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1873 - Zerstörte Zellen

Titel: 1873 - Zerstörte Zellen
Autoren: Unbekannt
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sich unauslöschlich in mein Gedächtnis eingebrannt. Ein aufgeblähter Körper, von feinen Stichen durchsetzt.
    Die Holographie zeigt eine Kette ins Riesenhafte vergrößerter Zellen. Ich kann den Zellkern ebensogut erkennen wie die Membran, auch die Mitochondrien und einzelne Lipidtropfen.
    Aber irgend etwas ist anders. Das spüre ich, ohne jedoch sagen zu können, was meinen Verdacht geweckt hat.
    Die Darstellung im Hologramm rotiert. Endlich glaube ich zu erkennen, wovon K-Oxxan redet.
    Jede einzelne Zelle ist durchlöchert. Als wäre die Zerstörung vom Zellkern ausgegangen. Feine Kanäle führen durch die Dictyosome ebenso hindurch wie durch den Rest der Zelle.
    „G-Dreisden wurde nicht durch äußere Gewalteinwirkung getötet", sagt einer der Biologen hinter mir.
    „Eher ist er an den Folgen einer uns unbekannten Krankheit gestorben."
    Die Wiedergabe wird erneut vergrößert.
    Ich sehe, daß Reginald Bull überrascht die Augen aufreißt und daß gleich darauf sein Unterkiefer aufklappt. Mir ergeht es kaum anders.
    Lediglich zwei Körperzellen werden noch abgebildet. Quasi ins Riesenhafte vergrößert. Die Zentrifaal haben sie eingefärbt, und genau diese Färbung läßt die Perforation deutlich erkennen.
    Ich sage Perforation, aber ich meine Wunden.
    Verdammt kleine Wunden, jede für sich ein Stichkanal, der die Zellwandung ausgebeult hat.
    Ausgebeult. Das ist der richtige Ausdruck.
    Ausgebeult, zerstört und zerfetzt.
    Die Wirkung ging von innen nach außen. In der momentanen Vergrößerung ist deutlich, daß beide Zellen jeweils von Dutzenden von Stichen durchlöchert sind. Hochgerechnet muß die gesamte Gewebeprobe, die ich dem toten Zentrifaal abnahm, mehrere zehntausend mikroskopisch kleine Wunden aufweisen.
    „Gibt es eine plausible Erklärung dafür?" höre ich mich fragen. Ich bin wie benommen und weiß nicht, ob die Aggressiv-Quoten daran schuld sind oder ob ich nur ein wenig übersensibel reagiere.
    „Wir können lediglich Vermutungen anstellen", antwortet einer der Wissenschaftler. „Demnach wurden die sofort tödlichen Wunden von einer Substanz ausgelöst, die in den Zellen selbst eingeschlossen war."
    „Welche Substanz?"
    „Wir wissen es noch nicht."
    Ich muß an eine Insektenpuppe denken. Sobald sie ihren Kokon durchbricht, um sich zu einem farbenprächtigen Schmetterling zu entfalten, geht der Kokon zu Bruch; er wird ohnehin nicht mehr gebraucht und hat seine Schuldigkeit getan.
    Wieso denke ich ausgerechnet an einen Schmetterling? Allein auf den Welten der Milchstraße gibt es Tausende unterschiedlicher Beispiele für Verpuppung und Metamorphose, und Bully als ehemaliger Chef der Explorerflotte könnte bestimmt noch weit mehr Beispiele aufzählen als ich. ‘ „Der Leichnam war aufgeschäumt", erinnere ich die Zentrifaal-Biologen. „Wie unter dem Einfluß eines Gärungsprozesses."
    „Möglicherweise hat es sich dabei um einen explosiv ablaufenden Vorgang gehandelt", sagt K-Oxxan.
    Ich kann nicht verhindern, daß mich bei seinen Worten ein Schauder überfällt. Ich habe leider schon viele Wesen sterben sehen, egal ob Menschen oder völlig fremdartig anmutende Intelligenzen, aber ein explosiver Vorgang, der jede einzelne Körperzelle schädigt ... Im Vergleich dazu sind die Zentrumspest ebenso wie die Lashat-Pocken human. Ich hoffe nur, daß der Zentrifaal nicht leiden mußte, wahrscheinlich blieb ihm nicht einmal mehr die Zeit zu begreifen, was mit ihm geschah. Ich nehme an, daß auch sein Gehirn dem „Aufschäumen" unterlag.
    „Wieso?" frage ich. „Was war die Ursache?"
    Einer der Biologen zeigt es mir. Er verdeutlicht anhand der maximalen Vergrößerung, daß die Lage des Zellkerns ungewöhnlich ist. Ebenso wurde das Endoplasmatische Reticulum verschoben und teilweise geschädigt, in dessen Membran die Fertigstellung polarer Lipide ebenso erfolgt wie die Bildung von Proteinen.
    Vom Reticulum werden Bläschen abgeschnürt, die zu den Dictyosomen wandern, bei denen Proteine unter anderem zum Abtransport aus der Zelle vorbereitet werden.
    Ich bin kein promovierter Gentechniker, der Zentrifaal wirft mit Erklärungen um sich, die schwer verdaulich sind. Immerhin verstehe ich auf Anhieb genug, um zu erkennen, daß der Zellaufbau zwischen Menschen und Zentrifaal gar nicht so verschieden sein kann. Offensichtlich wurde in den Zellen des Toten etwas gespeichert, das die vorhandenen Organellen zum Teil verdrängt hat. Vielleicht ist dieses „Etwas" sogar gewachsen und hat sich an seinem
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