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185 - Ein Albtraum erwacht

185 - Ein Albtraum erwacht

Titel: 185 - Ein Albtraum erwacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael M. Thurner
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mit einem der Dorfweisen.«
    »So wird es wohl sein.« Irritiert marschierte Aruula davon, mit Aluur im Schlepptau. »Seltsam«, murmelte sie. »Ein Bürgermeister, der bei der Ankunft eines Roodtren nicht in vorderster Linie zu finden ist?« Sie schüttelte den Kopf.
    »Mein Vater ist auch nicht immer dort zu finden, wo es Entscheidungen zu treffen gibt«, meinte Aluur trübsinnig.
    »Deswegen befindet sich der Roodtren ja auch in diesem Zustand.«
    Es machte keinen Sinn, dem Jungen irgendwelche Illusionen zu lassen. Ezio mochte bestimmte Gaben besitzen, mit deren Hilfe er lukrative Geschäfte ausfindig machte. Aber im Grunde genommen war er ein Schwächling.
    Aluur nickte. Tapfer schluckte er seine Traurigkeit herunter.
    Sie gingen die sauberen Straßen entlang, grüßten freundlich nach links und rechts, erhielten ebensolche Antworten.
    »Das dort hinten scheint ein älterer Teil des Dorfes zu sein«, sagte Aluur plötzlich und deutete einen schmalen moosbewachsenen Weg entlang. Er führte in kühle Dunkelheit zwischen eng beisammen stehenden, fast miteinander verwachsenen Häuserzeilen.
    Aruula bog kurzerhand ab. Das Gackern und Schnattern unwilligen Federviehs begrüßte sie. Gestank nach Rauch und Moder, ungewohnt in dieser ansonsten gepflegten Umgebung, empfing sie.
    »Die Häuser weiter vorne sind schwer beschädigt«, sagte Aruula schließlich und blieb stehen. Ihre Augen gewöhnten sich nur allmählich an die Dunkelheit, die Nase jedoch ließ sich nicht betrügen. Es roch nach Brand; die steinernen Vorderfronten und Fester waren zudem vom Ruß geschwärzt.
    »Hier haben Kämpfe gewütet«, sagte sie zu ihrem jugendlichen Begleiter. »Und es kann noch nicht allzu lange her sein.«
    »Wahrscheinlich waren es die Anangu«, mutmaßte Aluur.
    »Wir befinden uns im Zentrum des Dorfes. Der Palisadenzaun muss in jede Richtung mehr als einhundert Schritte entfernt sein. Glaubst du wirklich, dass die Eingeborenen bis hierher vorgedrungen sind?« Sie wartete Aluurs Antwort nicht ab, sondern fuhr im selben Atemzug fort:
    »Nein – der oder die Übeltäter gehörten wahrscheinlich zu den Toonern selbst.«
    Aruula hatte genug gesehen. Sie drehte sich um und marschierte den Weg zurück. »Wir sollten uns in jedem Fall in Acht nehmen. Hier stimmt etwas nicht.«
    ***
    Der Handel war in vollem Gang. Auf dem Vorplatz, der wohl in Kriegszeiten eine Art Sicherheitszone für die Tooner darstellte, wurde gestritten, gelästert, geflucht, gekauft und verkauft.
    Franny eilte eifrig zwischen liebeshungrigen Männern hin und her und ging ihren Vermittlungsgeschäften nach. Ihre Strümpfe klimperten bei jedem Schritt. Sie musste bereits gute Geschäfte gemacht haben.
    Syd befand sich in einer Diskussionsrunde mit altehrwürdigen Einwohnern des Dorfes. Unter ihnen war auch jener Mann, der ihnen die Tore geöffnet hatte. Er genoss in der Runde zwar sichtlich einen guten Ruf – aber der Maa’or, so viel stand nun fest, war er nicht.
    »Pökelfleisch!«, rief einer der Händler über die hastig aufgerichteten Buden hinweg. »Fleischvorräte, die sich das ganze Jahr über lagern lassen!«
    »Dörrobst!«, brüllte ein anderer, »Früchte, die Gesundheit bringen, schmackhaft sind und monatelang frisch bleiben!«
    »Ich bringe das Wissen aus großen Städten!«, schrie der Dritte. »Originelle Ratzen-Rezepte für den Armen, Geruchshemmer und Fleggentöter, gefertigt nach meiner persönlichen, streng geheimen Mischung!«
    Überall herrschte reges Treiben. Die Bewohner von Toon kamen in immer größeren Scharen herbei und bewunderten mit glänzenden Augen die Waren, die vor ihnen ausgebreitet wurden.
    »Es scheint ja alles bestens zu funktionieren«, sagte Aruula zu ihrem jugendlichen Begleiter.
    »Ja.« Aluur kickte einen losen Stein beiseite. »Der Rabbadaag hat es wieder mal geschafft. Sein Ruhm und sein Ansehen werden weiter wachsen.«
    »Du gönnst Ezio den Triumph also nicht?«
    Der Bursche zögerte und sagte schließlich: »Doch. Ein wenig. Schließlich ist er ja mein Vater.«
    Sie verließen das palisadenumzäunte Dorf. Die Torwärter nickten ihnen freundlich zu, wirkten aber nach wie vor wachsam.
    »Was steht zwischen deinem Vater und dir?«, fragte Aruula nach längerer Pause. »Gibt er etwa dir die Schuld, dass du ein Mischling bist?«
    »Das, und noch vielmehr. Auf gewisse Art und Weise beneidet er mich.«
    »Eifersucht? Ich verstehe nicht…«
    Aluur schüttelte den Kopf und sagte mit plötzlicher Heftigkeit: »Das geht

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