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1854 - Ein Bote Thoregons

Titel: 1854 - Ein Bote Thoregons Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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als ich es über mein Handgelenk gezogen hatte, war eine mentale Stimme laut geworden: „Ich begrüße einen neuen Passagier auf der Brücke."
    Genau das sagte ich Kaif Chiriatha. Das war die Wahrheit, die sie akzeptieren maßte; tat sie das nicht, hatte ich mir zumindest nichts vorzuwerfen.
    Die Skepsis war ihr anzumerken, die dünnen Nasenflügel blähten sich. Dennoch behielt die Galornin ihre Ruhe und Würde.
    Sie schaute mir in die Augen. So intensiv, daß ich fast den Blick gesenkt hätte. Ich fühlte mich unbehaglich wie auf dem Seziertisch, aber ich hielt ihr stand, denn ich hatte nichts zu verbergen.
    „Es fällt mir schwer, das zu glauben", sagte sie nach endlos lang anmutenden Sekunden. „Kein Bote von Thoregon würde sein Passantum verlieren oder gar wegwerfen. Es ist für ihn das Wert..."
    Sie war im Begriff, zuviel zu sagen, und brach abrupt ab.
    „Du hast das Passantum gestohlen", sagte sie mir auf den Kopf zu.
    „Nein."
    „Du hast den rechtmäßigen Träger des Passantums getötet und das Armband an dich genommen."
    Ich holte tief Luft. „Ich bin kein Mörder", protestierte ich. „Ich weiß sehr genau, den Wert des Lebens zu schätzen."
    „Dann hat dein Begleiter den vierten Boten von Thoregon hinterrücks getötet."
    Das Armband hatte also einem Boten von Thoregon gehört, wer oder was auch immer hinter dem Begriff Thoregon steckte.
    „Du hast für eine solche Anschuldigung keine Beweise", erwiderte Bully.
    „Das Passantum selbst ist Beweis genug", behauptete Kaif Chiriatha. „Ihr habt den vierten Boten ermordet. Entweder einer von euch allein oder beide gemeinsam. Ich beginne zu glauben, daß der Adlat recht hat."
    „Foremon?" machte Bully verblüfft.
    Rasselnd sog die Galornin den Atem ein.
    „Jawohl, Foremon", bestätigte sie, „der Wächter der Brücke auf Galorn."
    Sie kannte den Knochenmann. Befand er sich ebenfalls auf Helter Baaken? Foremon schien so schwer abzuschütteln zu sein wie eine Klette.
    „Du schweigst", stellte Kaif Chiriatha fest. „Ist das ein Eingeständnis deiner Schuld?"
    „Was soll ich zu einer solch schwerwiegenden Anklage sagen?"
    „Die Wahrheit."
    „Das habe ich getan. Leider scheinst du nicht bereit zu sein, meine Aussage wenigstens einer Prüfung zu unterziehen."
    Schlagartig war mir klargeworden, warum Foremon Bully und mich in der Basaltebene angegriffen hatte. Und weshalb er uns bis zum Planeten Tasch-Term so hartnäckig verfolgt hatte. Für ihn waren wir die Mörder eines Boten von Thoregon, und offensichtlich hatte er sich vorgenommen, uns dafür zu töten. Deshalb die Vernichtung der TRONTTER durch eine Thermosalve, deshalb auch der bedauerliche Tod der Logos-Zwillinge. Sie hatten sich selbst entleibt, vermutlich, nachdem der Knochenmann sie verhört hatte.
    „In unserer Kultur werden Mörder nicht verurteilt, bevor man ihnen Gelegenheit gegeben hat, ihre Unschuld zu beweisen", sagte Kaif Chiriatha betont. „Bisher war das eine hypothetische Grundlage, denn wir Galornen selbst kennen keine Mörder. Ich werde eure Version überprüfen. Bis das Ergebnis feststeht, können jedoch einige Tage vergehen."
    „Wie schön", bemerkte Bully bissig. „Erhalten wir die gleiche Chance wie die vielen unschuldigen Zentrifaal auf ZZ, die durch das Shifting um ihr halbes Leben betrogen wurden? Das Shifting muß rückgängig gemacht werden! Oder ist dir nicht bekannt, daß die kriegerische Natur der Zentrifaal auf genetische Manipulationen der früheren Galornen zurückgeht?" Er stieß ein heiseres Lachen aus. „Die moralisch ach so hochstehenden Galornen züchten einem ganzen Volk die Aggressivität an, nur um es dann für die unvermeidlichen Vergehen grausam zu bestrafen."
    Kaif Chiriatha hatte die Augen geschlossen. Als sie Bully und mich wieder anschaute, glaubte ich, grenzenlose Trauer darin lesen zu können.
    „Ich erkenne an, daß ihr im Recht seid", sagte die Galornin zögernd. „Aber ich kann nicht anders handeln. Die Fehler der Vergangenheit sind geschehen, und das Shifting kann nicht rückgängig gemacht werden, es gibt keine technische Möglichkeit dazu. Daß ausgerechnet die Zentrifaal den Preis bezahlen, kann ich nicht ändern."
    „Du versuchst es gar nicht erst, nicht wahr?" sagte Bully. „Du versteckst dich hinter Phrasen, weil das einfach ist und keine Verantwortung erfordert."
    Kaif Chiriatha antwortete nicht. Aber ihre Speckwülste bebten, als sie sich umwandte und ging.
    „War das nötig, sie so zu reizen?" wollte ich von Bully

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