1903 - Bebenalarm
Platz.
„Zunächst", begann Tebb ohne Umschweife, „wo ist deine zweite Rakete?"
„Wo sollte sie schon sein?"
„Das frage ich dich!"
Kobb gab sich den Anschein ehrlicher Verwunderung. Tebb konnte keine Verunsicherung bei ihr feststellen. Hatte sie sich geirrt? Und Barr ebenso?
„Liebe Tebb, ich habe euren Dispositionsplan erhalten, aber leider etwas zu spät - ich habe meine zweite Rakete bereits zur Rettung anderswo eingesetzt. Es tut mir leid, wenn ich damit deinen Ärger heraufbeschworen habe, doch wir können vielleicht noch eine rettende Lösung finden", erklärte Kobb. „Du hast im übrigen ausgezeichnete Ware gekauft, mein Kompliment."
„Besten Dank, doch das nutzt mir nichts", entfuhr es Tebb. Dann wurde sie wieder sachlich: „Wo hast du die Rakete eingesetzt?"
„Ist das ein Verhör, Tebb? Was soll das?"
„Weswegen beantwortest du nicht einfach meine Frage, Kobb?"
Kobb Taphirtel ließ sich hinter ihrem Arbeitstisch nieder. „Na schön", sagte sie ärgerlich. „Wenn ich auch nicht ganz verstehen kann, was das zur Sache tut... Immerhin bin ich eine freie Unternehmerin - aber gut, schließlich bin ich nicht ganz unschuldig an diesem Durcheinander. Die Rakete wird auf dem sechzehnten Planeten, Querundo, eingesetzt."
Tebb setzte absichtlich ein erstauntes Gesicht auf. „Bist du sicher?"
„Aber natürlich!" Kobb fiel auf sie herein, denn sie wirkte auf einmal besorgt: „Wieso, ist etwas geschehen?"
„Ja. Anscheinend ist unser Volk tatsächlich dem Untergang geweiht, Kesselbeben hin oder her, denn unsere Gene verändern sich. Sie sind mutiert und haben aus einer Setchene eine Lügnerin gemacht!"
„Ich verstehe nicht ...", stammelte' Kobb.
„... daß du völlig aus der Art geschlagen bist, Kobb!" Tebb hätte das Spiel noch einige Zeit weiterführen und Kobb in die Enge treiben können.
Doch das war nicht ihre Art. Setchenen waren aufgeschlossen und offen, Bis auf eine.
„Tebb, du weißt nicht, was du redest!" gab Kobb sich erschüttert. „Sieh mich an, sehe ich so fremd aus für dich?"
Tebb neigte den Kopf leicht zur rechten Seite. „Äußerlich nicht, Kobb, aber innerlich."
„Das glaubst du doch selbst nicht!"
„Wir werden sehen. Wo ist deine Rakete? Sag mir die Wahrheit."
„Allmählich reicht es mir! Ich habe dir die Antwort bereits gegeben!"
„Und gelogen. Die Rakete steht weder auf Querundo noch auf einem anderen Raumhafen im Quar-System."
Allmählich wurde Kobb verunsichert. „Dann ist sie eben gerade unterwegs, vielleicht noch ein Testflug ..."
Tebb zischte scharf. „Kobb, halte mich nicht für dumm!"
Kobb drehte sich in ihrem Sessel einmal um die eigene Achse. Ihre Wangen blähten sich auf, ihre steil aufgestellten Schuppen wirkten dadurch größer und bedrohlicher.
„Na gut!" stieß sie dann wütend hervor. „Ich habe einen kleinen Handel gemacht, aber er wird rechtzeitig zur Evakuierung abgeschlossen sein! Ist es so verwerflich, rechtzeitig für die Zukunft vorzusorgen? Du weißt, daß der Profit bei mir an erster Stelle kommt, und meine zweite Rakete habe ich euch ja bereits zur Verfügung gestellt!"
„Du lügst", wiederholte Tebb ihren Vorwurf. „Du hast deine Rakete versteckt, für welchen Zweck auch immer."
„Pah!" machte Kobb verächtlich. „Kannst du das beweisen?"
„Nein, und ich kann die Rakete vermutlich auch nicht rechtzeitig finden. Aber ich weiß, daß es so ist - nach allem, was ich inzwischen über dich erfahren habe!"
Tebb stand auf und warf ihrer Konkurrentin die Papiere auf den Tisch. „Erklär mir das alles!" rief sie.
*
Kobb Taphirtel nahm die Papiere mit den Brusthänden und studierte sie ausgiebig.
Ihre Wangen fielen ein, die Halsschuppen legten sich flach an, und ihre Nasenlöcher wurden feucht.
„Wie bist du ...", begann sie, doch Tebb unterbrach sie: „Und die ganze Zeit glaubte ich deinen schönen Worten, bei Gosaran, wie ein Tschurk habe ich mich hereinlegen lassen! Hast du gedacht, daß niemand je dahinterkommen würde?"
„Weshalb denn auch?" gab Kobb zurück. „Setchenen schnüffeln einander nicht hinterher!"
„Außer, wenn sie Kobb Taphirtel heißen! Du gestehst also?"
„Ich gestehe gar nichts! Wie bist du an diesen Schmutz gekommen?"
„So wie du an meine Raketen!" zischte Tebb.
Bedrohlich ragte sie über der Jüngeren auf. Kobb schielte nach dem Rufknopf ihres Visifons, aber Tebb kam ihr zuvor. Sie packte den Apparat mit dem linken Schulterarm und schmetterte ihn zu Boden.
„Laß das
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