1824 - Zentrum der Zentrifaal
Fingern.
Sein Gegner taumelte. Einer von vieren.
X-Uxxol schnellte sich nach vorne, riß mit ausgebreiteten Armen zwei der anderen mit sich zu Boden.
Sich abrollen, federnd auf die Beine kommen und mit aller Kraft zutreten, war eine einzige fließende Bewegung.
‘ Er spürte die Blickleiste seines Opfers zerplatzen, hörte den gurgelnden Aufschrei und stieß die Hand nach vorne.
Nur noch zwei, die geglaubt hatten, leichtes Spiel zu haben.
Saurer Atem wehte ihm entgegen. Die Burschen hatten sich mit Man-Yeh in Trance versetzt. In diesem Zustand wurden sie unberechenbar. A-Betchaga hatte das Rauschmittel verboten, weil es schlummernde Aggressionen weckte, aber offensichtlich gab es noch Kanäle, in denen Man-Yeh gehandelt wurde.
Ein schneller Schlagabtausch. Einer der verbliebenen Gegner fügte X-Uxxol mehrere stark blutende Wunden zu. Erst als er ihm seinerseits die Finger durchs Gesicht zog, verschaffte ihm das die Atempause, die er brauchte, sich nach oben zu schwingen.
Vorübergehend hing er nur mit dem linken Arm in den Wartungsschlaufen, dann hatte er den Ausstieg aufgestoßen und schwang sich auf das Dach des Wagens.
Der Fahrtwind kühlte sein brennendes Gesicht. Ein seltsames purpurfarbenes Licht hing über der Stadt.
Nur noch höchstens zehn Kilometer entfernt torkelte der schwarze Sturmschlauch heran. Ein Brausen hing in der Luft wie von einem Dutzend Morriskon-Schwärmen. Nur waren die Tiere weit weniger tödlich als der Sturm.
Der Wagen pendelte einem Haltesegment entgegen. Zwischen dem Gewirr von Halterungen und Stromleitungen sowie dem Kabinendach blieben nicht mehr als sechzig Zentimeter Zwischenraum. Keinen Herzschlag zu früh preßte X-Uxxol sich flach auf das Dach. Ein Knistern zuckte über ihn hinweg, ein funkensprühendes Etwas, gleichzeitig raste ein grauenvoller Schmerz seine linke Seite hinauf bis zur Hüfte.
Der erste Verfolger war im Ausstieg erschienen und hatte sofort zugepackt. Seine Finger rissen tiefe Wunden, und der Schmerz raubte X-Uxxol fast die Besinnung. Dennoch schaffte er es, mit dem anderen Fuß zuzutreten. Der Angreifer krachte gegen den Lukenrand und verschwand lautlos nach unten.
Immer noch war das Gittergerüst über ihm. Der blaue Funkenregen sprühte nach allen Seiten, fraß sich unaufhaltsam in X-Uxxols Bewußtsein vor. Mit einem Ruck fuhr er hoch, tauchte ein mit dem Schädel und den breiten Schultern zwischen die Gitter ...
... und sein gellender Todesschrei wurde zum wütenden Schnauben. Die Traumsequenz war durchbrochen, auf dem Monitor herrschte undefinierbares Flimmern. B-Terestan fühlte sich matt und ausgelaugt; Träume zu kreieren kostete enorm Kraft, nach ihren besten Werken hatte sie sich oft tagelang gewünscht, sie könnte sterben. Der krasse Unterschied zwischen Wirklichkeit und Vorstellungskraft machte depressiv.
Speichel tropfte aus dem Mundspalt. Es war ihr egal.
Das hartnäckige Blinken der Sprechverbindung - das Licht, das sie aus der Kreativitätsphase herausgerissen hatte - erfüllte sie mit Zorn. Sie würde erneut von vorne beginnen müssen, und das ausgerechnet mit einem derart banalen Design wie dem Blutvergießen in der Schwebebahn.
Mit solchen Produktionen war wenig Geld zu verdienen, und Ruhm schon gar nicht, sie waren Massenware für die unteren Schichten der Bevölkerung, für Clanlose und Zentrifaal ohne den nötigen finanziellen Rückhalt für den Besuch der Simulationszentren. Jene Männer und Frauen, in deren Händen das Funktionieren der Gesellschaft lag, brauchten tiefergehende Träume, um ihre Psyche stabil zu halten. Für sie gab es die Niederschlagung von Bergwerkaufständen, gab es Raumschlachten und sogar die Expedition zu benachbarten Galaxien.
Seit Monaten schon befaßte B-Terestan sich mit dem Überfall extragalaktischer Intelligenzen auf Plantagoo. Das war ein Traum, der sich mit einem abendlichen Zeitaufwand von mindestens einer Stunde über ein halbes Jahr hinwegziehen würde. Die ersten Tests hatten erwiesen, daß - bis auf wenige Ausnahmen - alle Teilnehmer der Fortführung entgegenfieberten. Aktuell war die Westside von Plantagoo von den achtbeinigen Invasoren erobert, die Flotte der friedliebenden Galornen vernichtend geschlagen, und eine Handvoll überlebender Galornen flehte die Zentrifaal um Beistand an. Nur der todesmutige Kampfeinsatz der Zentrifaal konnte noch eine Wende herbeiführen.
Der Anrufer war hartnäckig.
„Ich höre", sagte B-Terestan knapp.
Das Knistern im Lautsprecher verriet, daß der
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