1857 - Die Maske fÀllt
metallene Station herum, zogen sich tiefer in das Labyrinth der ineinander verschlungenen Röhren zurück. Myles Kantor riß die organische Wandung einer Röhre auf und schuf eine große Öffnung, so daß es für ihre Verfolger aussah, als hätten sie ihre Flucht im Inneren des rätselhaften Gebildes fortgesetzt.
Plötzlich schrie der Wissenschaftler leise auf. Er machte Atlan heftig gestikulierend auf sich aufmerksam. Zugleich erkannte auch der Arkonide, was er meinte. Auf dem in den Helm eingespiegelten Display seines SERUNS sah er Dao-Lin-H’ay, die völlig regungslos in einem Geflecht schwebte, das sie wie die Adern eines Herzens umgab.
Sekunden später hatten die beiden ausgemacht, wo sie sich aufhielt. Die von den Spionaugen übermittelten Daten halfen ihnen, rasch zu ihr vorzustoßen.
Atlan war als erster bei der Kartanin. Er zog sie kräftig herum, und dann atmete er erleichtert auf, als er sah, daß ihr Helm noch korrekt verschlossen war und sie lebte. Sie blickte ihn mit geweiteten Augen an, und ihre Lippen bewegten sich, ohne daß sie einen Ton hervorbrachte.
Sie stand noch immer unter dem Einfluß eines fremden Geistes, schien sich nun aber allmählich daraus zu lösen.
„Was ist los?" fragte sie, als Atlan und der Terraner sie mit sich zogen, um ihre Flucht fortzusetzen.
„Wir werden von Physandern und Robotern verfolgt", antwortete der Arkonide kurz.
Dao-Lin löste sich von dem Arkoniden.
„Ich bin in Ordnung. Habe ich geschlafen?"
„So ungefähr."
„Ich verstehe. Geistige Beeinflussung?"
„Ja, das war’s wohl. Aber du bist auch erkältet. Wieso?"
„Ich weiß nicht. Mit meinem SERUN stimmt was nicht. Ich scheine etwas beschädigt zu haben. Die Sauerstoffversorgung ist gestört. Ich habe nur noch Luft für etwa zehn Minuten."
Sie schien geistig vollkommen frei zu sein. Konzentriert arbeitete sie mit ihrem Pikosyn, um den Fehler zu beheben: SERUNS - Semireconstituent recycling units - verfügten über leistungsfähige Systeme, die unter anderem auch die Atemluft ständig aufbereiteten, so daß die Träger des Schutzanzugs über Wochen hinweg darin agieren konnten, ohne daß von außen frische Stoffe zur Versorgung hinzugefügt werden mußten.
Doch der Vorrat an Sauerstoff ließ sich nicht unbegrenzt erneuern. Das war vor allem dann nicht der Fall, wenn verbrauchte Stoffe nicht dem Recycling-System zugeführt, sondern durch Ventile nach außen abgestoßen wurden.
Hier lag ganz eindeutig der Fehler.
Dao-Lin-H’ay hatte zuviel von ihren Vorräten ausgeschleust, so daß ihr nun zuwenig Sauerstoff zur Verfügung stand.
„Wir helfen dir mit unseren SERUNS", versprach der Arkonide, während sie durch das Gewirr der, Röhren flüchteten.
Ebenso wie Myles Kantor holte er die ausgesandten Spionaugen zurück. Lediglich einer dieser winzigen Roboter flog ihnen voraus, um ihren Fluchtweg auszukundschaften. Ein zweiter sicherte sie nach hinten ab, so daß sie nicht fürchten mußten, plötzlich von den Physandern eingeholt und überrascht zu werden.
Sie schlossen ihre SERUNS zusammen, um die Kartanin mit einem für die nächsten Stunden ausreichenden Sauerstoffvorrat zu versorgen. Zugleich schwächten sie sich dadurch aber auch selbst. Es war allen klar, daß sie bald eine Lösung des Problems finden mußten. Es galt, an einem sicheren Ort Sauerstoff aufzutreiben, der den SERUNS zugeführt werden konnte.
„Danke", sagte Dao-Lin-H’ay „Ich weiß nicht, wie mir so ein Fehler unterlaufen konnte."
Sie blickte die beiden Männer an. Diesen fiel auf, daß ihre Augen nun wieder klar waren. Sie hatte sich offensichtlich vollständig aus dem geistigen Bann der unheimlichen Macht im Zentrum der Traumblase gelöst.
„In welche Richtung bewegen wir uns?" fragte sie. „Oder wißt ihr es selbst nicht?"
„Wir haben die Orientierung keineswegs verloren", versetzte Myles Kantor. Er erriet ihre Gedanken, und es erschien ihm wichtig, sie zu beruhigen. „Wir sind auf dem Weg ins Zentrum. Zur Kardia."
Sie hatten eine Stelle erreicht, an der ein besonders dichtes Geflecht von Röhren bestand. Sie alle hatten einen Durchmesser von wenigstens sechs bis sieben Metern, so daß sie groß genug gewesen wären, auch einen subplanetaren Prallgleiter-Zug in sich aufzunehmen.
Auf ein Handzeichen von Atlan verharrten sie auf der Stelle. Er schickte mehrere Spionaugen aus, um ihre Umgebung zu erkunden, und es dauerte nicht lange, bis sie überzeugt davon waren, daß die Physander die Verfolgung aufgegeben
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