1910 - Gestrandet auf Thorrim
Dscherro seine Worte spätestens dann wahr machte, wenn sie das eingeschaltete Radar entdeckten. Er setzte sich in seinen Sessel zurück und verhielt sich still. In Wahrheit war aber jede Faser seines Körpers bis zum Reißen angespannt. In dem Augenblick, in dem die Dscherro die Sabotage erkannten, durfte er nicht mehr als zwei Sprünge bis zur Tür benötigen. Draußen auf dem Dach gab es eine Klappe mit einem Riegel. Darunter befand sich vermutlich das Treppenhaus. Wenn er es in fünf Sekunden bis dorthin schaffte, konnte es reichen.
Die Dscherro lümmelten sich in ihre Sessel und erzählten sich Heldentaten aus der Burg. Es gab keinen, der nicht mindestens hundert Angehörige fremder Völker und ein Dutzend der eigenen Leute umgebracht hatte. Rangeleien und Kämpfe waren in der Burg anscheinend an der Tagesordnung. Manchmal ging es auf Leben und Tod. Selbst Kinder und Jugendliche sparten sich dabei nicht aus.
Alaska graute. Er verstand nur zu deutlich, daß ihm die Gehörnten keine Angst mit erfundenen Geschichten einjagen wollten. Sie prahlten mit den brutalsten Taten ihres Lebens, und jeder versuchte den anderen zu übertreffen.
Der Terraner warf einen Blick zum Fenster hinaus über die Stadt. Drüben im Westen, wo die Faktordampf Barriere in den Himmel ragte und sich die Bauten der Stadt wie Scherenschnitte gegen das lichte Grau abhoben, tauchten für ein paar Augenblicke diskusförmige Schatten auf. Sie verschwanden sofort in den engen Straßenschluchten.
Space-Jets ... Alaska schätzte ihre Zahl auf ein Dutzend. Es gab keinen Zweifel. Sie hatten den Ursprung der Radarsignale geortet und pirschten sich unauffällig heran.
*
Der Statthalter hastete die Lange Straße entlang, hinter zweihundert jungen Thorrimern her. Sie standen ihm in Ausdauer in nichts nach. Dafür wirkten sie stark abgemagert. Viele von ihnen hatten wochenlang in den Kavernen gehungert. Nach ihrer Rückkehr an die Oberfläche hatten sie kaum noch Lebensmittel vorgefunden, und wenn, dann waren sie verdorben gewesen.
Die Schuld lag bei den Dscherro. Diese hatten innerhalb weniger Wochen alles in die Burg geschafft, was sie zusammenraffen konnten.
Jar Makromeer hielt nach dem Fern-Seher Ausschau, der an der Spitze des Zuges ging. Ab und zu entdeckte er seine gestikulierenden Hände über den Köpfen der Menge. Ein paar wenige Wortfetzen drangen bis nach hinten durch. Mendelfromm sprach von einer Rechnung, die sie den letzten Dscherro aufmachen wollten.
„Er ist verrückt", murmelte der Statthalter. „Die Ereignisse haben den Astronomen um den Verstand gebracht."
Nie wäre es einem Thorrimer eingefallen, sich gegen die brutale Übermacht der Dscherro oder auch anderer Wesen zur Wehr zu setzen. Rogg Mendelfromm tat es, obwohl er bei den Ereignissen um das Heliotische Bollwerk ebenfalls Angstzustände gezeigt hatte.
Jar Makromeer vermochte den Sinneswandel nicht anders als mit Wahnsinn zu erklären. Der alte Mann kurz vor dem Ende seiner Lebensspanne war nicht mehr Herr über seine Sinne.
Die Blicke des Statthalters hefteten sich an die kaum behaarten Köpfe der jungen Thorrimer die dem Fern-Seher wie einem Propheten folgten. Sie wußten nicht, was sie erwartete. Die ersten sechs Wochen hatten die meisten im Schutz der Kavernen verbracht, abgekapselt von allem, was draußen vor sich gegangen war. Gegen Ende der Belagerung, so kurz vor der Explosion des Gebildes hoch über Thorrim, hatten die Dscherro die ersten der Rückzugsräume entdeckt. Aber anstatt sie zu besetzen, waren sie auf dem schnellsten Weg in ihre Burg zurückgekehrt, gerade noch rechtzeitig, bevor die GOUSHARAN hinter der Nebelwand versank und von Thorrim verschwand.
Die Prozession erreichte eine der Hauptkreuzungen der Stadt. Von hier aus führte eine der Prachtstraßen bis zum Platz der Würden. Durch die schmalen Gassen hinter dem Platz leuchtete der Palast.
Der ehemalige Herrscher und Vorgänger von Corn Markée hatte den ursprünglichen Namen „Seligenpalast" abgeschafft. Nach den Ereignissen der letzten Wochen und der Funktion des Herrschersitzes als teils geplünderte, aber unzerstörte Trutzburg mitten in der Stadt war Makromeer sicher, daß der König ihm bald seinen alten Namen zurückgeben würde. Spätestens nach dem Verschwinden der Fremden, die sich Terraner nannten und zum Volk der Menschen aus der Galaxis Milchstraße gehörten.
Die Fremden verhielten sich freundlich und wahrten die Intimsphäre der Thorrimer. Sie trampelten nicht durch die
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