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19 - Am Jenseits

19 - Am Jenseits

Titel: 19 - Am Jenseits Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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war also nicht zu erkennen.
    „Du hältst also einen Irrtum für nicht möglich?“ fragte der Perser.
    „Warum nicht möglich? Keine menschliche Meinung ist untrüglich; aber ich denke, daß ich mich in diesem Falle nicht irre. Laß mich fragen: Es handelt sich um sechs Personen?“
    „Ja.“
    „Darunter war ein Greis von sonderbarem Benehmen?“
    „Ja. Er war von Djinns besessen. Von ihm glaube ich, daß er von dem Diebstahl gar nichts weiß.“
    „Sodann ein älterer Mann mit graugemischtem Haare, dessen Sohn bei ihm war?“
    „Ja.“
    „Und drei Männer im mittleren Lebensalter?“
    „Auch das stimmt.“
    Ich beschrieb die Anzüge, was auch alles zutraf.
    „Sagten diese Leute, daß sie aus Mekka seien?“ fragte ich weiter.
    „Ja. Der Vater des Sohnes kam sogar als Abgesandter des Großscherif zu uns.“
    „Ist es nicht eine sehr kühne Idee, den Gesandten des Beherrschers der heiligsten Orte des Islam des Diebstahles zu beschuldigen?“
    „Ja, man kann es kaum fassen! Nur darum hat es volle vier Tage gedauert, ehe wir den Beweisen glaubten; dann aber hatten sie sich auch so gehäuft und waren so unwiderstehlich geworden, daß wir nicht mehr zweifeln konnten, was wir bis dahin trotz der Sicherheit aller Zeichen doch noch getan hatten.“
    „Ist es nicht möglich, daß ihr euch doch noch im Irrtum befindet? Ich spreche diese Frage nämlich auch meinetwegen aus, denn ich gestehe dir, daß die Beschuldigten auch für mich sehr wichtige Personen sind und vielleicht noch wichtiger werden als jetzt. Ich habe also meine Gründe zu dieser Erkundigung.“
    „Effendi, ich weiß, daß Kara Ben Nemsi niemals etwas tut oder etwas spricht, ohne von guten Ursachen dazu veranlaßt zu werden. Ich ahne, daß euer Zusammentreffen mit diesen Leuten kein gewöhnliches gewesen ist, und versichere dir, daß ihr da wirklich mit Schurken in Berührung gekommen seid, welche unsere Heiligtümer beraubt haben. Um dir die Überzeugung zu geben, welche ich besitze, müßte ich dir unsere Beweise bringen, und dazu würde die Mitteilung von Dingen und die Beschreibung von Orten nötig sein, von denen wir mit keinem Schiiten und noch viel weniger mit einem Andersgläubigen sprechen dürfen. Ich gebe dir aber mein Wort, daß ich mich nicht irre. Wahrscheinlich ist es dir möglich, mir zur Ausführung meines Vorhabens behilflich zu sein, und so versichere ich dir, daß du das getrost tun kannst, ohne befürchten zu müssen, diesen Leuten wehe zu tun, ohne daß sie es verdient haben. Ich weiß von Mirza Dschafar, daß die Erfahrungen, welche du mit den Schiiten gemacht hast, nicht geeignet sind, in dir Liebe zu uns zu erwecken; aber ich bitte dich, mich nicht in gleicher Weise zu beurteilen wie diejenigen, welche dir Abscheu und Verachtung einflößten. Du wendest deine Unterstützung hier einem Mann zu, welcher ihrer nicht unwürdig ist und auch nicht zu den Undankbaren gehört, deren du so viele kennengelernt hast!“
    Das glaubte ich ihm sehr gern. Der Eindruck, den er nicht nur auf mich, sondern auf uns alle machte, läßt sich am besten mit dem Ausdruck bezeichnen: ein Schiit, ja, ein sehr hoher Beamter der Stelle, an welcher die Schia sich ihres nichtsnutzigsten Bodensatzes zu entledigen pflegt, aber doch ein Gentleman. Ich war also sehr gern bereit, ihm die gewünschte Auskunft zu erteilen, und hatte dazu noch zwei weitere Gründe. Erstens sah ich nun ein, daß er sich nicht nur den Freund Dschafars nannte, sondern es wirklich war, und infolge dieser Freundschaft mir als Christen nichts in den Weg legen, sondern darüber schweigen werde. Und zweitens kam mir die so überraschende Entdeckung, daß der so anmaßende Ghani, der ‚Liebling des Großscherifs‘, ein verfolgter Verbrecher sei, außerordentlich gelegen. Ich bin nie rachsüchtig gewesen und war es auch hier nicht im geringsten, denn ich habe mich stets bemüht, grad in der verzeihenden Liebe derjenigen Christenpflicht gerecht zu werden, welche eine der ersten, ja wohl die allererste ist; ich habe mich sogar soweit überwunden, daß ich, und zwar sehr gern, meine Feinde, die ja jeder Mensch hat, täglich in mein Gebet einschließe, denn für sich selbst, für Verwandte undFreunde zu beten, ist keine Kunst und bringt kein Verdienst; hier aber durfte ich es ohne alle Rachsucht oder Schadenfreude als eine für uns willkommene Entdeckung hinnehmen, daß der stolze, gegen uns von Verachtung strotzende Moslem, der uns noch beim Abschied so schwer bedroht hatte, jetzt hier

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