1850 - Vollmond-Grauen
Schimmern der Zähne und den Geifer, der die beide Zahnreihen miteinander verband.
Es war ein Bild, das sie nicht kannte. Das sie sich auch nicht hatte vorstellen können, dass es so etwas überhaupt geben könnte. Für sie war es nur schrecklich, denn die eigenen Hunde, auf die sie immer so stolz gewesen war, kamen ihr plötzlich so fremd vor.
Sie konnte den Blick auch nicht einschätzen. Sie wusste nicht, ob er kalt oder gierig war, es waren einfach nur die roten Augen zu sehen, die so gar nicht zu diesen Tieren passten.
Und dann hörte sie noch etwas.
Es war ein Knurren. Ein Laut, der tief in den Kehlen der beiden Hunde geboren wurde. Ellen Peters wusste, wie es sich anhörte, wenn ihre Hunde knurrten oder gereizt waren.
Aber dieses Knurren hörte sich anders an. So gefährlich, so bösartig. Sie konnte sich plötzlich vorstellen, dass diese Tiere ab jetzt in ihr eine Feindin sahen.
Und wenn das tatsächlich zutraf, dann konnte es mehr als gefährlich für sie werden.
Ein anderes Geräusch schreckte sie auf. Es war über ihrem Kopf entstanden. Man konnte da von einem Flappen sprechen. Sofort schaute sie in die Höhe.
Ja, da sah sie es.
Es war das Tier, das aus dem Wald gekommen und in die Höhe gestiegen war. Diese Mischung aus Vogel und einer anderen Kreatur, und dieses Wesen stieß hektische Schreie aus, die auch die beiden Hunde erreichten und einen Trieb in ihnen weckten.
Es war der Mordtrieb.
Das merkte Ellen Peters in dem Augenblick, als sie von den beiden Huskys angegriffen wurde …
***
Dort, wo der Wald zu Ende und die Bundesstraße nicht mehr weit war, stand eine Grillhütte, die von den Mitgliedern eines Heimatvereins errichtet worden war und auch stets frequentiert wurde, wenn das Wetter es zuließ.
Im Sommer herrschte hier fast jeden Tag Betrieb, da war der Unterstand ausgebucht. Doch sobald das Wetter schlechter wurde, erlebte der Grillplatz wieder seine Einsamkeit, die recht lange andauern würde. Es sei denn, die ewigen Griller bekamen wieder Lust auf ein Steak oder auf eine Wurst. Da war der Grillplatz dann sogar am ersten Januar besetzt. Es gab sie eben, die ewigen Griller, die sich durch nichts abhalten ließen.
An diesem dunklen Herbstabend war der Grillstand nicht belegt. Es sei denn, man zählte die rothaarige Frau dazu, die sich auf dem Platz aufhielt. Sie hatte sich auf einen der Holzklötze gesetzt, die kreisförmig die Grillstelle umstanden.
Dagmar Hansen wartete.
Sie hätte sich bei diesem Wetter auch etwas Besseres vorstellen können, aber sie hatte einer Bekannten nun mal versprochen, sie am Ende ihres Laufs zu erwarten, um sich zu überzeugen, dass alles gut gegangen war.
Ellen Peters hatte Angst.
Das hatte sie frei und offen zugegeben, und diese Angst hatte sie vor einem Stalker. Sie kannte seinen Namen nicht. Sie hatte auch nie sein Gesicht gesehen, aber einige Male hatte er sie erschreckt, indem er sie aus dem Dunkel angerufen hatte, und einmal hatte sie einen Schatten gesehen, der jedoch wieder im Wald verschwunden war, als sie geschrien hatte, dass er sie in Ruhe lassen solle.
Bei der Polizei hatte man sich alles angehört und eigentlich nur mit den Schultern gezuckt. Das war Ellen zu wenig gewesen. Sie hatte sich woanders Hilfe geholt, und das war bei einer früheren Kollegin gewesen, die jetzt beim BKA arbeitete. Vor Jahren hatte sie bei einem Rechtsanwalt angefangen, und seit dieser Zeit kannten sich die beiden Frauen.
Sie waren immer in einem lockeren Kontakt geblieben, auch als Ellen Peters in eine andere Stadt gezogen war. Dort hatte sie einen Kölner geheiratet, aber die Ehe hatte nicht lange gehalten. Sie war wieder zurück nach Wiesbaden gezogen. Und hier hatten sie den Kontakt wieder aufgenommen. Einmal im Monat gingen die beiden essen und sprachen über alles Mögliche. Natürlich auch über Probleme.
Da hatte Dagmar Hansen dann erfahren, dass Ellen von einem Stalker verfolgt wurde, und beide Frauen hatten beschlossen, diese Person zu stellen.
Ellen wusste nicht, wie der Mann aussah. Auch bei dem einen Kontakt hatte sie ihn nicht gesehen, da er sie von hinten angegriffen hatte, aber jetzt erhofften sich die Frauen eine Chance. Eine einsame Joggerin, auch wenn sie mit ihren Hunden unterwegs war, war leichter zu überwältigen. Hin und wieder hatte sie einen Anruf erhalten, und da hatte ihr eine fremde Stimme erklärt, dass sie bald am Ende war. Das war schon eine Drohung gewesen, und so hatte Dagmar dies auch eingeschätzt. Sie hatte sich sofort
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