19 Minuten
nicht gewohnt, Fragen zu stellen. Er machte Ansagen.
»Aber nur wenn du richtig gut bist.«
Matt grinste und zog Josie an sich. »Bin ich denn nicht immer richtig gut?«, sagte er, aber er sprach nicht mehr vom Eishockey, und sie spürte, wie sie rot anlief.
Plötzlich prasselte ein Hagelschauer auf Josies Rücken. Als sie und Matt sich aufsetzten, sahen sie Brady Pryce aus der Foot-ballmannschaft Hand in Hand mit Haley Weaver, die auf dem letzten Oberstufenball zur Schönheitskönigin gekürt worden war. Haley warf einen zweiten Pennyhagel - so wünschte man auf der Sterling High einem Sportler Glück. »Zeig's ihnen, Royston«, rief Brady.
Ihr Mathelehrer kam über den Parkplatz, in der einen Hand eine abgegriffene schwarze Lederaktentasche, in der anderen einen Becher Kaffee. »He, Mr. McCabe«, rief Matt. »Wie hab ich in der Klausur abgeschnitten?«
»Zum Glück haben Sie noch andere Talente, Mr. Royston«, sagte der Lehrer und griff in die Hosentasche. Er zwinkerte Josie zu, als er die Münzen warf, Pennys, die ihr vom Himmel auf die Schultern fielen. Wie verlorene Sterne.
Na toll, dachte Alex, während sie weiter in ihrer Handtasche wühlte. Sie hatte ihre Keycard vergessen, und jetzt kam sie nicht durch den Personaleingang ins Gerichtsgebäude.
»Verdammter Mist«, knurrte sie, während sie auf dem Weg zum Vordereingang den Pfützen auswich. Auf keinen Fall wollte sie sich ihre Krokodillederpumps ruinieren.
Vorne am Eingang hatte sich eine Schlange von zwanzig Leuten gebildet, doch die Sicherheitsbeamten erkannten Alex und winkten sie nach vorn. Als sie allerdings die Metalldetektorschleuse passierte, lösten ihr Schlüsselbund und die Thermos-kanne aus Edelstahl den Alarm aus, sodass alle in der Lobby sich umdrehten. Mit gesenktem Kopf eilte Alex über den glänzenden Fliesenboden, während ein untersetzter Mann anzüglich grinste. »He, Baby, deine Schuhe gefallen mir.«
Alex hastete weiter. Von ihren Kollegen und Kolleginnen hatte sonst niemand dergleichen zu fürchten. Richter Wagner war ein netter Kerl, aber er hatte ein Gesicht, das aussah wie ein Kürbis nach Halloween. Richterin Gerhardt trug Blusen, die älter als
Alex waren. Als Alex anfing, hatte sie gedacht, es könnte von Vorteil für den Job sein, wenn eine relativ junge, recht attraktive Frau auftauchte - gerade weil sie nicht dem Klischee entsprach. Aber nach Situationen wie heute Morgen bezweifelte sie das.
In ihrem Büro warf sie die Handtasche auf den Boden, zog ihre Robe an und nahm sich noch fünf Minuten Zeit, um ihren Kaffee zu trinken und die Haftanträge zu sichten. Jeder Fall hatte eine eigene Akte, aber Fälle von Wiederholungstätern waren mit einem Gummiband zusammengebunden, und manchmal schrieben die Richter sich gegenseitig auf einem Post-it-Zettel in der Akte Kommentare. Alex schlug eine auf und sah ein Strichmännchen mit Gittern vor dem Gesicht - ein Hinweis von Richterin Gerhardt, dass der Delinquent noch eine letzte Chance bekommen sollte, bevor er beim nächsten Mal ins Gefängnis wandern würde.
Alex drückte den Summer, um dem Gerichtsdiener zu signalisieren, dass es losgehen konnte, und wartete auf ihr Stichwort: »Bitte erheben Sie sich. Den Vorsitz hat die ehrenwerte Richterin Alex Cormier.«
Alex ging mit forschen Schritten hinter die Bank und setzte sich. Siebzig Haftanträge standen heute Morgen auf dem Programm, und der Saal war bis auf den letzten Platz gefüllt. Der erste Kandidat wurde aufgerufen und schlurfte mit gesenktem Blick nach vorn.
»Mr. O'Reilly«, sagte Alex, und als der Mann sie ansah, erkannte sie in ihm den Typen, der sich in der Eingangshalle über ihre Schuhe geäußert hatte. Ihm war jetzt sichtlich unbehaglich zumute. »Sie sind doch der Gentleman, dem ich vorhin schon begegnet bin, nicht?«
Er schluckte. »Ja, Euer Ehren.«
»Wenn Sie gewusst hätten, dass ich die Richterin bin, Mr. O'Reilly, hätten Sie dann auch gesagt, >He, Baby, deine Schuhe gefallen mir?<«
Der Mann schlug die Augen nieder. »Ich glaub schon, Euer Ehren«, sagte er schließlich. »Es sind echt tolle Schuhe.«
Der ganze Gerichtssaal wartete gebannt auf ihre Reaktion. Alex lächelte.
»Mr. O'Reilly, da bin ich völlig Ihrer Meinung.«
Lacy Houghton beugte sich über das Gesicht ihrer schluchzenden Patientin. »Sie schaffen das«, sagte sie mit fester Stimme. »Und lang wird's nicht mehr dauern.«
Nach sechzehn Stunden Wehen waren alle erschöpft - Lacy, die Patientin und der zukünftige Vater. »Bitte
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