1866 - Am Ende einer Hoffnung
Entscheidungskraft, hatten ihm als einzigem Nicht-Aktivatorträger das Kommando über ein GILGAMESCH-Modul verschafft.
Während sein Hologramm auf die Größe eines Siganesen schrumpfte, flammten auf dem Hauptschirm mehrere Bildfelder auf.
Die Übertragungsqualität war nicht die beste, vermutlich als Folge einer Beeinflussung durch Funksperre oder Tangle-Scan der Tolkander. Außerdem war die Sendung als denkbar schwacher Impuls empfangen worden. Die lange Laufzeit resultierte aus der geringen Ausgangsleistung und der notwendigen Verstärkung im Bereich einzelner Hyperfunkrelais.
„Das sind veraltete Aufnahmen", platzte Gerine heraus, „aus der Zeit vor der Vernichtung Goeddas.
Irgendwer will uns bewußt mit falschen Informationen abspeisen. Von wem kommt die Sendung?"
„Die Kennung einer LFT-Korvette", dröhnte Esprots Baß. Sein Fünfzehn-Zentimeter-Holo schwebte jetzt auf Augenhöhe mit Sevia. „Die Auswertung der Schlußsequenz durch den Kontracomputer ergibt zweifelsfrei die Vernichtung der Korvette im Tangle-Scan."
Beinahe fünf Minuten optische Wiedergabe. Was die Aufnahme zeigte, unterschied sich in nichts von den Feststellungen während der letzten Tage und Wochen. Die Tolkander beuteten nach wie vor Welten von 47 Tucani aus.
Ein Posbi-Kommando der BOX-7443 hatte herausgefunden, daß zumindest die Oberfläche von Tolk-17 aus einem/ Gemenge von Sand, abgestorbenen einzelligen Mikrolebewesen und anderen organischen Stoffen bestand. Und genau dieses Material hatten die Tolkander abgebaut, in ihren Fabrikationsanlagen alle anorganischen Bestandteile desintegriert und die übrigbleibende Masse durch Bestrahlung und die Zugabe von Flüssigkeit verändert. Letztlich war die breiige Masse zu Blöcken gepreßt und auf die riesigen Gliederschiffe verladen worden, die wiederum die Nahrungsbarren in Goeddas Brutraum transportiert hatten.
Aber Goedda existierte nicht mehr. Und die Brutblase im Hyperraum war ebenfalls vernichtet.
Welchen Sinn machte es also für die Tolkander, wenn sie immer noch Nahrung produzierten?
„Sie tun, als wäre nichts geschehen", stellte Myles Kantor verblüfft fest. „Aber ich kann nicht glauben, daß sie Goeddas Tod nicht mitbekommen haben. Das wäre vielleicht noch Stunden nach der Vernichtung des Brutkosmos denkbar gewesen, aber nicht nach Tagen."
„Ihr Verhalten ist seltsam", pflichtete Gerine bei.
„Sehr seltsam", sagte Dao-Lin-H’ay.
Kalle Esprot räusperte sich mit der Lautstärke eines Gewitters. „Ohne Goedda ist der Fortbestand aller Tolkander-Arten nicht mehr gewährleistet."
„... aber genau das wollen die Tolkander offensichtlich nicht wahrhaben", fuhr Gerine, die Kommandantenstellvertreterin auf der RICO, fort. „Sie sind kurzlebig und nicht in der Lage, sich aus eigener Kraft fortzupflanzen. Sie besitzen keine Zeugungsorgane."
„Damit unterstellst du ihnen menschliches Verhalten", wandte Homer G. Adams ein. „Gerade diese Verallgemeinerung ist höchst gefährlich."
„Ich bin anderer Meinung", widersprach Gerine. „Die Tolkander haben erkannt, daß sie keine Zukunft mehr haben, doch sie weigern sich, das zu akzeptieren."
„Sie sind bislang freudig in den Tod gegangen, warum sollten sie nun davor zurückschrecken?"
„Sie sind gestorben, um das Absolutum zu sichern und damit ihre kommende Generation. Die Bezeichnung Brutpflege trifft den Punkt exakt."
Schweigend hatte Atlan der hitziger werdenden Diskussion zugehört, doch nun machte er dem mit einer unmißverständlichen Handbewegung ein Ende. „Alle Mutmaßungen sind pure Spekulation."
Gerines Wangenknochen traten deutlich unter der Haut hervor. Ohne den Blick von den Bildsequenzen abzuwenden, fragte sie wie beiläufig: „Kann es sein, daß wir uns irren? Vielleicht ist die Mutter der Krieger gar nicht tot."
„Obwohl die Herreach Augenzeugen wurden, wie der Gebärorganismus in den Explosionen verglühte?"
Ungewöhnlich scharf stieß Dao-Lin die Frage aus. Sie wollte gar nicht erst in Erwägung ziehen, daß der Opfergang der Vandemars und der Tod vieler Herreach vergeblich gewesen sein könnten. „Goedda ist tot - daran besteht nicht der geringste Zweifel."
„Dann lebt sie auf irgendeine geheimnisvolle Weise weiter. Vielleicht vergeistigt", beharrte Gerine.
„Nein, nein, nein!" rief Atlan unwillig aus. „Mein Extrasinn sträubt sich gegen solche unlogischen Erklärungen. Und es kann auch nicht so sein, daß die Tolkander gar eine neue Große Mutter züchten. Nach allem, was ich aus
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