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1840 - Schattenreich Atlantis

1840 - Schattenreich Atlantis

Titel: 1840 - Schattenreich Atlantis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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tun?«
    Die Frau hob die Schultern. »Ich weiß es nicht, da bin ich ehrlich. Ich hatte gedacht, dass du nicht so stark verletzt worden bist. Aus der Ferne konnte ich das nicht erkennen.«
    »Ich bin ein Krüppel.«
    »Ach, sieh das nicht so eng.«
    »Doch, das muss ich. Mit mir kann man nichts mehr anfangen. Ich kann nur noch auf einem Auge sehen.«
    »Das weiß ich.«
    »Also bin ich ein Krüppel.«
    »Sicher, du bist kein Mensch mehr, der kämpfen kann, aber du solltest froh sein, dass man dir nicht beide Augen ausgehackt hat. Mit dem einen kannst du noch sehen, das ist immerhin ein kleiner Vorteil. So musst du das sehen.«
    »Sicher, wer in deiner Lage ist, der hat gut reden. Aber es sind nicht nur die Augen, es ist auch etwas anderes.«
    »Was denn?«
    »Meine Wunden sind es. Sie schmerzen. Mein Körper steht an einigen Stellen in Flammen …«
    »Kannst du aufstehen?«
    »Nein.«
    »Warum nicht?«
    »Weil ich gefesselt bin.«
    Die Frau schwieg überrascht. Damit hatte sie nicht gerechnet. Sie schüttelte den Kopf, trat näher an den Liegenden heran und bückte sich, weil sie sich die Fesseln anschauen wollte. Sie waren recht dünn, hinterließen aber Einschnitte in der Haut. Das war nicht gut, das schmerzte.
    Sie bückte sich. Ein Messer trug sie bei sich. Das zog sie jetzt und säbelte an den feinen Stricken. Dabei gab sie acht, dass sie den Mann nicht verletzte. Sie spürte, dass er zitterte. Er atmete auch heftig und stöhnte immer wieder auf.
    Die Frau schaute sich auch die Verletzungen an. Sie waren nicht zu unterschätzen. Einige der Schnabelhiebe waren tief in die Haut eingedrungen.
    Endlich war er die Stricke los. Er musste seine Gelenke massieren. Die Frau half ihm dabei.
    »Danke«, flüsterte er und wollte nach seinem Auge fassen.
    Dagegen hatte seine Helferin etwas. »Nein«, sagte sie. »Lass diese Wunde in Ruhe. Nicht, dass noch Schmutz in sie hineinkommt.«
    »Ja, ist schon klar.«
    »Kannst du aufstehen?«
    »Nein, ich fühle mich zu schwach.«
    »Versuche es trotzdem.« Sie streckte ihm die Hand entgegen, die er umfasste.
    Langsam zog sie Raffi hoch. Er kam auf die Füße, jammerte aber über seine Schmerzen, was die Frau nachvollziehen konnte. Sie musste ihn stützen, weil er schwankte.
    Mit seinem einen Auge starrte er sie so intensiv an, als wollte er jedes Detail in ihrem Gesicht erkennen. Dann rang er sich sogar ein Lächeln ab.
    »Wer bist du?«
    Jetzt lächelte auch sie. »Eine Gute.«
    »Das weiß ich. Aber hast du auch einen Namen? Ich möchte wissen, bei wem ich mich bedanken muss.«
    Sie winkte ab. »Nein, Namen sind wie Schall und Rauch. Ich bin so etwas wie eine Wanderin.«
    »Ach? Hier in Atlantis?«
    »Genau. Hier.«
    »Das ist wunderbar. Aber ich – ich lebe zwar noch, doch mein Leben ist nicht mehr lebenswert.«
    »Das kannst du nicht sagen. Du wirst dich wieder aufraffen und auch als Einäugiger deinen Weg gehen.«
    »Nein, nicht mehr. Ich bin zu alt. Außerdem spüre ich die Schmerzen in meiner Brust.«
    »Wo denn da?«
    »An der linken Seite. Ich – ich – kriege manchmal keine Luft mehr.«
    »Das geht vorbei.«
    Die Frau packte Raffi fester unter. »So, wir sollten jetzt von hier verschwinden.«
    »Ach, du willst bei mir bleiben?«, flüsterte er.
    »Ja, ich muss. Ich kann dich nicht allein lassen. Komm mit, mein Freund.«
    »Und wohin?«
    »Zum Wasser. Dort werde ich deine Wunden reinigen, und dann sehen wir weiter.«
    »Danke, danke, dass du das für mich tust.«
    »Ist schon gut …«
    ***
    Ja, sie gingen zum Wasser. Es lag ja nicht weit entfernt, aber sie gingen noch ein Stück weiter, sodass sie sich von dem Ort entfernten, an dem alles passiert war.
    Das Gurgeln des Flusses war das einzige Geräusch, das sie hörten. Auf viele Menschen wirkt es beruhigend, und das war auch bei den beiden der Fall.
    Raffi war zwar gegangen, doch er hatte gestützt werden müssen. Da war nichts mehr an Energie in seinem Körper. Wäre die Stütze nicht gewesen, er wäre nach jedem zweiten Schritt in die Knie gebrochen.
    Jetzt saß er auf dem Boden und atmete heftig. Er saß am Ufer auf den flachen Kieselsteinen. Das Wasser gurgelte in Greifweite an ihm vorbei, es war klar. Es sprudelte und spritzte. Wäre es Tag gewesen und heller, dann hätten sie auch die Fische darin gesehen, die sich von der Strömung treiben ließen.
    »Ich denke, es ist besser, wenn du dich auf den Rücken legst.«
    Er tat es und streckte sich. Seine Helferin tauchte einen Stofflappen in das klare und kalte

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