem Rückweg befand.
Er brauchte diese Seite der großen Wiese, um genügend Fahrt aufnehmen zu können, damit er starten konnte.
Ich verfolgte ihn mit meinen Blicken, aber nicht nur ich, denn jetzt stand noch Oleg Turew neben mir, der nicht mehr an seinem Platz geblieben war. Er war es gewesen, der die acht Zombies mit seinem in der Nähe stehenden Transporter hergebracht hatte. Ich glaubte nur nicht, dass er voll auf der anderen Seite stand. Er war eben ein Einheimischer, der sich hier auskannte und uns auch sein Boot geliehen hatte, mit dem wir den Sumpf durchquert hatten.
»Was ist mit ihr?«, fragte Oleg.
»Sie lebt.«
»Gott sei Dank.«
Karina war mit der Leiter zusammen auf den Boden gefallen. Nicht aus einer großen Höhe her, aber es reichte aus, um sich eine Verletzung zu holen.
Die entdeckte ich bei Karina äußerlich nicht. Dennoch konnte ich nicht aufatmen, denn ich wusste nicht, wie es innerlich bei ihr aussah.
Dann wurde meine Aufmerksamkeit wieder auf die Maschine gelenkt, und ich schaute zu, wie sie schwerfällig abhob und auch nicht so leicht an Höhe gewann, als wäre sie überladen. Aber sie flog nicht dorthin, wo die Bäume standen, sondern an ihnen vorbei und auch am Totenland, wie der Sumpf in der Nähe genannt wurde. Es war eine Heimat für die Zombies. Das hatten wir selbst erlebt, als wir uns mit einem Kahn in den Sumpf gewagt hatten.
Karina Grischin lag auf dem Rücken. Ich war froh, dass die Erde, auf der sie gelandet war, weich war.
Ich wagte nicht, sie in eine andere Lage zu drehen.
»Kann man denn nichts tun?«, fragte Oleg Turew.
Ich zuckte mit den Schultern. »Im Moment nicht.«
»Wann denn?«
»Ich denke, dass sie wieder zu sich kommt. Dann sieht die Welt schon ganz anders aus.«
»Meinst du?«, fragte Karina.
Plötzlich fühlte ich mich beschwingt. Ihre Stimme zu hören tat mir gut.
»He, willkommen unter den Lebenden.«
»Danke«,
Weitere Kostenlose Bücher