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19 - Am Jenseits

19 - Am Jenseits

Titel: 19 - Am Jenseits Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Recht, dich länger festzuhalten, und ich bitte dich um dein gütiges Einverständnis, daß ich dich befreie!“
    „Allah, Allah!“
    Ein weiteres Wort als diesen Ausruf fand er nicht. Halef bückte sich nieder und band die Fesseln los. Da sprang der alte Sünder freilich augenblicklich auf und rief in frohestem Tone:
    „Also frei, frei! Wirklich frei!“
    „Ja. Du siehst und fühlst es doch!“
    „Und keine Strafe?“
    „Nein, denn Unschuldige bestrafen wir nicht.“
    „Und mein Sohn?“
    „Wird auch frei.“
    „Wann?“
    „Sofort.“
    „Und meine anderen Gefährten?“
    „Ebenso! Wenn du mir eine Liebe erweisen willst, so befreie sie selbst von ihren Banden! Du wirst dir dadurch ihre Dankbarkeit erwerben.“
    Das ließ sich der Ghani freilich nicht zweimal sagen. Er kniete sofort nieder und machte sich mit vor freudiger Aufregung zitternden Händen an die ihm so willkommene Arbeit. Als sie beendet war und seine Leute den freien Gebrauch ihrer Glieder wieder erhalten hatten, holte er tief Atem und fragte:
    „Dürfen wir aber auch fort?“
    „Jawohl“, nickte Halef.
    „Wann?“
    „So bald wie möglich, am liebsten gleich jetzt.“
    „Mit allem, was uns gehört?“
    „Ja. Wir sind keine Räuber.“
    „Und wie steht es mit dem Kanz el A'da?“
    Da bekam das Gesicht Halefs plötzlich einen ganz andern Ausdruck. Er riß die Peitsche aus dem Gürtel und antwortete in drohendem Tone:
    „Mensch! Kerl! Halunke! Sag dieses Wort nur noch ein einziges Mal, so zerhaue ich dir das Gesicht, daß die Fetzen bis nach Mekka fliegen! Eine solche Frechheit ist noch nie auf Erden vorgekommen!“
    „Verzeih, verzeih! Ich glaubte, ich müsse doch wenigstens eine Erwähnung davon tun.“
    „Und ich glaube, oder ich bin vielmehr davon überzeugt, daß unsere Nachsicht nur bis hierher, aber keinen Schritt weiter geht. Schlägst du dir den Kanz el A'da nicht vollständig aus dem Kopf, so wird er dir trotz aller unserer Barmherzigkeit doch noch zum Verderben!“
    „Ich verzichte, ich verzichte! Wir dürfen uns also unsere Waffen nehmen?“
    „Ja. Aber unsere Gewehre werden auf euch gerichtet sein, bis ihr aus unsern Augen verschwindet. Und schlagt euch ja auch alle weiteren Pläne gegen uns aus den Köpfen! Von diesem Augenblick an bringt euch die kleinste Bewegung eines Fingers, die ihr gegen uns wagt, den Tod. Weiter habe ich euch nichts zu sagen.“
    Wir hatten den Kanz el A'da natürlich schon längst an uns genommen und uns auch überzeugt, daß nichts davon fehlte. Die Mekkaner nahmen den Blinden auf und gingen mit ihm zu ihren Kameraden. Er war geistesabwesend und ließ sich führen, ohne zu wissen, was geschah. Sie beeilten sich außerordentlich, in die Sättel zu kommen, denn sie mochten dem Landfrieden doch nicht recht trauen. Ihrem Anführer aber fiel, ehe er aufstieg, noch etwas ein. Er kam eilfertig zu Halef gelaufen und richtete an ihn die Frage:
    „Wie steht es aber nun mit dem Scheik der Beni Khalid?“
    „Warum fragst du?“ antwortete der Hadschi.
    „Weil ich wissen möchte, was ihr über ihn beschlossen habt.“
    „Geht dich das etwas an?“
    „Sehr viel sogar! Er hat den Tod verdient. Was er gegen euch unternommen hat, das wißt ihr ja ebenso genau wie ich. Schon das muß ihn um das Leben bringen! Aber außerdem wollte er auch uns hier ermorden, um sich in den Besitz des Schatzes zu setzen. Ich brauche das nicht zu beweisen, denn der Effendi aus Wadi Draha hat alles mit angehört. Darum muß ich unbedingt von euch verlangen, daß er ohne Gnade erschossen wird!“
    „Ah! Also unbedingt?“
    „Ja!“
    „Und ohne Gnade?“
    „Ja!“
    „Du bist also nicht bereit, dich zur Milde, zur Nachsicht bewegen zu lassen?“
    „Nein, auf keinen Fall! Er ist der größte Halunke, den es gibt. Er hat uns, seine Freunde, betrügen und umbringen wollen. Ihr habt ihn zu erschießen!“
    „So? Wir?“
    „Ja!“
    Da brauste der Hadschi zornig auf:
    „So wagst du also, uns zuzumuten, die Henker zu sein, welche deine Befehle auszuführen haben? Kerl, nicht er ist es, sondern du, du selbst bist der größte Halunke, den es gibt! Ja, du bist noch mehr als das, nämlich eine Bestie in menschlicher Gestalt! Wir haben dich mit Gnade und Erbarmen förmlich überschüttet; ein anderer hätte dafür Allah und uns auf seinen Knien gedankt und in seinem Herzen den Schwur getan, von nun an ein besserer Mensch zu werden. Du aber hast als Antwort auf all diese große Liebe nur den Haß und forderst das Blut dessen, der

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