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19 Minuten

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Titel: 19 Minuten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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den Nacken zu spritzen. Jedes Mal, wenn der Leidtragende sich umdrehte, um zu sehen, wer ihn da traktierte, studierten die beiden Übeltäter mit todernster Miene die Grafiken auf dem Bildschirm vorne im Raum.
    »So«, sagte Lewis seelenruhig, »wer weiß, was passiert, wenn ich den Preis oberhalb von Punkt A auf der Grafik ansetze?« Er nahm einem der beiden Kindsköpfe die Flasche aus der Hand. »Danke, Mr. Graves. Ich hab schon einen ganz trockenen Hals.«
    Der Student zwei Reihen weiter vorne ließ die Hand hochschnellen, und Lewis nickte ihm zu. »Für so viel Geld würde niemand das Produkt kaufen wollen«, sagte er. »Also würde die Nachfrage sinken, und das heißt, dass auch der Preis sinken muss, weil das Produkt sonst zum Ladenhüter wird.«
    »Ausgezeichnet«, sagte Lewis und warf einen Blick auf die Uhr. »Okay, Herrschaften, am Montag befassen wir uns mit dem nächsten Kapitel im Mankiw. Und seien Sie nicht überrascht, wenn ich Sie einen kleinen Überraschungstest schreiben lasse.«
    »Wenn Sie ihn ankündigen, ist es keine Überraschung mehr«, lachte eine Studentin.
    Lewis lächelte. »Hoppla.«
    Er stand neben dem Stuhl des Studenten, der die richtige Antwort gegeben hatte und jetzt versuchte, sein Notebook in den ohnehin schon viel zu vollen Rucksack zu stopfen. Es gelang ihm, er bekam aber den Reißverschluss nicht zu. Seine Haare waren zu lang, und auf seinem T-Shirt prangte das Konterfei von Einstein. »Sie haben heute gut mitgearbeitet.«
    »Danke.« Der junge Mann trat von einem Bein aufs andere. Lewis merkte ihm an, dass er nicht so recht wusste, was er sagen sollte. Schließlich streckte er die Hand aus. »Hi. Mein Name ist Granford. Peter Granford.«
    Lewis stand einfach da, sah dem jungen Mann ins Gesicht.
    Der Student sah ihn erwartungsvoll an.
    Lewis betrachtete diesen Namensvetter seines Sohnes, der mit hängenden Schultern vor ihm stand, als hätte er kein Anrecht auf so viel Platz in dieser Welt. Er spürte jenen vertrauten Schmerz, der ihn stets wie ein Hammerschlag aufs Brustbein traf, wenn er an Peter dachte, an ein Leben, das im Gefängnis vergehen würde. Er wünschte, er hätte sich mehr Zeit genommen, um Peter anzuschauen, als Peter noch direkt vor ihm stand, denn von nun an musste er sich mit unvollkommenen Erinnerungen begnügen oder - noch schlimmer - seinen Sohn in den Gesichtern von Fremden suchen.
    Lewis holte tief aus seinem Innern jenes Lächeln hervor, das er sich für solche Augenblicke wie diesen aufsparte, in dem es absolut nichts gab, worüber man sich freuen konnte. »Wissen Sie«, sagte er. »Sie erinnern mich an jemanden, den ich mal kannte.«
    Lacy brauchte drei Wochen, bis sie den Mut aufbrachte, Peters Zimmer zu betreten. Jetzt, da das Urteil gefällt war und sie wuss-ten, dass Peter nie wieder nach Hause kommen würde, bestand kein Grund mehr, es so zu bewahren wie in den letzten fünf Monaten: als ein Schrein des Optimismus.
    Sie setzte sich auf Peters Bett und hob sein Kissen ans Gesicht. Es roch noch immer nach ihm, und sie fragte sich, wie lange es wohl dauern würde, bis sich auch das verlor. Sie betrachtete die vereinzelten Bücher in den Regalen - die, die die Polizei nicht mitgenommen hatte. Sie öffnete seine Nachttischschublade und fand ein silbriges Lesezeichen, einen Locher. Sie sah den leeren Bauch einer Fernbedienung, aus der er die Batterien genommen hatte. Eine Lupe. Ein altes Pokemonkartenspiel.
    Lacy zog den Karton heran, den sie aus dem Keller geholt hatte, und legte behutsam alles hinein. Sie faltete seine Tagesdecke zusammen, zog dann das Bett ab. Ihr fiel etwas ein, das Lewis ihr einmal beim Abendessen erzählt hatte: dass es 1oooo Dollar kostete, ein Haus mit der Abrissbirne dem Erdboden gleichzumachen. Unglaublich, wie wenig man brauchte, um etwas zu zerstören, und wie viel, um etwas aufzubauen. In weniger als einer Stunde würde dieser Raum aussehen, als hätte Peter ihn niemals bewohnt.
    Als sie alles ordentlich verstaut hatte, setzte Lacy sich erneut auf das Bett und betrachtete die kahlen Wände mit den helleren Stellen, wo die Poster gehangen hatten. Sie berührte den wulstigen Rand von Peters Matratze und fragte sich, wie lange sie sie wohl noch als Peters Matratze sehen würde.
    Liebe sollte angeblich Berge versetzen können und die Welt zusammenhalten. All you need is love. Aber im Kleinen funktionierte das nicht. Liebe hatte keines der Kinder retten können. Und nicht diejenigen, die an jenem Morgen in die Schule gegangen

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