185 - Ein Albtraum erwacht
seit der Geburt.
Syd verabschiedete sich mit einem Nicken. Wahrscheinlich würde er trotz allem das Gespräch mit dem hiesigen Maa’or suchen und seine Dienste anbieten.
Aruula war der Marsch durch das weitläufige Dorf nicht unrecht. Bevor sie die Arbeit am Roodtren angehen wollte, war es ratsam, einen ausreichenden Überblick über Toon zu bekommen. Hinter den hübschesten Fassaden verbargen sich oftmals die grausigsten Geheimnisse, wie sie nur allzu gut wusste.
Sie schlenderten ohne Weg und Ziel durch die Straßen.
Alles wirkte sauber und gepflegt. Blumen hingen aus den Fenstern, von irgendwoher erklang eine gesummte Melodie, eine ältere Frau hatte es sich vor ihrem Haus bequem gemacht und schrieb mit zitternden Händen in einem Buch.
Die hier ansässigen Menschen begegneten ihnen mit milder Neugierde. Kinder und Jugendliche hingegen benahmen sich so, wie sie es auf der ganzen Welt taten: Sie verfolgten Aluur und Aruula johlend. Als die beiden nicht reagierten, wandten sie sich bald ab und fielen mit aller Leidenschaft übereinander sowie über einen eiförmigen Ball her. »Rubby« nannte Aluur das seltsame Treiben, das einer Mischung aus Ringkampf und Fangspiel ähnelte.
»Die Tooner verstehen viel von der Baukunst«, sagte Aruulas Begleiter nach einer Weile. »Weitaus mehr als die Architekten an Bord von OZZ. Viele Händler des Roodtrens werden in den nächsten Tagen schlechte Geschäfte machen.«
»Andere wiederum besonders gute.« Aruula dachte in erster Linie an Franny und ihre Damen; und auch die Nahrungsmittelhändler würden sich gute Geschäfte ausrechnen.
Sie erreichten das andere Ende des Dorfes. Auch hier, zwischen mehreren übermannshohen Felsbrocken, war ein Palisadenzaun die Grenze.
»Die Dörfler sind wehrhaft, und sie wissen sich zu schützen«, flüsterte Aruula. »Sie haben sicherlich schon schlechte Erfahrungen mit anderen Menschen gemacht.«
»Dies alles hier ist Grenzgebiet zum Anangu-Land«, wisperte Aluur zurück. »Die Dunkelhäutigen bezeichnen es als Eingang zur Traumzeit.«
Die Barbarin blickte ihn überrascht an. »Was weißt du über die Traumzeit?«
»Nicht viel«, gestand der Junge. »Einiges vom Hörensagen; was man halt so aufschnappt während der langen Reisen.«
Er log, das fühlte Aruula.
Auch hier, an der Rückseite des Dorfes Toon, standen wachsame Posten. Ihre Blicke schweiften interessiert über die Neuankömmlinge. »Ihr seid mit diesem eisernen Monstrum gekommen?«, fragte der eine.
»Ja«, antwortete Aruula. »Unsere Händler beginnen soeben, die Waren zu entladen.« Neugierig blickte sie zum Portal, das die beiden Männer bewachten. »Dürfen wir das Tor passieren?«
»Nein«, meinte der größere von beiden schroff. Er stellte sich breitbeinig hin und legte die Schwerthand auf seine Waffe.
Seine Körperhaltung war unmissverständlich. Fremde hatten hier nichts zu suchen.
»Entschuldigt unsere Neugierde«, sagte Aruula. Sie beschloss, zumindest annähernd bei der Wahrheit zu bleiben.
»Ich bin Mitglied des Wachpersonals des Roodtrens. Um ehrlich zu sein, habe ich niemals zuvor eine derart gut organisierte und disziplinierte Truppe wie die eure gesehen – im Gegensatz zu unserer…« Sie seufzte.
Die Mienen beider Männer entspannten sich. »In Toon herrscht seit Jahren Zufriedenheit«, meinte diesmal der Kleinere. »Die Ernten sind gut, wir werden vom Maa’or klug regiert, und auch die Anangu kommen uns trotz wiederholter Angriffe nicht bei. Dieses Land hier« – er deutete hinter sich – »haben wir in mühseliger Arbeit der Natur abgetrotzt und urbar gemacht. Entschuldigt, dass wir euch nicht passieren lassen dürfen. Manche Geheimnisse sollen auch solche bleiben. Darüber hinaus beginnt hinter den Feldern das Reich der drei Hüter.«
Der andere Wächter stieß ihn unsanft gegen das Schienbein.
Aruula wurde klar, dass sich der Kleinere verplappert hatte.
»Dann nichts für ungut«, sagte die Barbarin freundlich, drehte sich um und wollte davon marschieren.
Einer Eingebung folgend, wandte sie sich noch einmal den Wächtern zu. »Vorhin wurden wir von eurem Maa’or empfangen. Könnt ihr mir sagen, wo er wohnt? Vielleicht gibt er uns doch noch die Erlaubnis, die Felder zu betreten?«
»Ihr seid dem Maa’or begegnet?« Verwundert blickten sich die Krieger an. »Das kann nicht sein«, meinte schließlich der Größere. »Er ist vor wenigen Stunden durch das Tor marschiert und seitdem nicht zurückgekommen. Ihr verwechselt Meenor sicherlich
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