1824 - Wenn Satan seinen Henker schickt
Mut, weiterhin zu sprechen.
Sie konnte sogar lächeln und dann musste das raus, was sich bei ihr angestaut hatte.
»Bitte, Wladi, ich werde alles tun, um dich da wegzuholen. Du musst wieder zurück in dein altes Leben. Was auch immer geschieht, denk daran, dass du zu mir gehörst und nicht zu den anderen da.«
Golenkow nickte.
Zuerst glaubte Karina, sich geirrt zu haben, aber er hatte ihr tatsächlich auf diese Art und Weise eine Antwort gegeben. Und die musste sie als positiv einstufen.
Er wollte also zu ihr.
Vielleicht sogar so schnell wie möglich. Da schossen ihr schon zahlreiche Gedanken durch den Kopf. Karina war wirklich nicht auf den Mund gefallen, nun aber fielen ihr die richtigen Worte nicht ein. Wie sollte sie die Reaktion einschätzen? Wartete Wladimir darauf, zurückzukehren in sein altes Leben?
Wenn es der Fall sein sollte, konnte er es unmöglich zugeben, und sie hörte auch nichts von ihm. Er bewegte sich auch nicht, und es war Chandra, die die Stille unterbrach.
»Ist noch was?«, höhnte sie.
»Ja.«
»Dann spuck es aus!«
»Ich will ihn zurück!«
Ein Lachen erreichte Karina.
»Das kannst du vergessen. Er gehört uns. Er will nicht mehr zurück. Es geht ihm gut. Er braucht keinen Rollstuhl mehr, denn es gibt jemanden, der besser ist als alle Ärzte der Welt.«
»Du meinst Rasputin?«
»Ja, den meine ich. Er ist es gewesen, der ihn geheilt hat. Und deshalb wird er dem großen Magier immer dankbar sein. Bis zu seinem Ende, das kann ich dir versprechen.«
»Dankbar sein«, flüsterte Karina vor sich hin und dachte über die letzten Worte nach. Sollte es der anderen Seite tatsächlich gelungen sein, Wladimir zu heilen, dann würde er ihr dankbar sein müssen. Das gehörte einfach dazu.
Aber wie war das möglich?
Da gab es nur eine Antwort. Die hieß Rasputin. Er war damals als ein genialer Arzt eingestuft worden. Er hatte vieles geschafft, was man als unmöglich eingestuft hatte.
Und jetzt auch Wladimir Golenkows Genesung?
Das konnte Karina nicht glauben. Aber dann fragte sie sich, warum Chandra hätte bluffen sollen? Dafür gab es keinen Grund, und jetzt dachte Karina über ihr weiteres Vorgehen nach. Sie wollte sich nicht so einfach abspeisen lassen. Die Hälfte der Strecke hatte sie bereits hinter sich gelassen. Es würde kein Problem sein, auch die letzten Stufen zu nehmen. Sie musste nur einen Grund finden.
»Er ist also wieder okay, nicht wahr?« Sie hatte sehr laut gesprochen, weil sie wollte, dass man sie auch hörte.
»Ja, er ist okay.«
»Ich bin skeptisch.«
»Wäre ich auch an deiner Stelle.«
»Gut, dass du mich verstehst. Dann hast du sicher nichts dagegen, dass ich zu euch komme und mich persönlich davon überzeuge.«
»Ach, du willst kommen?«
»Ja, das hatte ich vor.«
»Nein …«
»Wieso?«
Chandra lachte hart auf. »Ich habe nein gesagt, und dabei bleibe ich auch.«
»Dein letztes Wort?«
»Diesmal sage ich ja.«
»Und warum bist du dann gekommen?«
»Weil ich zu tun hatte. Ich wollte einige Personen abholen. Die Hälfte habe ich bekommen. Und dazu habe ich Wladimir mitgebracht. Er soll etwas von seinem neuen Leben haben. Und es gefällt ihm, das kann ich dir ausrichten. Er gehört jetzt zu uns. Er ist Rasputins Freund. Wir werden ihn zu einem Henker machen, und da solltest du dich vorsehen, sehr sogar.«
Karina Grischin sah ihre Chancen schwinden. Beim Betreten der primitiven Treppe hatte sie noch daran gedacht, alles in ihre Hände nehmen zu können, doch das war jetzt nicht mehr möglich.
»Bitte, du kannst froh sein, dass ich dich aufgeklärt habe, Karina Grischin. Dein Freund ist bei uns in guter Obhut. Er hat sich schon jetzt an das neue Leben gewöhnt. Darauf sind wir sehr stolz.«
Es war ein Abschied, den die Agentin aber nicht zulassen wollte. Sie überlegte nur noch, wie sie sich dagegen stemmen sollte, und dann war es für sie zu spät.
Jetzt handelte die andere Seite. Es war für sie ganz einfach. Chandra hatte sich gebückt. Das war zwar von Karina Grischin gesehen worden, aber sie hatte nicht geahnt, was dahintersteckte.
Zwei Sekunden später bekam sie es zu spüren.
Vor ihr sackte die Leiter nach unten, weil sie vom Flieger gelöst worden war. Und zusammen mit ihr fiel Karina Grischin dem Boden entgegen …
***
Das sah auch ich!
Ich hatte mich im Hintergrund gehalten. Diese Chandra hatte zudem kein Interesse an mir gezeigt. Für sie war es wichtig gewesen, mit Karina zu reden.
Das hatte sie ausgiebig getan.
Und ich hatte
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