1840 - Schattenreich Atlantis
ihrem Kopf hörte sie das Schlagen großer Flügel. Als sie in die Höhe schaute, sah sie die großen Vögel. Ihnen hatte sie das Aas genommen, und das genau fand sie sehr gut.
Wenig später ging sie weg und wurde bald von der Dunkelheit verschluckt.
Eine einsame Kämpferin in einem wilden und oft menschenfeindlichen Land …
***
»Sollte ich mich verspäten, warte auf mich, ich komme bestimmt. Ich weiß nicht, wann ich das Büro verlassen kann.«
»Alles klar«, hatte ich gesagt.
Diejenige Person, die sich mit mir treffen wollte, hieß Dr. Purdy Prentiss, war Staatsanwältin, hatte immer wahnsinnig viel zu tun, und ich sah es schon als ein kleines Wunder an, dass wir uns zum Essen trafen.
Ich wollte Purdy nicht unrecht tun, aber ich ging davon aus, dass möglicherweise etwas dahintersteckte. Ich glaubte eher, dass sie etwas Dienstliches mit mir besprechen wollte.
Ich war eine Viertelstunde früher aus dem Büro gegangen. Suko wusste Bescheid, Glenda Perkins nicht, denn sie hätte wieder nur ihre spitzen Bemerkungen gemacht, auf die ich verzichten konnte. Die gab sie nur von sich, wenn es um andere Frauen ging, mit denen ich mich treffen wollte.
Wer gut isst, der soll auch was trinken, und so hatte ich Suko den Rover überlassen und mich mit einem Taxi zu dem Lokal hinfahren lassen. Es lag im Gerichtsviertel und wurde gern von den Leuten besucht, die hier auch arbeiteten.
Ich betrat das Lokal und schaute mich um. Nein, sie war noch nicht da. Hatte ich mir auch gedacht.
Die Tische waren mit weißen Decken belegt und teilweise schon mit Geschirr, Besteck und Gläsern eingedeckt.
Ich nahm an einem der Tische Platz. Sofort war ein Ober da. Er trug die Kleidung eines Gerichtsdieners und bedachte mich mit einem prüfenden Blick.
»Sie möchten speisen?«
»Ja, das hatte ich vor. Aber noch nicht. Ich warte auf eine zweite Person.«
»Gern. Und zu trinken?«
»Können Sie mir gegen den Durst ein Bier bringen?«
»Sehr wohl, Sir.«
Der Knabe verzog sich wieder, und ich streckte meine Beine aus. Das Bier würde mir die Wartezeit verkürzen. Voll war es in diesem Raum nicht. Man konnte die Anzahl der Gäste als sehr übersichtlich ansehen. Einige aßen schon, andere saßen da und warteten auf ihr Essen.
Ich bekam mein Bier, trank den ersten Schluck und war froh über diese Erfrischung. Purdy kam noch nicht, was ich auch nicht tragisch fand. So hatte ich Zeit, mich umzuschauen.
Ich war nicht der einzige Gast, der allein an einem Tisch war. Schräg gegenüber gab es auch einen Menschen, der mein Schicksal teilte. Er saß da, schaute ab und zu in seine Zeitung oder auch auf das I-Phone, das neben ihm lag.
Hin und wieder hob er den Kopf an und ließ seinen Blick durch den Raum kreisen. Natürlich sah er mich, und ich sah ihn. Er war ungefähr in meinem Alter, nur war er kräftiger, und ich fragte mich, ob die Glatze echt war oder ob er seinen Schädel rasiert hatte. Sein Gesicht zeigte eine leichte Rötung. Man konnte es auch als kantig ansehen, und es fielen besonders die dicken Lippen auf.
Er trug eine schwarze Jacke und darunter ein dunkelblaues Hemd. Also völlig normal, und ich sah auch keinen Grund, ihn besonders zu beobachten. Deshalb sah ich auch schnell zur Seite.
Da die Abendkarte bereits auf dem Tisch lag, nahm ich sie an mich und warf einen Blick hinein. Ich hatte Appetit auf Fisch, und der wurde angeboten. Matjes aus den Niederlanden, wie auf der Karte stand. Dazu gab es Bohnen mit Speck. So etwas hatte ich auch schon in Deutschland gegessen und erinnerte mich jetzt daran, dass es mir damals gut geschmeckt hatte.
Und dann kam sie. Purdy Prentiss war hier bekannt. Die Bedienung grüßte höflich. Man merkte sofort, dass sie hier Stammkunde war. Und dann kam sie zu mir an den Tisch.
Ich hatte mich erhoben.
»Na endlich«, sagte ich.
»Ich habe mich verspätet.«
»Richtig.«
Die Frau mit den roten Haaren lachte, bevor sie ihre Arme um mich legte. Sie hielt mich etwas länger fest als gewöhnlich, denn sie flüsterte mir noch etwas ins Ohr.
»So ganz privat ist das nicht.«
»He, was muss ich da hören?«
»Setzen wie uns erst mal.«
Ich setzte mich wieder, und die Staatsanwältin nahm mir gegenüber Platz.
Mir war nicht bewusst gewesen, dass mein Blick zu dem Mann mit der Glatze schweifte. Es geschah automatisch, und mir fiel auf, dass er starr zu uns rüberschaute. Ich wusste nicht, wen er aufs Korn genommen hatte. Purdy oder mich.
Der Ober tauchte wieder auf. »Darf ich schon Ihren
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