1906 - Begegnung auf Curayo
sich in die Länge und verdrehte sich zugleich in sich selbst. Die Roboter, die nach Curayo geholt worden waren, um hier Tronium-Azint abzubauen, wurden zweidimensional, als seien sie lediglich in die Landschaft gestellte Reklametafeln.
Im Boden tat sich ein schmaler Spalt auf, der sich rasch bis zum Horizont und darüber hinaus bis in den Himmel hinein ausdehnte.
Parallele Linien gesellten sich hinzu, und die Farben verblaßten. Die Sterne wurden sichtbar, und eine unwiderstehliche Kraft schien den Ilt ins Weltall hinauszuschieben.
Er fühlte sich leicht und von jeglicher Schwerkraft befreit.
Die Zahl der Linien wurde größer und wurde zu einem Gewirr unterschiedlich dicker und aufwärts führender Leuchtstreifen, die an einigen Stellen zusammenflossen, an anderen auseinanderstrebten, sich vielfach verzweigten, um sich wiederum irgendwo zu Knotenpunkten zu bündeln. „Was ist das ?" fragte Gucky. „Die Spuren der Zeit", antwortete Norer. „Jedes Objekt - ob nun Intelligenzwesen, Staubkorn, Sonne oder Galaxie - hinterläßt eine Spur in der Zeit. Die Spur der lebenden Wesen beginnt mit der Geburt und endet mit dem Tod und dem völligen Zerfall der Leiche. Wie dick oder wie dünn eine Spur ist, hängt von der Größe des Objekts ab."
Es war immer noch eine Verständigung auf rein geistiger Basis, und doch war sie anders als zuvor. Gucky hatte das Gefühl, mit dem Zeitgänger zu sprechen und nicht nur auf telepathischer Basis mit ihm zu kommunizieren. „Dann ist die Spur einer Sonne also wesentlich dicker als meine zum Beispiel", bemerkte der Ilt, während er zusammen mit dem Zeitgänger an einem kräftig leuchtenden Streifen entlang glitt.
Er erfuhr nun, daß Norer die Zeitspuren etwa so sah wie einen aufgerollten Film aus Myriaden von Einzelbildern, die eine Dauer von jeweils einem Chronon, also zwei Billionstel Sekunden, hatten. Wie sich diese Einzelbilder bei der Projektion für ihn, den Ilt, als Bewegungsablauf darstellten, konnten die Zeitgänger„die Spur eines jeden Wesens als „Film" sehen. Voraussetzung dafür war lediglich, daß sie die Spur abfuhren.
Gucky war verwirrt und fühlte sich von der Flut der auf ihn einstürzenden Bilder und Informationen überfordert, zumal er sich noch nicht ganz aus dem Gefühl gelöst hatte, in einer Zeitfalle gefangen zu sein. Er war sich nicht klar darüber, ob es ihm tatsächlich gelungen war, daraus zu entkommen, oder ob es lediglich Geist und Sinne waren, die Norer auf seiner phantastischen Reise begleiteten, während sein. Körper noch immer auf Curayo weilte.
Der Zeitgänger vermittelte ihm, daß er beim Abfahren der Zeitspuren bei Bedarf „anhalten" konnte, und sich auf eines der Einzelbilder zu konzentrieren und sich dann in die betreffende Zeitspur „einzuklinken" und auf diese Weise in die Welt der Raumlinge einzudringen. „Allerdings gibt es dabei eine Schwierigkeit", versetzte Norer. „Wenn. wir uns erst einmal eingeklinkt haben, können wir uns räumlich nicht mehr verändern."
„Und dann?" fragte Gucky erschrokken.
Der Ilt fürchtete bereits, von einer Zeitfalle in die andere zu gleiten. „Es ist für uns kein Problem, ein Jahr oder länger in einem dieser Einzelbilder zu bleiben", erläuterte der Zeitgänger, „doch sehen wir natürlich nur das, was sich in der unmittelbaren Umgebung des Objekts befindet, dessen Spur wir abfahren."
Gucky begriff.
Wenn es ihm gelang, sich in die Zeitspur des Herrn der Zeiten einzuklinken, konnte er ihn für eine bestimmte Zeit begleiten, ihn auf Schritt und Tritt verfolgen, sich jedoch nicht von ihm lösen - es sei denn dadurch, daß er die Zeitspur verließ.
Wenn sie sich räumlich verändern wollten, mußten die Zeitgänger die Zeitspuren wechseln.
Norer erkannte Guckys Schwierigkeiten, und er half ihm mit behutsamen Hinweisen, sich an einer Zeitspur entlang zu bewegen.
Sie folgten dem armdicken Leuchtstreifen eines Asteroiden, und dazu war nicht mehr nötig als ein Gedankenbefehl und die entsprechende Konzentration.
Unter der Anleitung des Zeitgängers gelang es dem Ilt, die Zeitspur zu verlassen und auf eine andere überzuwechseln, die etwas dicker war. Doch als er versuchte, ohne die Hilfe Norers auszukommen, verlor er den Halt, driftete von der Zeitspur ab und drohte ins Nichts zu verschwinden.
Der Schreck fuhr ihm in die Glieder.
Verzweifelt versuchte er, Zur Zeitspur zurückzukommen. Es gelang ihm nicht. „Norer!"
Der Zeitgänger vernahm den Hilfeschrei und holte ihn zurück. Im selben
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