1852 - Die Galornin
werden.
Und dieser „Rest" würde noch einmal dasselbe Trapez sein, so daß sich zusammengesetzt am Ende - und das bedeutete nach nochmals einigen Dutzend Jahren - eine wabenartige Form präsentieren würde, von gigantischen Ausmaßen.
Die Baupläne waren so angelegt, daß sie immer dann neue Anweisungen lieferten, wenn eine bestimmte Phase abgeschlossen war. So blieb die zu leistende Arbeit übersichtlich. Für jede abgeschlossene Baustufe erhellte sich in der Kontrollzentrale eine riesige Holographie, die das Geschaffene in farbiger, dreidimensionaler Reliefdarstellung zeigte. Weitere Holos blieben dunkel und warteten auf ihre Aktivierung.
Kaif Chiriathas Hoffnung, daß eines Tages Ce Rhioton bei ihr erscheinen und neue Pläne übergeben würde, erfüllte sich nicht. Alle Pläne für den kompletten Zusammenbau des Bollwerks waren vorhanden: Sie luden sich selbst in die Computer, wenn sie benötigt wurden.
So vergingen weitere Jahre, und langsam nahm auch die zweite Hälfte des Bauwerks ihre Form an. Kaif dirigierte und koordinierte die Arbeiten mit einer Souveränität, die sie unter den Galornen und den wenigen Adlaten zu einer fast mystischen Figur machte.
„Du wirst in die Geschichte unseres Volkes eingehen", sagte ihr Muum Dugesm, als sie ihn wieder einmal besuchte, „als diejenige, unter deren Leitung das erste Heliotische Bollwerk von uns gebaut und vollendet wurde. Ich bin sicher - nein, ich weiß es -, daß man innerhalb von Thoregon ebenfalls auf dich aufmerksam geworden ist."
„Du weißt es?" fragte sie überrascht. „Woher?"
Sie lachte und fragte sich, wie sie es immer wieder schaffte, ihm gegenüber so unbeschwert sein zu können. Auf der anderen Seite hatte sie es noch nicht fertiggebracht, ihm von sich und Lopt Zadheven zu erzählenvielleicht weil sie glaubte, daß er es ohnehin schon wisse.
„Gib es zu, ich ahne es schon seit langem! Du triffst dich mit Ce Rhioton oder hast andere Kontakte zur Koalition Thoregon. Daher konntest du mir die Arbeit am Bauwerk besorgen."
Er lächelte nur geheimnisvoll und wartete, bis sie das Thema wechselte. Immerhin spürte sie in seiner Aura so etwas wie eine große Vorfreude auf etwas, das wohl bald eintreten sollte. Vielleicht galt sie der Fertigstellung des Bollwerks, vielleicht dem von ihm lange schon prophezeiten Eintreffen des zweiten Boten.
Kaif glaubte schon fast nicht mehr daran.
Er kam nicht, als sich das Bollwerk der Vollendung näherte. Er kam nicht, als die beiden fertigen Hälften zusammengefügt wurden und in der Kontrollzentrale die letzte Holographie aufleuchtete.
Sie war inzwischen 148 Jahre alt geworden, Muum Dugesm hatte die Siebenhundert erreicht.
„Und jetzt?" fragte Lopt Zadheven, als sie nebeneinander auf einer Weltraumplattform standen und sich aus gebührender Entfernung die riesige Wabenkonstruktion anschauten. „Was wird nun geschehen, Kaif?"
„Meinst du ... uns?" fragte sie, ohne den Blick von dem Wunder zu nehmen, das von den Atomsonnen beschienen wurde. „Oder das Bollwerk?"
„Beides", antwortete er. „Wenn insgesamt sechs davon entstehen sollen, muß bald mit einem neuen begonnen werden. Wird man vorher dieses hier abholen? Gibt es bereits einen vorgesehenen Standort?"
„Das kann nur der zweite Bote beantworten, Lopt", sagte sie.
Sie fühlte eine regelrechte Leere in sich - nun, da alles getan war.
Er legte den Arm um sie und sagte: „Du weißt, wie wir die Zeit des Wartens am besten überbrücken können, meine Seele. Wir arbeiten für eine große Zukunft. Laß uns einen Nachkommen zeugen, sobald du empfängnisbereit bist, um unseren Glauben an diese Zukunft zu dokumentieren."
Sie blickte ihm lächelnd in die Augen und brauchte nicht lange, um ihm ihre Antwort zu geben.
EPILOG
Wenige Monate waren vergangen. Kaif Chiriatha hatte mit Lopt Zadheven ihren väterlichen Freund Muum Dugesm aufgesucht und ihm ihre Partnerschaft gebeichtet.
Zu ihrer großen Erleichterung hatte er darüber keinen Schmerz empfunden, sondern es war, wie sie vermutet hatte: Muum Dugesm hatte die Wahrheit bereits gekannt oder erahnt. Er wünschte ihnen aufrichtig Glück und ein gesundes Kind. Er habe Kaif nicht verloren, sagte er, sondern in Lopt einen neuen Freund gefunden. Und er wollte weiterhin für sie da sein, etwa wenn sie wieder in den Weltraum mußten und ihr Kind einen Erzieher brauchte.
An diesem Tag kam Kaif allein heim. Lopt hatte noch in der Stadt zu tun. Er und sie bewohnten weiterhin das Haus, das ihr in
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