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1891 - Das Mädchen Siebenton

Titel: 1891 - Das Mädchen Siebenton Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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gehört. Starr den Kerl nicht so an! Du weißt, das ist Sünde."
    „Laß sie!" kam es von Greine. „Es gibt solche und solche Sünden. Solche, die verziehen werden, und solche, wie du sie begehst, wenn keiner hinguckt."
    „Ich?" fuhr Oriwad auf. „Das wirst du erklären müssen, und zwar schnell und gut. Sonst ..."
    „Hört auf zu streiten!" bat Siebenton und legte beiden eine Hand auf den Arm, Dabei nahm sie den Blick nicht von dem Fremden.
    Er war schlank und groß, einen Kopf höher als Klast. Von ihr, Siebenton, hatte man schon oft behauptet, daß ihre Augen etwas ganz Besonderes seien; daß sie ein geheimnisvolles Feuer ausstrahlten.
    Vielleicht stimmte das, aber dann waren die Augen des Fremden nicht viel weniger faszinierend.
    „Ihr habt gut gearbeitet, und das soll belohnt werden", fuhr Klast fort.
    Die Frauen horchten auf, einige noch vom Dozzkraut benebelt. Ihnen war klar, daß er nicht vom normalen Lohn redete, dem Essen und Trinken, der sicheren Unterkunft, dem sorgenfreien Leben, das der Shaogen-Kult jedem seiner Anhänger garantierte.
    Und sie behielten recht.
    „In Großt, unserer nächsten Stadt, wird in zehn Tagen die Ankunft des Seelenhirten von Phasenberg erwartet. Er befindet sich auf einer Rundreise quer durch Shaogen-Himmelreich und wird sich mit dem Seelenhirten von Wolkenort treffen, um die tiefen Fragen unserer Religion zu diskutieren. Vorher aber wird er auf einem riesigen Gelände vor den Mauern von Großt eine Andacht zelebrieren, zu der Mönche aus allen Teilen des Kontinents anreisen werden. Ich habe die Erlaubnis", und dabei blickte er seinen Begleiter an, „die Hälfte von euch ebenfalls nach Großt zu bringen."
    Jetzt kannte der Jubel keine Grenzen. Erst auf ein Handzeichen Klasts flaute er wieder ab.
    „Ich werde nun diejenigen auswählen, die nach Großt fliegen werden", verkündete der Verwalter feierlich. „Ich kenne euch alle, und die Würdigsten unter euch werden uns zum Seelenhirten begleiten."
    Für Siebenton stand es von vorneherein fest, daß sie zu den Auserwählten gehören würde. Klast hatte ihr oft genug gesagt, wieviel er von ihr hielt. Sicher würde sie unter den fünfzig sein.
    Doch der Verwalter ging an ihr, Oriwad und Greine vorbei, ohne sie auch nur anzusehen.
    Das kann doch nicht sein! durchfuhr es die junge Frau.
    Er zeigte auf diese Frau und auf jene, die sich erhoben zum Zeichen der Dankbarkeit und daß sie verstanden hatten. Als sich der Verwalter alle Namen notiert hatte und sich zum Gehen wandte, stand Siebenton auf und fragte mit bebender Stimme: „Und was ist mit mir, Klast? Hast du mich nur übersehen, oder bin ich nicht würdig?"
    „Nichts von beidem", erwiderte er, wobei er ihren Blick mied. „Ich habe meine Wahl getroffen.
    Niemand von euch hat ein Recht, sie anzuzweifeln."
    Damit verschwanden er und sein junger Begleiter, der die ganze Zeitüber lein einziges Wort gesprochen hatte. Er sah Siebenton aber wenigstens noch einmal an, und sie glaubte, in diesem Blick versinken zu müssen.
    Die Zurückweisung kam ihr nicht mehr ganz so hart vor, aber sie war zweifellos ungerecht. Siebenton hätte alles dafür gegeben, aus der Monotonie ihres Alltags auszubrechen und den Seelenhirten zu sehen und zu hören.
    Doch so blieb ihr nichts anderes übrig, als sich in ihr Schicksal zu ergeben und es als Buße aufzufassen.
    „Mach dir nichts draus", versuchte sie Greine zu trösten. „Uns hat er ja auch nicht beachtet."
    Euch! dachte Siebenton, nur um sich sofort wieder der Sünde der Arroganz zu bezichtigen.
     
    *
     
    Neun Tage waren vergangen, seitdem Klast den schweigsamen Fremden mit den Farben der Priester mitgebracht hatte. Die Frauen hatten die Felder bestellt, und die ersten Tage hatte es, wie von Siebenton vorausgesagt, nicht geregnet. Dann aber, kaum daß sie die letzten Stecklinge gesetzt hatten und in ihr Großhaus zurückgekehrt waren, hatte es sich dunkel bewölkt, und der Himmel hatte seine Schleusen geöffnet.
    Vier Tage lang hatte es ununterbrochen geregnet. Nun waren die Felder naß, und die Towambur-Pflanzen konnten ohne künstliche Bewässerung anwachsen und schießen. Die rote Sonne schien wieder und gab der Natur des Planeten ihren lebenspendenden Segen.
    Es war schon dunkel, als sich Siebenton allein am Rand des Platzes hinsetzte und ihre Pfeife nahm. Sie hatte das Großhaus verlassen, wollte nicht gestört sein, konnte die schlichten Unterhaltungen, in die Oriwad u%d Greine sie zu verstricken suchten, nicht mehr ertragen.

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