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19 - Am Jenseits

19 - Am Jenseits

Titel: 19 - Am Jenseits Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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begegnende Beduine dich doppelt haßt. Ich bin überzeugt, daß jede Nomadenschar, welche nicht weniger Männer zählt als ihr und darum sich an euch wagen darf, sofort über euch herfallen wird. Hast du das bedacht, als du den jetzigen Ritt begannst?“
    „Ja, aber doch so, wie du meinst, eigentlich nicht. Ich glaubte, die Diebe sehr bald zu erreichen.“
    „Bei einem Vorsprung von vier Tagen, den sie hatten?“
    „Den glaubte ich schnell verringern zu können, denn wir haben die besten Kamele, welche zu haben waren. Sieh mein Hedschihn an, welches Maschurah (Der Berühmte) heißt! Dieser Name sagt zwar viel, aber doch noch nicht genug. Es stammt aus der berühmten Züchterei von Tscharbagh, deren Leiter der Bruder meines Vaters ist; er hat es mir geschenkt; verkäuflich wäre es nie. Du bist ein Kenner. Was sagst du dazu? Es ist doppelt so schnell als eine Bischarinstute und hat die ausdauernde Lunge des Adlers. Sein Ahne stammt aus der afrikanischen Bajudawüste, und sein Großvater war der blaugraue Kamelhengst, welchen Mozaffar ed Din, der Emir von Bokhara, in der Schlacht bei Irdschar am Syrdarja ritt. Die beispiellose Schnelligkeit, mit welcher dieser Hengst seinen Herrn bei der Verfolgung rettete, ist dann von Ben Scha'at, dem Dichter, mit Begeisterung besungen worden.“
    „Ich habe noch nie so ein Hedschihn gesehen und es schon im stillen bewundert. Allah bewahre es! Aber was nützt dir die Vortrefflichkeit der Stute, wenn die Hudschuhn der Soldaten nicht ebenso schnell sind? Wenn du berechnet hättest, welche Zeit selbst bei der größten Eile und Ausdauer dazu gehört, einen Vorsprung von vier Tagen auszugleichen, so wäre das Ergebnis gewesen, daß die Verfolgten Mekka doch noch eher erreicht hätten als du. Glücklicherweise aber ist ihnen das Wasser ausgegangen; sie blieben, halb verschmachtet, mehrere Tage liegen und wären zu Grunde gegangen, wenn wir sie nicht angetroffen hätten.“
    „Yah 'Ali! Ihr habt sie nicht bloß gesehen, sondern sogar mit ihnen gesprochen?“
    „Noch mehr als das: Wir haben eine Nacht bei ihnen gelagert.“
    „Sogar gelagert? Effendi, das mußt du mir erzählen, gleich, sofort!“
    „Erst noch eine Frage! Wer ist dieser Abgesandte des Großscherifs eigentlich?“
    „Hat er es dir nicht gesagt?“
    „Ich will es aus deinem Munde hören.“
    „Er soll reich, sehr reich sein und wird darum El Ghani genannt. Auch ist er als Scheich el Harah der Gebieter eines Stadtteiles von Mekka. Er gehört der berühmten Familie Qatadah an, ist ein Nachkomme Mohammed Abu Numehjj's und heißt Abadilah el Waraka, hört aber diesen Beinamen El Waraka (Der Zettel) nicht gern.“
    „Warum nicht?“
    „Weil ihm der Name leicht einmal gefährlich werden kann.“
    „Ah! Also darum schwieg er davon! Er nannte sich nur El Ghani.“
    „Und den eigentlichen Namen verschwieg er?“
    „Ja. Worin liegt die Gefährlichkeit des Beinamens El Waraka?“
    „Um das zu verstehen, müßtest du das Leben des jetzigen Großscherifs und seinen langen, erbitterten Streit mit Othman Pascha, dem Abgesandten des Sultans, kennen.“
    „Ich kenne beides. Der Pascha sollte und wollte Ordnung in die Verwaltung bringen, den Krankheiten, besonders der Pest und der Cholera steuern und vor allen Dingen Sicherheit der Karawanenwege schaffen. Der Großscherif glaubte sich dadurch in seinen Rechten verletzt und weigerte sich, den Pascha anzuerkennen. Es begann zwischen beiden ein erbitterter Kampf, der von Seiten des Großscherifs mit allen möglichen, selbst den verwerflichsten Mitteln geführt wurde. So war zum Beispiel einmal an der Moschee zu lesen, daß der Pascha von Allah verflucht sei, und daß jeder, der ihn durch Mord aus der Welt schaffe, ohne Abrechnung, also ohne daß ihm seine Sünden angerechnet würden, Eintritt in die Seligkeit des Paradieses finden werde.“
    „Das, das ist es, was ich meine“, fiel der Perser schnell ein. „Diesen Zettel soll El Ghani im Auftrag des Scherifs geschrieben und angeklebt haben; alle Welt weiß das und sagt das und nennt ihn darum Abadilah el Waraka, den Abadilah mit dem Zettel. Er will das nicht dulden, denn wenn ein Beamter des Sultans auf den Gedanken kommt, den Ursprung dieses Namens zu verfolgen, so kann es dem Träger desselben die Freiheit, das Vermögen und auch noch mehr kosten. Und nun bitte ich dich, mir zu erzählen, wie sich euer Zusammentreffen mit ihm zugetragen hat!“
    Bei dieser Aufforderung lenkte Halef durch ein sehr demonstratives Hüsteln

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