1850 - Vollmond-Grauen
zu.
Er kapierte es sofort. »Frag mich jetzt nichts, John. Was immer du auch fragen willst, ich kenne die Antwort nicht.«
»Kann ich mir denken.«
Er schüttelte den Kopf. »Erst töten die Köter ihre Herrin, und jetzt schießt du auf sie, aber sie liegen nicht tot vor unseren Füßen.«
»Ich habe es gesehen, Harry, und ich kann dir auch keine vernünftige Antwort geben.«
Es war nicht einfach, einen Plan zu schmieden, den wir als gut ansehen konnte. Wir wussten nicht, was wir tun sollten. Es gab keine Gegner mehr, denn die beiden Killer-Huskys waren verschwunden, hatten sich aufgelöst.
Harry Stahl war wieder ins Wohnzimmer gegangen. Dort befand sich niemand, ebenso wie im Arbeitszimmer der Ellen Peters, in das ich mich begab.
Es gab auch keine Warnung durch mein Kreuz. Alles blieb normal, und trotzdem lagen die Dinge für mich nicht normal. Die beiden Huskys hatten sich alles andere als normal verhalten. Sie waren plötzlich erschienen und ebenso plötzlich wieder verschwunden.
Aber wohin?
Da gab es nur eine Möglichkeit. Sie waren nicht in unserer Dimension geblieben, sondern hatten den Sprung in eine andere geschafft. Genau im richtigen Augenblick, bevor meine Kugeln sie hatten treffen können.
Und Ellen Peters? Was hatte sie damit zu tun gehabt? Wusste sie, dass ihre Hunde von einer anderen Seite beeinflusst worden waren? Wir konnten sie das nicht mehr fragen, und doch suchte ich in ihrem Zimmer nach einer Antwort.
Ich fand sie nicht.
Mehrere Schubladen zog ich auf, wobei mir nicht wohl war, denn in den Sachen fremder Menschen zu wühlen machte mir nicht eben Spaß.
Ein Handy fand ich leider nicht. In ihm hätten Telefonnummern und Telefonate gespeichert sein können, die mir Auskunft darüber gegeben hätten, mit wem Ellen Peters noch alles Kontakt gehabt hatte.
Briefe fand ich auch nicht, dafür aber ein Buch mit dem Titel: Grenzen überwinden .
Ich nahm es in die Hand. Es war ein schmales Buch mit einem orangefarbenen Deckel.
Ich schlug es auf.
Schon auf der ersten Seite wusste ich, was der Inhalt bedeutete. Es war immer das Gleiche bei diesen Publikationen. Hier ging es darum, dass ein Lebensgefühl beschrieben wurde, das einfach wunderbar war. Das jeder haben konnte, wenn er Grenzen überwand.
Genau das war das Problem.
Wie sollte er Grenzen überwinden? Er konnte einen besonderen Weg gehen, er konnte das Glück finden, ob im Beruf oder in der Freizeit. Er musste sich nur auf etwas Bestimmtes einlassen.
Was dieses Bestimmte war, das wusste ich nicht. Das fand ich auch einige Seiten weiter nicht, aber der Autor war davon überzeugt, dass der Leser jetzt sein Glück gefunden hatte.
Ich ließ das Buch wieder sinken und ging los, um meinen deutschen Freund zu finden.
Schon bald standen wir uns gegenüber, und keiner hatte etwas gefunden, das uns weiter gebracht hätte.
»Gibt es hier einen Keller?«, fragte ich.
»Kann sein. So genau weiß ich das nicht. Willst du jede Möglichkeit in Betracht ziehen?«
»Das sollten wir.«
Harry nickte. »Ja, wir müssen einen Anfang finden, sonst drehe ich noch durch. Ich frage mich nur, ob wir es bei den Huskys mit normalen Hunden zu tun haben.«
»Nicht mehr. Man hat sie verändert. Sie gehorchen einer anderen Macht.«
»Leider.«
Es passierte nichts. Dabei hatte ich das Gefühl, von der anderen Seite beobachtet zu werden.
Ich sprach Harry darauf an. »Hast du nicht das Gefühl, dass sich hier etwas verändert hat?«
»Was denn?«
Mein Grinsen fiel schief aus. »So genau kann ich es dir auch nicht sagen. Ich habe nur das Gefühl, als wären wir hier nicht mehr allein.«
Er hob die Schultern. »Ich spüre nichts, aber wohl fühle ich mich auch nicht.«
Warum ahnte ich mehr als er? Es konnte nur eine Antwort geben. Es war mein Kreuz, das sich meldete. Ich streifte die Kette über meinen Kopf, nahm das Kreuz in die Hand und betrachtete es nachdenklich. Nein, ich hatte mich geirrt. Es gab keine Veränderung. Es hatte sich auch nicht erwärmt, und trotzdem verspürte ich etwas. Es war wie ein Druck, den ich nicht loswurde.
Harry schaute mich an. »Kannst du mir nichts erklären?«
»Was willst du denn hören?«
»Du siehst anders aus und benimmst dich auch anders.«
»Wie meinst du das denn?«
»Dass du etwas suchst und es nicht findest. Du willst was herausfinden, aber es klappt nicht.«
Ich lächelte etwas gequält. »Wenn ich ehrlich sein soll, weiß ich nicht, wie es weitergehen soll. Es ist etwas hier, wir sind auf dem richtigen
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